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Die seltsame Welt des Mr. Jones

Die seltsame Welt des Mr. Jones

Titel: Die seltsame Welt des Mr. Jones
Autoren: Philip K. Dick
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versammeln. Er blieb in direktem Kontakt, bis die Straßensperren errichtet waren; dann verließ er das Telefon, um Rafferty zu suchen.
    Die vier Mutanten waren mit dem Lift zur Straße hinuntergefahren. Taumelnd, blind tastend, folgten sie Dr. Rafferty durch die Eingangshalle zu den breiten Türen, die ins Freie führten.
     Cussick stellte fest, daß keine Fußgänger oder Autos zu sehen waren; die Polizei hatte erfolgreich alles abgesperrt. An der Ecke stand der Wagen mit laufendem Motor bereit.
     »Da kommen sie«, sagte ein Arzt, der neben Cussick stehenblieb. »Hoffentlich weiß Rafferty, was er tut.« Er hob die Hand. »Die beinahe Hübsche ist Vivian, das jüngste weibliche Mitglied. Der Junge ist Garry – sehr aufgeweckt und sehr labil. Das ist Dieter, und sein Begleiter ist Louis. Es gibt noch einen achten, einen Säugling, der noch im Inkubator liegt. Sie wissen noch nichts davon.«
     Die vier winzigen Gestalten litten sichtlich. Halb bewußtlos, zwei von ihnen in Krämpfen, krochen sie mühsam die Stufen hinunter und bemühten sich, auf den Beinen zu bleiben. Sie kamen nicht weit. Garry ging als erster zu Boden; er wankte einen Augenblick auf der letzten Stufe und stürzte dann vornüber auf den Beton. Sein kleiner Körper bebte, er versuchte weiterzukriechen; blind stolperten die anderen den Gehsteig entlang, ohne die am Boden liegende Gestalt zu bemerken; sie waren zu sehr geschwächt, als daß sie überhaupt noch etwas hätten wahrnehmen können.
    »So«, keuchte Dieter, »wir sind draußen.«
     »Wir – wir haben es geschafft«, bestätigte Vivian. Sie sank erschöpft zusammen und lehnte sich an die Mauer. Einen Augenblick später lag Dieter neben ihr, mit geschlossenen Augen und schlaffem Mund, und bemühte sich erfolglos, sich wieder aufzurichten. Kurz danach brach Louis neben ihnen zusammen.
     Gekränkt und betäubt von ihrem plötzlichen Zusammenbruch, lagen die vier zusammengekauert auf dem grauen Pflaster, versuchten zu atmen, am Leben zu bleiben. Keiner unternahm noch einen Versuch, sich zu bewegen; der Zweck ihres Ausbruchs war vergessen. Keuchend, gegen die drohende Bewußtlosigkeit ankämpfend, starrten sie blind zur aufrechten Gestalt Dr. Raffertys hinauf.
    Rafferty war stehengeblieben.
     »Es hängt von euch ab«, sagte er tonlos. »Wollt ihr weitergehen?«
    Keiner antwortete; keiner hatte ihn auch nur gehört.
     »Eure Systeme ertragen die natürliche Luft nicht«, fuhr Rafferty fort. »Oder die Temperatur. Oder die Nahrung. Überhaupt nichts.« Er sah Cussick an und hatte dabei einen Ausdruck des Schmerzes im Gesicht, eine deutliche Spiegelung des Leidens, die den Sicherheitsbeamten überraschte. »Also geben wir auf«, sagte er rauh. »Rufen wir den Wagen und kehren wir um.«
     Vivian nickte schwach; ihre Lippen bewegten sich, aber kein Laut drang hervor.
     Rafferty drehte sich um und gab ein Zeichen. Der Wagen rollte sofort heran; Roboter sprangen heraus und hasteten zu den vier schlaffen Gestalten. Augenblicke später waren sie durch die Schleusen des Wagens verladen. Die Expedition war mißlungen; sie hatte ihr Ende gefunden. Cussick hatte sie gesehen. Er hatte ihren Kampf und ihre Niederlage beobachten können.
     Geraume Zeit standen er und Dr. Rafferty in der kalten Nachtluft, ohne zu sprechen, und jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Schließlich riß sich Rafferty zusammen.
    »Danke für die Räumung der Straßen«, murmelte er.
     »Ich bin froh, daß ich Zeit hatte«, erwiderte Cussick. »Es hätte schlimm werden können – ein paar von Jones’ JugendligaPatrouillen sind unterwegs.«
    »Der allgegenwärtige Jones. Wir haben wirklich keine Chance.«
     »Machen wir es so wie die vier, die wir eben gesehen haben; bemühen wir uns weiter.«
    »Aber es ist wahr.«
    »Es ist wahr«, gab Cussick zu. »So wahr wie die Tatsache, daß Ihre Mutanten hier draußen nicht atmen können. Wir haben aber trotzdem Straßensperren errichtet, die Straßen geräumt und verzweifelt gehofft, daß wir sie dieses eine Mal zurückgedrängt haben.«
    »Haben Sie Jones schon einmal gesehen?«
     »Mehrmals«, sagte Cussick. »Ich bin ihm persönlich begegnet, damals, bevor er eine Organisation hatte, bevor je von ihm gesprochen wurde.«
    »Als er Prediger war«, meine Rafferty. »Bei einer Kirche.«
     »Vorher«, sagte Cussick in Gedanken. Es schien nicht möglich zu sein, daß es eine Zeit vor Jones gegeben hatte, eine Zeit, als es noch nicht notwendig gewesen war, die
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