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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti
Autoren: Michael McCollum
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Umlaufbahn stand als die Fähre. Und es war der Schatten des Segels gewesen, den sie über die Marswüste hatte hinwegziehen sehen.
    Lichtsegel nutzten den Druck reflektierten Sonnenlichts, um ihre Fracht durchs Sonnensystem zu transportieren. Sie waren langsam, aber auch billiger als selbst ein Schiff in einem Hohmann-Transferorbit. Dieses Segel schleppte wahrscheinlich eine Ladung Eis von den Saturnringen und nutzte die Schwerkraft des Mars für den Anflug auf den inneren Mond. Die Phobos-Raffinerie war der eigentliche Grund, weshalb Starhopper dort gebaut wurde. Diese Anlage zur Aufspaltung von Wasserstoff sollte als Quelle für die Reaktionsmasse der interstellaren Raumsonde dienen.
    Das Shuttle ging in den Sinkflug, und das Lichtsegel füllte das Fenster zusehends aus. Tory wusste, dass es sich beim Segel um eine große runde, metallisierte Kunststofffolie mit einer Stärke von nur ein paar Angström handelte. Dieses Segel und seine >Geschwister< waren die größten je von Menschenhand gefertigten Objekte und zugleich auch die filigransten. Das größte Segel überhaupt hatte bei einem Durchmesser von hundert Kilometern eine Masse von nur ein paar hundert Tonnen.
    Tory hielt Ausschau nach dem Frachtbehälter, sah ihn jedoch nicht. Innerhalb weniger Minuten driftete die riesige Erscheinung durch ihr Sichtfeld und war dann auch schon wieder verschwunden. Sie stellte zufrieden fest, dass der Shuttlepilot einen großen Abstand zum Segel eingehalten hatte. Das monomolekulare »Segeltuch« war zwar so leicht, wie die Wissenschaftler es überhaupt zu bewerkstelligen vermochten, konnte aber bei einer Kollision mit einem Geschwindigkeitsdifferenzial von ein paar Kilometern pro Sekunde selbst ein Kriegsschiff schwer beschädigen.
    Das Shuttle ging tiefer. Ein paar Minuten später kam ihr Ziel über dem scharf konturierten Horizont in Sicht. Olympus Mons war der größte Vulkan im Sonnensystem — so groß, dass er als ein Fleck in den Teleskopen der Erde erschien. Er war einer der Punkte, die Percival Lovells Unterbewusstsein zur berühmtesten optischen Täuschung in der Geschichte der Wissenschaft zusammengesetzt hatte: die berühmten Marskanäle.
    Die meisten Erdbewohner waren erstaunt, wenn sie erfuhren, dass die Hauptstadt des Mars sich im Kessel eines Vulkans befand. Olympus war seinerzeit ein spektakulärer Vulkan gewesen, doch zum Glück lagen seine »besten Zeiten« schon ein paar Milliarden Jahre in der Vergangenheit. Der Olympus Mons von heute spie nichts Tödlicheres mehr aus als mit Kohlendioxid gesättigten Wasserdampf. Diese leichteren Eruptionen waren auch der Grund, weshalb die Olympus-Kolonie überhaupt gegründet worden war; denn das wertvollste Gut auf dem trockenen Mars war Wasser.
    Die Fähre ging mit dem Heck voran in einen steilen Sturzflug zum Raumhafen und ignorierte den Widerstand, den die dünne Atmosphäre ihrer alles andere als aerodynamischen Form entgegensetzte. Tausend Meter über dem Raumhafen feuerten die Triebwerke der Fähre. Und Sekunden später legte sie auf einem Schweif aus Plasmafeuer eine butterweiche Landung hin.

2
    Tory verließ die Luftschleuse und betrat eine transparente Ausschiffungsröhre, die hundert Meter weit über den glasierten Sand des Raumhafens von Olympus verlief. Hinter der Röhre wurde die Marsnacht von gleißend hellen Lichtbögen erhellt. Eine weitere Fähre lag neben dem Phobos-Shuttle; Passagiere und Gepäck strömten durch die Verbindungsröhre in die unterirdische Passage, die zum Hauptterminal führte. Tory verzog das Gesicht bei diesem Anblick. Das bedeutete nämlich, dass der wöchentliche Liner von der Erde in der Umlaufbahn stand und dass es im Raumhafen — der sowieso schon ein regelrechter Taubenschlag war - nun noch hektischer zugehen würde.
    Als sie das Terminal betrat, befahl Tory dem Implantat, sich mit dem Computer von Olympus City zu synchronisieren. Nachdem sie das Verbindungssignal erhalten hatte, schickte sie eine Mitteilung an Dardan Pierce.
    »Hallo, Tory«, kam sofort die Antwort. » Wo steckst du denn?«
    »Am Raumhafen.«
    »Gut, dann komm möglichst schnell her. Die anderen werden schon vor dir da sein.«
    »Was gibt's denn, Dard?«
    »Das musst du schon Hunsacker fragen«, ertönte die knappe Antwort. »Er hat die Besprechung schließlich angesetzt.«
    »Aber er ist doch auf der Erde.«
    »Nein, seit heute Mittag ist er nicht mehr dort. Er ist in meinem Büro aufgetaucht und hat mich gebeten, alle erreichbaren Personen zu
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