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Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)
Autoren: Celia Friedman
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rauschte ihr das Blut durch die Adern, sie war wie betrunken von einer Mischung aus Angst und Euphorie. »Ich bin ein Magister wie ihr. Aber ich bin auch anders, denn meine Seele enthält die Essenz einer Seelenfresser-Königin. Die Väter des Magistergesetzes hatten das bei ihren Plänen nicht berücksichtigt, denn niemand wusste, dass es ein Wesen wie mich geben könnte. Doch ich versichere euch, ich mag zwar derzeit die einzige Frau sein, die den Titel eines Magisters für sich beansprucht, aber andere werden folgen. Und wenn das Magistergesetz für alle Magister gelten soll, wie es die Absicht seiner Väter einst war, dann muss es ergänzt werden, damit auch wir daran teilhaben.
    Dazu hat man euch heute hier zusammengerufen«, fuhr sie fort. »Um diese Ergänzung zu beschließen.«
    Sie war versucht, die Augen zu schließen. Sich auf die Gefühle zu konzentrieren, die jetzt sicherlich überall im Saal hinter der Maske unerschütterlicher Gelassenheit brodelten.
    »Der ›Rabe‹ hat mir Gewalt angetan«, verkündete sie. Blanker Hass sprach jetzt aus ihrer Stimme und eine messerscharfe Entrüstung, deren Ursprung nicht rein menschlich war. Sie spürte, wie ihr Ikati-Zorn das Tier weckte, das in allen Seelen schlummerte, wie Gleich zu Gleich sprach und die Gerechtigkeit des freien Himmels forderte. »Wären wir Ikati gewesen, ich hätte ihn mit meinen Klauen und meinen Zähnen in Stücke gerissen und den Männchen meiner Spezies zur Warnung die blutigen Fetzen vorgeworfen. Das ist das Recht einer Königin. Es ist mein Recht. Und dieses Recht fehlt in unserem Gesetz.« Sie hielt inne. »Solange es nicht aufgenommen wird, ist das Magistergesetz unvollständig und kann nicht als Rechtsgrundlage zur Beurteilung meines Verhaltens herangezogen werden.«
    Wie dachten sie darüber? Die Ikati-Energie im Raum machte es ihr schwer, sich auf dezentere menschliche Gefühlsäußerungen zu konzentrieren. Gleichviel. Sie war am Ende angelangt. Sie hatte gesagt, wozu sie hierhergekommen war, sie hatte den Zauber gewirkt, den sie hatte wirken wollen, und wenn das nicht genügte … dann wäre das Spiel an diesem Punkt zu Ende. Eine zweite Chance würde es nicht geben.
    Manchmal verlangte das Leben, dass man alles in die Waagschale warf.
    »Ich lege die Entscheidung in eure Hände«, sagte sie ruhig. Dann trat sie von der Bühne ab und überließ, ohne sich noch einmal umzusehen, die Männer in den schwarzen Roben ihren Beratungen.
    Sie befand sich in tiefer Meditation, als jemand leicht mit der Faust an die Tür klopfte. Sie blickte hinab auf die Reste ihrer letzten Beschwörung – möglicherweise der wichtigsten in ihrem Leben – und rief, ohne sich umzudrehen: »Herein.«
    Sie hörte, wie sich die Tür knarrend öffnete und wieder geschlossen wurde.
    »Es ist vorüber«, sagte Colivar.
    Der Tag war längst zu Ende gegangen, und die Kerzen, die sie auf der Anrichte beschworen hatte, waren inzwischen zur Hälfte abgebrannt. Sie schloss kurz die Augen, um ihr Licht nicht mehr sehen zu müssen. »Und?«
    Sie hörte, wie er hinter sie trat. »Das Magistergesetz soll ergänzt werden. Allerdings wird es eine Weile dauern, bis es so weit ist. Es ist schließlich nicht damit getan, dass man dem Vertrag noch eine Klausel anfügt.« Er hielt inne. »Es wurde entschieden, dass ein Urteil zum Tod des ›Raben‹ nach dem Magistergesetz in seiner derzeitigen Form nicht möglich ist. Du hast also nichts mehr zu befürchten, meine Liebe.«
    Eine Woge der Erleichterung schwappte über sie hinweg. Ihr wurde fast schwindlig. »Ich danke dir«, flüsterte sie.
    »Ich glaube, Ramirus war über den Spruch etwas erstaunt. Aber er hat ihm nicht unbedingt missfallen.«
    »Und du?«, fragte sie. »Warst du nicht überrascht?«
    Er lachte leise. »Nicht mehr, als mir klar wurde, dass die meisten der Magister, die sich zu deinen Gunsten äußerten, Sidereas ehemalige Geliebte waren. Dieselben, die ich in deinem Auftrag auf der ganzen Welt hatte zusammensuchen müssen.« Er hielt inne. »Wie die Entscheidung ausfallen würde, stand nie wirklich in Zweifel, nicht wahr?«
    »Zweifel gibt es immer«, flüsterte sie.
    Er trat neben sie. Auf dem Tisch vor ihnen stand ein Kästchen aus Ebenholz mit gewölbtem Deckel. Colivar öffnete es. Es enthielt nur eine dünne Schicht aus federleichter Asche, die bei jeder Bewegung aufgewirbelt wurde. Er betrachtete sie eine Weile, dann machte er den Deckel wieder zu. »Ich muss gestehen, als ich dir das erste Mal von
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