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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman
Autoren: PeP eBooks
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schlecht unterrichtet, königliche Hoheit, am Hof von Cognac ist es noch nie zu einem Skandal gekommen.«
    »Wer redet denn von Skandal?«, gab die Königin zurück. »Das war nicht meine Absicht.«
    »Dann geht es also vielleicht nur um eine kleine Andeutung?«, fragte Louise scharf.
    »Nennt es wie Ihr wollt. Was kümmert mich das? Ihr müsst jedoch wissen, dass ich von meinem gesamten Hofstaat ein Vorbild an Moral verlange.«
    Louise richtete sich drohend vor der Königin auf, ihre Augen funkelten, die Worte lagen ihr auf der Zunge - sie war kampfbereit. Höflichkeit schien ihr jetzt nicht mehr geboten.
    »Dann solltet Ihr aber auch wissen, Eure Hoheit, dass ich mit einem untadeligen Gefolge zu Euch gekommen bin. Selbstverständlich werden meine Leute umgehend mit Euren reden, und Euch wird nur das Beste über die Familie d’Angoulême zu Ohren kommen.«

    Anne hielt dem Blick der Comtesse eine Weile stand, antwortete aber nicht. Dann wandte sie sich ab und erklärte das Gespräch damit für beendet.
    Die Königin war nicht älter als Louise. Sie hatte sich behaglich eingerichtet in ihrem neuen Leben, an der Seite eines Königs, der mit seiner jungen und verführerisch schönen Gattin mehr als zufrieden sein konnte. Anne war so charmant, wie es sich ein Ehemann nur wünschen konnte, und sie strahlte vor Glück.
    Den schrecklichen Gedanken an Jeanne, die arme Tochter von Louis XI., die Louis XII. feige verstoßen hatte, um den Platz an seiner Seite für Anne de Bretagne freizumachen, hatte sie wohl in weite Ferne gerückt.
    In ihrer Selbstachtung zutiefst verletzt, hatte sich die fromme Jeanne nach Bourges zurückgezogen, um dort den Orden der Annuntiatinnen zu gründen. Doch nicht einmal dieses strenge Leben konnte sie die Verbitterung und das Bedauern darüber vergessen machen, dass sie dem Gatten, den sie über alle Maßen geliebt hatte, nicht ein Kind hatte schenken können, das vielleicht König von Frankreich geworden wäre.
    Wie hätte Louis XII. auch seine traurige ehemalige Gattin mit der vor Temperament nur so sprühenden Anne de Bretagne mit ihrem schier grenzenlosen Ehrgeiz vergleichen sollen? Aus eben diesem Grund zog sie es auch vor, die Augen vor dem offensichtlichen Misstrauen der Bevölkerung ihr gegenüber zu verschließen. Denn die Hochzeit war zwar mit allem Prunk in ihrer geliebten Stadt Nantes gefeiert worden, aber ihre Ankunft in Paris und später in Blois nur mit reichlich zurückhaltenden Vivats begrüßt worden.
    Um ehrlich zu sein, konnte Louis d’Orléans, der neue König von Frankreich, nur froh sein über die Vertragsklausel, die Anne de Bretagne zu seiner Frau bestimmt hatte. Er war so überglücklich
und begeistert, dass er sich sogar manchmal dabei ertappte, doch auf die Geburt eines Thronfolgers zu hoffen und den jungen François d’Angoulême darüber beinahe zu vergessen.
    Um das Vertrauen in seine neue Gattin auszugleichen, hatte er dem jungen Grafen d’Angoulême zur großen Überraschung von Louise, die diese unzeitige Generosität zunächst gar nicht deuten konnte, soeben das Herzogtum Valois geschenkt.
    Die großzügige Überlassung dieses Territoriums, das zum alten Erbe der Familie d’Orléans gehörte, konnte nur bedeuten, dass er den Dauphin für einen möglichen Verlust seines Titels entschädigen wollte. Dennoch bestand Louis XII. darauf, den jungen Mann ständig in seiner Nähe zu haben, falls sich die Dinge nicht zu seinen Gunsten entwickeln sollten.
     
    Kaum hatte sich die Familie d’Angoulême mit ihrem kleinen Gefolge auf Chinon eingerichtet, als man auch schon nach Amboise aufbrechen musste.
    Anne entschuldigte sich nicht und gab auch keine Erklärung zu ihrer plötzlichen Entscheidung ab, Chinon zu verlassen. Wäre Louis XII. nicht mit den Vorbereitungen für den bevorstehenden Aufbruch nach Italien beschäftigt gewesen, hätte er die Launen seiner Gattin vermutlich gedämpft. So aber rückte die geplante Expedition näher, und man sprach von einem baldigen Aufbruch nach Mailand.
    Diese wiederholten Reisen nach Italien und die damit verbundenen hohen Kosten wurden quer durchs Königreich als Kriegsvorbereitungen verstanden. Anne war also nicht an einer Expedition interessiert. Weil sie es aber gewöhnt war, zu jeder Jahreszeit zu reisen, ob von Angers nach Blois, von Nantes nach Amboise oder von Blois nach Lyon, beschloss sie eines Morgens einfach, auf der Stelle aufzubrechen.

    Seit Tagesanbruch war sie in heller Aufruhr und trug sich nur noch mit dem
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