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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin
Autoren: Jeri Smith-Ready
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der erste Mensch nicht die Person war, die Rhia über alles hebte, die Person, die ihr wieder und wieder das Leben geschenkt hatte, nicht nur bei ihrer Geburt, sondern in jedem darauffolgenden Jahr erneut.
    Lycas lenkte das Pony plötzlich nach rechts, um einem kleinen grauen Stein auszuweichen, der aus dem langen Gras der Lichtung hervorragte. Sie begannen den Hügel zu erklimmen, doch ihr Tempo wurde nicht langsamer, ehe sie die Wälder erreichten, wo sogar Lycas nicht so leichtsinnig war, blindlings voranzustürzen. Das Pony verlangsamte seine Schritte und schüttelte den Kopf. Als Rhia wieder zu Atem gekommen war, rang sie sich die Worte ab, die sie sagen wollte – und auch nicht. „Was ist passiert?”
    „Sie ist zusammengebrochen.” Lycas’ Stimme war deutlich und seine Atmung von ihrem harten Ritt kaum beschleunigt. „Sie hat gesagt, sie hat Schmerzen in der Brust.”
    Rhias Herz schien sich zusammenzuziehen. Sie wartete darauf, dass er fortfuhr.
    „Als ich gegangen bin ...” Seine Schultern bebten. „Als ich gegangen bin, um dich zu holen, konnte sie kaum atmen.” Er fluchte leise vor sich hin. „Mögen die Geister dieses Gestrüpp holen.” Er fasste hinab und drückte einen langen Zweig wilder Himbeeren fort von der Brust seines Ponys. Blut sickerte aus kleinen Schnitten an seinem Arm, aber er zuckte nicht einmal zusammen.
    „Hat jemand einen Heiler geholt?”
    „Silina war gerade dabei, Kräuter mit ihr zu trocknen, als es passiert ist. Sie konnte nicht viel tun, außer es Mutter bequem zu machen. Nilo hat sich auf die Suche nach Galen gemacht, nur für den Fall ...”
    „Den Fall?”
    „Den Fall, dass sie stirbt. Jemand muss ihren Geist vorbereiten.” Er sprach durch zusammengebissene Zähne. „Weil wir keine Krähe haben.”
    Rhia brannte das Gesicht. Ihre Stimme brach, als sie versuchte zu antworten. Aber dann lag die Lichtung vor ihnen, und Lycas schlug dem Pony die Hacken in die Rippen. Das Pferd, wieder zu Kräften gekommen, preschte vor, und Rhia musste sich am Hemd ihres Bruders festklammern, um nicht zu fallen.
    Das Licht der Sonne blendete sie, als sie auf die Lichtung hinausbrachen. Ihr Haus tauchte auf dem Hügel auf. Niemand war auf der Koppel oder in den Zwingern zu sehen. Als sie in Rufweite kamen, rannten drei Hunde aus dem Zwinger, streckten sich, beugten sich nieder und wedelten ihnen hinter dem Zaun mit den Schwänzen entgegen.
    Als Lycas das keuchende Pony endlich vor dem Haus zum Stehen brachte, öffnete sich die Tür sofort. Ihr Bruder Nilo kam heraus und griff nach den Zügeln.
    „Es ist alles in Ordnung”, sagte er zu ihnen. „Sie ruht sich jetzt aus.”
    Er legte seine Hände um Rhias Taille und hob sie vom Pony. Ihr Körper schien zu ächzen, als sie sich über die verstaubte, verschwitzte Haut strich. Auch wenn er sie sanft absetzte, fühlte es sich an, als hätte jemand zwei spitze Zaunpfähle in ihre Hüfte getrieben, als sie mit den Füßen den Boden berührte.
    „Geht ihr zwei schon rein”, forderte Nilo sie auf, „ich kühle die Ponys ab.” Er zog der Stute die Zügel über den Kopf und führte sie mit raschen Schritten davon. Rhia sah sich um und war dankbar, dass sein Blick sie nicht anklagend durchbohrt hatte wie der seines Zwillings. Auch wenn sie gleich aussahen und manchmal sogar zur gleichen Zeit sprachen, schienen Nilos Gedanken und Gefühle sich nach innen zu richten, statt nach außen Funken zu schlagen und die Umstehenden zu verbrennen.
    Ihre Hand wurde warm, und sie sah hinab und fand Lycas’ lange, kräftige Finger um ihre geschlungen. Ihr Griff machte ihr genug Mut, um das Haus zu betreten.
    Ihr Vater kam auf sie zu, aber sie sah an ihm vorbei zu dem kleinen Bett, in dem ihre Mutter lag. Tereus sprach Rhias Namen, und seine Lippen bewegten sich noch weiter, aber der Rest seiner Worte ging auf dem Weg zu ihr verloren.
    Verloren im Rauschen von Flügeln.
    Das Geräusch steigerte sich, bis sie das Wimmern aus ihrer Kehle nur noch spüren, aber nicht mehr hören konnte. Die Knie gaben unter ihr nach, und sie versuchte, auf den Boden -sogar durch den Boden – zu sinken, aber Lycas schloss seinen Griff fester und zog sie wieder auf die Beine. Sie riss sich los und bedeckte ihre Ohren, kniff die Augen zusammen, als käme das Gefühl, die Sicherheit, von der Außenwelt und als könnte sie es abschirmen und sich davon abwenden. Aber sie konnte sich nirgends hinwenden. Krähe würde bleiben.
    Rhia wich gegen die Tür zurück und tastete
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