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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti
Autoren: Michael McCollum
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entschieden werden.

TEIL 1
Starhopper

1
    Die rötliche Kugel des Mars füllte einen ganzen Quadranten des sternenübersäten Himmels aus und flutete die transparente Kuppel mit rubinrotem Licht. Doch so schön der Anblick auch war, Victoria Bronson hatte nur Augen für das pyramidenförmige Ensemble aus Brennstofftanks und Rohrleitungen, die sich als Silhouetten gegen den Planeten abzeichneten. Nach einer zwanzigjährigen Planungs- und dreijährigen Bauphase war Starhopper nun fast fertig. Bald würden Tanker hunderttausend Tonnen Flüssigsauerstoff in die großen Brennstofftanks des Schiffs pumpen. Zehn Tage später - vorausgesetzt, dass beim komplexen Countdown keine Pannen auftraten — würde der erste Besucher der Menschheit bei einem anderen Stern zu seiner langen Reise in die tiefe Schwärze aufbrechen.
    Die Menschen hatten fast die ganze Zeit von Reisen zu den Sternen geträumt, seit sie wussten, dass es sich bei den kleinen Lichtpunkten um ferne Sonnen handelte. Während Schriftsteller Oden an den Raumflug komponierten, stöhnten die Ingenieure über die enormen Energien, die hierfür erforderlich waren. Eskapistisch orientierte Science-Fiction-Autoren ersannen fantastische Pläne für den blitzschnellen Flug zwischen Sternsystemen, während Physiker das Problem nicht minder fantasievoll angingen. Wissenschaftler spekulierten über die Existenz von Wurmlöchern, Dimensionen außerhalb der normalen Raumzeit oder eine verzerrte Raumzeit als Breschen in der Mauer der Einstein-Barriere. Leider erwiesen die Anstrengungen der Wissenschaftler sich als genauso wirkungslos wie die Bemühungen der Dichter und Schriftsteller. Trotz aller Versuche entzogen die Sterne sich auch weiterhin dem Zugriff der Menschheit.
    Das heißt, bis zum Jahr 2217. In diesem Jahr verkündete nämlich ein junger marsianischer Physiker namens Dardan Pierce, dass die Zeit für die Erforschung der näheren Sterne gekommen sei. In einer im System Journal for Astrophysics veröffentlichen Studie skizzierte Pierce die Parameter für einen erfolgreichen interstellaren Raumflug. Dabei war Pierces Sternenschiff gar nicht mal ein futuristisches überlichtschnelles Gerät, sondern ein Raumschiff, das fast ein ganzes Menschenalter für seine Reise benötigen würde. Er schloss seine Studie mit der Anregung für seine Kollegen, einen Prototypen in Form einer mit Instrumenten bestückten Raumsonde zu bauen und dieses Gerät auf eine Forschungsmission zu den Welten zu senden, von denen man wusste, dass sie Alpha Centauri umkreisten: den nächsten Nachbarn der Sonne am Firmament.
    Die Triebwerke, die die erste interstellare Raumsonde der Menschheit antrieben, sollten mit Antimaterie befeuert werden, einer Technologie, die in der Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts entwickelt worden war. Die frühesten Raumschiffe mit Antimaterie-Antrieb hatten Mikrogramme des flüchtigen Materials benutzt, um Wasserstoff zu erhitzen, das dann durch konventionelle Raketendüsen ausgestoßen wurde. Moderne Raumschiffe verbrauchten dagegen mehrere Kilogramm Antiprotonen, die Wasserstoff in ein relativistisches Plasma umwandelten, das anschließend durch eine Reihe magnetischer Düsen im Heck des Raumschiffs ausgestoßen wurde.
    Die Boosterrakete von Starhopper würde das Instrumentenpaket auf ein Zehntel der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Und wenn die Reaktionsmasse eines Tages aufgebraucht war, würde der Booster abgestoßen. Am Ende der Beschleunigungsphase würden die mächtigen Triebwerke abgeschaltet, und Starhopper würde im freien Fall Kurs auf Alpha Centauri nehmen und eine Trümmerspur in ihrem »Kielwasser« hinterlassen, die bis zum Mars zurückreichte. Fast ein halbes Jahrhundert nach dem Start würde das Instrumentenpaket den Booster anweisen, eine Hundertachtzig-Grad-Drehung zu beschreiben und das Bremsmanöver einzuleiten. Auch hier würden die leeren Brennstofftanks mitsamt den Aufhängungen abgeworfen. Sogar die Triebwerke würden abgestoßen, nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt hatten, das Instrumentenpaket auf Intrasystem-Geschwindigkeit abzubremsen.
    Die Starhopper, die in das Centauri-System einflog, hätte kaum noch eine Ähnlichkeit mit der Version, die vom Mars gestartet war. Das Instrumentenpaket machte zwar nur ein Promille der ursprünglichen Masse des Raumfahrzeugs aus, war mit seinen hundertzehn Tonnen aber immer noch so schwer wie ein kleines Raumschiff. Der Instrumentenblock enthielt Steuertriebwerke, Antimaterie, Reaktionsmasse, einen
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