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Die Sekte Satans

Die Sekte Satans

Titel: Die Sekte Satans
Autoren: Stefan Wolf
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schreien
würde, dachte Tim. Dann könnte ich ihn ausmachen. Himmeldonnerwetter, es darf
doch nicht sein, dass der Junge ertrinkt!
    Dort war die nächste Bresche im
Ufergestrüpp. Tim zwängte sich durch, stand auf dem Steilufer und äugte
hinunter. Beängstigend, wie wild der Fluss sich gebärdete! In diesem Moment sah
Tim drüben auf der anderen Seite und etwa 50 Meter flussaufwärts etwas
Seltsames.
    Eine Bohnen- oder Fahnenstange
lag am Ufer, bohrte sich unten ins Wasser und überragte oben die Büsche.
Daneben stand eine Vogelscheuche. Zumindest sah es auf den ersten Blick so aus.
In Wirklichkeit war es ein Mann, in Lumpen gehüllt. Unterm Gesicht hing ihm ein
Bart wie ein Bienenkorb. Ein Landstreicher.
    Mit warnend erhobenem
Zeigefinger redete er auf den Jungen ein. Der triefte. Seine Jeans-Shorts
hatten sich mit Wasser vollgesogen und rutschten. Das weiße T-Shirt war an der
Schulter zerrissen.
    Gerettet! Der Penner hat ihn
gerettet!
    Tim warf sich herum und sauste
über die Brücke.
    Auf der anderen Seite verlief
nur ein Trampelpfad. Tim musste sein Stahlross schieben. Als er näher kam,
hörte er die Stimme des Landstreichers. Sie klang heiser und brüchig.
    „...merkst du’s dir ein für
alle Mal, ja: Bei Hochwasser nie wieder am Fluss spielen, ja! Fische fangen?
Ist ja lebensgefährlich, ja! Hast jetzt gesehen, wie schnell man da reinfällt.“
    Tim bog ein paar Zweige
beiseite und trat zu den beiden.
    „Da kommt dein großer Bruder“,
sagte der Penner.
    Der Junge blinzelte.
„Eigentlich habe ich keinen Bruder. Aber mit dem wäre ich einverstanden.“
    „Du kannst einen ganz schön in
Atem halten“, sagte Tim und nickte dem Alten zu. „Ich bin zum Wasserfall
gerast. Wollte dich dort abfangen. Aber nur dein Einbaum kam. Hast du dich bei
dem... Herrn bedankt?“

    „Schon dreimal. Er ist auch
richtig nett. Aber jetzt lässt er nur Ermahnungen raus. Das kenne ich von der
Schule.“ Er grinste. „Aber zum Glück sind ja jetzt Ferien!“
    Tim wandte sich an den Alten.
„Ich bin Peter Carsten, genannt Tim. Sie haben ihn mit der Stange
rausgeangelt?“
    Der Penner nickte. Was er
außerhalb des Bartes vom Gesicht zeigte, war sonnenverbrannt. In den tief
liegenden Augen schien sich Weltschmerz zu sammeln. Aus der Nähe wirkte er
jünger. Nur der Rauschebart machte ihn zum Großvater.
    Der Junge wrang seine Klamotten
aus. Rund um die Turnschuhe bildete sich eine Pfütze. Er hieß Florian Plinges,
war sieben Jahre alt und wohnte in Plauting.
    „Ich könnte mir vorstellen“,
sagte Tim zu dem zerlumpten Retter, „dass sich Florians Eltern erkenntlich
zeigen. Vielleicht sagen Sie mir Ihren Namen und — ehem — wo man Sie erreichen
kann.“
    Der Alte grinste. „Ich nenne
mich Robinson. Früher hieß ich wohl Heinrich Wurzel, ja? Genau weiß ich das
nicht mehr. Wo man mich erreichen kann? Vormittags sitze ich meistens im
Palast-Hotel, nachmittags bin ich beim Ministerpräsidenten, ja. Irgendwer muss
dem ja sagen, was er zu tun hat.“
    „Schon gut, Robinson.“ Auch Tim
grinste. „War nur ein Vorschlag.“ Er sah Florian an. „Wie kommst du nach
Hause?“
    Der Dreikäsehoch rieb sich das
Flusswasser aus den Augen. Offenbar brannte es auf der Bindehaut und vernebelte
den Blick.
    „Also“, rief Florian, „ich habe
überhaupt keine Ahnung, wie ich nach Hause komme. Bis hierher mitgenommen hat
mich ein Autofahrer. Bin per Anhalter... ja, ich weiß: Auch das darf ich nicht.
Und jetzt ist mir kotzübel. Habe mindestens zwölf Liter Wasser geschluckt. Es
ist deine Pflicht, Tim, mich nach Hause zu bringen. Ich passe gut auf den
Gepäckträger.“
    Der TKKG-Häuptling seufzte.
„Eigentlich wollte ich zur Stadt. Aber mit zwölf Litern im Bauch schaffst du
den Weg nicht. Das sehe ich ein.“
    Florian klatschte sich auf die
zerschrammten Schenkel. „Wenn ich das den Typen aus meiner Klasse erzähle,
dieses Abenteuer! Also irre!“
    „So, dann haut mal jetzt ab!“,
sagte Robinson. „Die Berührung mit der Zivilisation vertrage ich nicht mehr.“
    Er drückt sich aus, dachte Tim,
als hätte er mal bessere Zeiten gesehen. Sicherlich kann er lesen und
schreiben.
    „Okay, Robinson“, nickte er.
„Wir verschwinden von Ihrer Insel. Schade, dass Sie so scheu sind.“
    Der Alte schien zu grinsen
unter seinem Bartgestrüpp. Sie ließen ihn zurück. Bei der Brücke setzte sich
Florian auf den Gepäckträger. Tim sah noch mal zu der Stelle, wo die Stange am
Ufer lehnte. Aber Robinson war verschwunden.
    „Bist du
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