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Die Sherbrooke Braut

Titel: Die Sherbrooke Braut
Autoren: Catherine Coulter
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rund um ihr Gesicht und mindestens drei Fettwülste unter dem Kinn. Sie jammerte beständig über ihre Pflichten, über die Mühen und Plagen, vier Kinder aufzuziehen. Er wußte nicht genau, ob er sie liebte, denn sie konnte manchmal unglaublich auf die Nerven gehen. Er wußte, sein Vater hatte sie gemocht, das hatte er Douglas vor seinem Tod anvertraut.
    Hatte Sinjun recht? Hatte seine Mutter während der ganzen Eheattacken auf ihn geschwiegen, um zu vermeiden, daß ihr die Zügel über den Haushalt von einer zukünftigen Ehefrau aus der Hand gerissen wurden? Er versuchte sich Melissande vorzustellen, wie sie sich anschickte, den Haushalt in Northcliffe zu übernehmen und die Schloßschlüssel von seiner Mutter verlangte. Doch die Vorstellung wollte sich bei ihm nicht so recht einstellen. Er zuckte die Achseln; was machte es schon?
    Und was war an einem einfachen Spitznamen wie Sinjun so schrecklich?

Kapitel 3
    Claybourn Hall, Wetherby Near Harrogate, England
    »Es ist schwer zu glauben, Papa«, sagte Alexandra schließlich mit gepreßter, dünner Stimme. Sie konnte die Augen nicht von dem Blatt Papier wenden, das ihr Vater eben wieder ruhig auf den Schreibtisch legte. »Bist du sicher, daß der Earl of Northcliffe Melissande heiraten will? Douglas Sheerbrooke?«
    »Ja, darüber besteht kein Zweifel«, erklärte Lord Edouard, Duke of Beresford. »Der arme Esel.« Er strich mit seinen langen Fingern glättend über den Briefbogen, dann las er ihn seiner jüngsten Tochter noch einmal laut vor. Als er geendet hatte und zu ihr hinübersah, schien sie einen Moment lang einen verstörten Eindruck zu machen. Sie war sehr blaß, was aber wohl nur an dem grellen Sonnenlicht lag, das durch die breiten Bibliotheksfenster schien. »Deine Schwester wird sicherlich begeistert sein, besonders nachdem vor vier Monaten Oglethorpe ja nicht ihren Erwartungen entsprochen hat. Das wirkt bestimmt wie Balsam auf ihre Wunde. Ich für meinen Teil würde am liebsten Northcliffe um den Hals fallen und an seiner Schulter schluchzen. Himmeldonnerwetter, sein Geldangebot würde mich vor dem Schlimmsten bewahren, ohne die hübsche Zuwendung zu erwähnen, die er mir zugesichert hat.«
    Alexandra senkte den Blick auf ihren eingerissenen Daumennagel. »Melissande hat mir erzählt, sie hätte Douglas Sherbrooke vor drei Jahren den Laufpaß gegeben. Er hätte sie flehentlich gebeten, ihn zu erhören, doch sie hätte das Gefühl gehabt, seine Zukunft wäre ungewiß, auch wenn er der Nachfolger wäre. Aber das genügte ja nicht, denn sein Vater wäre schließlich noch am Leben; außerdem hätte er darauf bestanden, beim Militär zu bleiben und zu kämpfen; also hätte er getötet werden können, dann hätte sie gar nichts, denn sein Bruder würde nach dem Tod des Vaters der Graf werden. Sie meinte, eine arme Ehefrau oder eine schöne, aber arme Tochter zu sein, mache einen großen Unterschied.«
    Der Herzog brummte vor sich hin, eine dunkle Augenbraue gehoben. »Das hat sie dir alles gesagt, Alex?«
    Alexandra nickte und wandte sich von ihrem Vater ab. Sie schritt auf die großen, runden Erkerfenster zu, deren Vorhänge zu jeder Jahreszeit zurückgezogen waren, ganz gleich bei welcher Witterung, denn der Herzog weigerte sich, sie jemals vor die herrliche Aussicht zu ziehen. Seine Frau führte endlose Klagen darüber. Sie behauptete, daß die starke Sonne den Aubusson-Teppich ausbleichen würde. Schließlich war ja kein Geld da, ihn zu ersetzen, nicht wahr? Das erklärte er ihr doch immer wieder. Aber der Herzog ging nicht auf sie ein. »Nun ist Douglas Sherbrooke doch Earl of Northcliffe geworden, und er hat den Wunsch geäußert, herzukommen und sie zu heiraten.
    Ja, ich werde ihm die Erlaubnis dazu erteilen, und wir werden uns in Kürze über die Zuwendung einigen. Gott sei Dank ist er ein reicher Mann. Die Sherbrookes haben ihr Geld immer klug genutzt, haben niemals das Vermögen durch Verschwendung erschöpft, sind niemals Verbindungen eingegangen, die nicht ihre Truhen bereichert und ihre Bedeutung gefördert hätten. Natürlich wird ihm die Heirat mit Melissande keinen Silberling einbringen, im Gegenteil, er wird mir für sie gut zahlen müssen, sehr gut sogar. Es muß ihm wirklich etwas an ihr liegen, denn die Chancen standen an sich ausgezeichnet, daß sie einen anderen Mann nehmen würde. Ich muß aber doch zur Verteidigung deiner Schwester sagen, ihr Ehrgeiz entspricht dem Ausmaß ihres Stolzes.«
    »So wird es wohl sein. Wenn ich mich recht
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