Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
und Schweizer Garde, Hellebardiere und Bogenschützen standen am Schlosseingang bereit, und die Festung war von den Grundmauern bis hin zum Turm von Coudray prunkvoll geschmückt und herausgeputzt.
    Die Stadt zwängte sich mit ihren spitzen Dächern und verwinkelten Gassen zwischen den Fluss und den Schlossberg. Die Gräfin war zwar an die heimatliche Landschaft von Angoulême und ihr altes Cognac gewöhnt, bewunderte aber natürlich die mit Holzschnitzereien verzierten Häuser mit ihren Fensterkreuzen, ziselierten Türen und von Türmchen flankierten steinernen Giebeln, die sie ganz bezaubernd fand.
    Louise kannte das Schloss Chinon noch nicht und war überrascht, wie mittelalterlich es wirkte und was für einen herrlichen Blick man von dort oben auf die friedlich dahinfließende Vienne hatte. Von der Festungsmauer aus hatte Louise lange die Krone aus weißem Stein betrachtet, die so majestätisch über dem Tal thronte.
    Das ursprüngliche Gebäude war auf einem Felsvorsprung errichtet und später zur Festung umgebaut worden. Zu dem neuen Haupttrakt an der Stelle der früheren Holzkonstruktion hatten sich die beiden Seitenflügel, die Donjons und die Kapelle gesellt.
    Im Laufe der Jahre waren dann noch weitere Anbauten dazugekommen.
Zwei Wachttürme, der Rundgang und eine neue Umfassungsmauer wurden gebaut.
    Während Louise auf ihrer Zelterstute über die Auffahrt ritt, ließ sie Marschall de Gié nicht aus den Augen. Er hatte François vor sich auf dem Pferd sitzen und ritt neben ihr. Vor dem Schloss waren sich ihre Blicke begegnet, und seine hatten sie wie Blitze getroffen.
    Ob sie sich vor diesem anmaßenden, überheblichen Mann voller Dünkel, die Louise nicht ertragen konnte, hüten musste? Er spielte sich jedenfalls schon als Lehrmeister auf, und die Worte, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte, hatten ihn wohl schwer getroffen.
    Während Louise jede noch so unbedeutende Geste des Marschalls beobachtete, hatte François nur Augen für die in den Fels gehauenen Wassergräben und den eindrucksvollen Haupteingang aus dem Mittelalter. Nie zuvor hatte der Junge ein Schloss mit derart mächtigen Schutzwehren gesehen. Er hatte wirklich nur Augen für die Befestigungen, die Türme, die Erker, die Schießscharten und die Hängebrücke.
    Beim Uhrenturm, angesichts eines prächtigen Aufgebots an Panieren und Standarten, hatte Marschall de Gié François auf Wunsch des Königs zu sich aufs Pferd gesetzt. Offensichtlich wollte Louis XII. den Jungen wie einen ranghohen Gast empfangen.
    Marguerite saß aufrecht wie eine kleine antike Statue auf ihrem Maultier, das einen Federbuschen trug. Sie ritt neben ihrer Mutter und warf ebenfalls immer wieder einen Blick auf ihren kleinen Bruder. François gab sich die allergrößte Mühe, sich nicht dauernd nach den Wassergräben umzusehen, die ihn so sehr faszinierten.
    Mutter und Tochter waren besorgt, weil sie bemerkt hatten, wie unaufmerksam der Kleine der Parade folgte.

    Dann sahen sie, dass de Gié mit dem Jungen sprach - es schienen keine harschen oder beleidigenden Worte zu sein. Vermutlich wies er ihn zu Recht auf seine mangelnde Aufmerksamkeit hin. Jedenfalls lenkte François sofort seinen Blick auf die Menschenmenge, die sich zu seiner Begrüßung an die Festungsmauern drängte.
    Angeführt wurde der Konvoi von Louis XII. und Königin Anne, die majestätisch in die Runde grüßten. Königliche Räte, Kammerherren, Junker und Pagen folgten ihnen über einen Teppich aus frischen Blumen, den die Pferde bald zertrampelt hatten.
    Die Hörner und Trompeten hörte man bis zur Tour Carrée, und Bauern und Handwerker scharten sich neugierig vor den kleinen Läden und den alten weißen Steinhäusern.
    Als sie den Hauptflügel passiert hatten, in dem das königliche Paar residierte, bedeutete Königin Anne, dass sie den restlichen Weg in einer Sänfte zurückzulegen wünschte. Ihre Zofen machten sich sofort geschäftig ans Werk, versuchten ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen und machten tausenderlei Vorschläge, wie sie sich angenehm und bequem betten könne.
    Wenn Anne schwanger war, legte sie stets größten Wert darauf, dies ihre Untertanen wissen zu lassen. Schon als sie noch mit Charles VIII., ihrem ersten Mann, verheiratet war, blieben ihre zahlreichen, aber fruchtlosen Schwangerschaften, die sie gezeichnet hatten, niemals unbemerkt, sobald sie etwas runder wurde. Welch unerhörtes Glück, dass sie Louise gerade an diesem wichtigen Tag zeigen konnte, dass sie schwanger
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher