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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman
Autoren: PeP eBooks
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Gedanken um, sich möglichst bald auf ihrem Schloss in Amboise einzufinden.
    An diesem Morgen trug Anne ein Kleid in französischem Blau und eine Haube mit dem unvermeidlichen weißen Hermelinbesatz, der sie an das Emblem ihrer geliebten Bretagne erinnern sollte. Sie hatte ganz vergessen oder einfach noch keine Zeit gefunden, in ihre Schuhe mit den dicken Sohlen zu schlüpfen, die die kleine Gestalt ein paar Zentimeter größer machten.
    Anne war sehr früh aufgestanden. Die Nächte vor einer großen Abreise waren immer sehr unruhig, und die meisten Beteiligten schliefen schlecht, manche sogar überhaupt nicht.
    Angekleidet, frisiert und aufbruchbereit erteilte Königin Anne ihre Anweisungen an ein Heer von Dienern, die von einer Ecke des Schlosses in die andere liefen, um ihre Aufgaben so schnell wie möglich zu erledigen.
    Zwei Zofen waren ausschließlich im Gemach der Königin beschäftigt, das noch nicht ganz leer geräumt war. Missmutig wandte sich Anne an die größere der beiden:
    »Dieser eisenbeschlagene Koffer bleibt hier, darin bewahre ich ohnehin nur unnützen Kram auf. Packt lieber die bretonischen Koffer fertig.«
    In einer Geste der Verzweiflung hob sie die Arme zum Himmel und rief:
    »Große Güte! Ginge es vielleicht auch ein bisschen schneller? Diese Lehnstühle müssen noch eingepackt werden. Und der Armlehnsessel auch; er ist der einzige, in dem ich bequem sitze.«
    Sie umrundete ihr Bett und wandte sich an die andere Zofe:
    »Und vergesst mir das Federbett hier nicht. Beim letzten Mal haben wir es hier gelassen. Die Federn waren so feucht, dass wir sie auswechseln mussten. Also bitte, beeilt Euch doch ein wenig!«

    Anne sprach sehr schnell und erteilte ihre Befehle so überraschend, dass keiner Gelegenheit hatte, Fragen zu stellen. Nichts durfte die geschwinde Abwicklung des Umzugs aufhalten. Als sie sich umsah, entdeckte sie eine dritte Kammerzofe, die ganz außer Atem angelaufen kam. Bestimmt hatte man ihr befohlen, sich im Gemach der Königin nützlich zu machen.
    »Großer Gott, was wollt Ihr denn hier, mein Kind? Das Büffet ist viel zu groß für Euch. Geht und holt die Lakaien, und sagt Francette, sie soll mir meine schwarzen Seidenpantoffeln bringen, die einzigen, die noch nicht eingepackt wurden. Diese Schuhe hier sind entschieden zu klein.«
    Sie lief auf und ab, wirbelte im Kreis herum und machte auf dem Absatz kehrt. Dann suchte sie sich plötzlich die älteste ihrer Zofen als Opfer aus, die gerade zwei Schemel verstauen wollte.
    »Wickelt die Schemel in Tücher. Ihr wisst doch wohl, wie empfindlich die Überzüge sind! Ach ja!«, sagte sie an die junge Zofe gewandt, die gerade zum Helfen gekommen war, »geht doch bitte die Leuchter aus der Kapelle holen. Ich möchte sie nur ungern dort lassen.«
    Anne sank auf ihr Bett und war mit einem Mal sehr erschöpft. Diese Tage waren ohne Zweifel immer sehr anstrengend, und einzig der König blieb stets ausgeruht und gut gelaunt, weil er sich um nichts kümmern musste.
    Als alles Mobiliar verpackt und das ganze Geschirr im Stroh verstaut war, machte man sich an die Teppiche, hängte die Wandspiegel ab und rollte schließlich ganz behutsam die großen Tapisserien auf.
    Irgendwie ging es dann doch sehr schnell, und als jedes einzelne Stück abgehängt, zusammengefaltet, aufgerollt und verpackt war, wurde alles sorgsam auf den Wagen verstaut, die für die Fahrt nach Amboise bereitstanden.

    Anne de Bretagne saß auf ihrem Bettgestell und versuchte sich ein wenig zu beruhigen, weil die Comtesse d’Angoulême in ihr Zimmer gekommen war, um sich nach der Abreisezeit zu erkundigen.
    »Ach!«, sagte sie zu Louise, weil sie etwas Zeit brauchte, um die Konversation gefühlvoll und intelligent zu gestalten, »seit Frankreich das Herzogtum Mailand gewonnen hat, kommen wir nicht mehr zur Ruhe!«
    Sie schleuderte Louise die Worte so entgegen, wie sie vielleicht zu ihrer Zofe gesagt hätte: »Ich bin erschöpft, bringt mir einen Eukalyptustee.«
    Da kannte sie die Comtesse d’Angoulême aber schlecht, die sich das Vergnügen gönnte, ihrer Gegnerin zu zeigen, dass sie durchaus nicht die Absicht hatte, sich aus politischen Fragen herauszuhalten. Trotz der Aufregung wegen der bevorstehenden Abreise ließ sie es auf eine erneute Auseinandersetzung ankommen.
    Eine derartige Gelegenheit wollte sich keine der beiden Frauen, die bislang nur Banalitäten ausgetauscht hatten, entgehen lassen.
    »Es ist bereits alles eingepackt, meine Liebe, ich kann Euch keinen
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