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Die Seelenburg

Die Seelenburg

Titel: Die Seelenburg
Autoren: Jason Dark
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draußen.«
    »Nebel.«
    »Und wie.«
    Er lag wirklich knüppeldick, unser Londoner Nebel, der ach so berühmt berüchtigte. Dabei behaupten manche Menschen, der Nebel wäre früher viel schlimmer gewesen. Ich wagte das allerdings zu bezweifeln. Zwar ist der Nebel im Sommer etwas Seltenes, aber wenn er kommt, dann knüppeldick.
    Wir steckten im Verkehr fest. Dabei hatten wir fast schon zwei Stunden früher Feierabend gemacht, damit ich Glenda pünktlich ans Ziel bringen konnte.
    Meine Sekretärin wollte zu einem Klassentreffen. Leider fand es ein wenig außerhalb Londons statt, so daß es in der Nähe des Lokals keine U-Bahn gab.
    Ich hatte mich zur Verfügung gestellt und fuhr Glenda hin, worüber sie sehr glücklich war.
    »Und wie kommen Sie zurück?« wollte ich wissen.
    Mit der Antwort wartete sie bis zur nächsten Ampel. »Ich werde mir wohl ein Taxi nehmen.«
    »Falls die fahren.«
    »Stimmt auch wieder. Aber was würden Sie an meiner Stelle tun, John?«
    »Bis zum Morgen warten.«
    »Das ist ein Restaurant und kein Hotel.«
    Ich lachte. »Sie werden sehen, Glenda, wie schnell die Zeit vergeht. So ein Klassentreffen findet ja nicht jede Woche statt. Ich bin sicher, daß es eine ungeheure Menge zu erzählen gibt.«
    »Das stimmt.«
    »Na bitte.«
    Grün. Der Kreis in der Ampel war gar keiner mehr, sondern nur ein verwaschener Fleck, der an seinen Rändern zerfaserte. Man mußte schon sehr genau hinsehen, um ihn zu erkennen.
    Im Schritt-Tempo fuhr ich weiter. Der Nebel vermischte sich mit den Abgasen zu einer gefährlichen Mischung. Das war die Zeit, wo Herzkranke und Kreislaufschwache zu Hause blieben.
    Wir rollten bereits durch Paddington und würden bald nach Maida Vale kommen, wo auch das Restaurant war. Die Shirland Road führte auf einen Platz zu, von dem die Straßen dann sternförmig abzweigten. Dort wollte ich Glenda absetzen.
    »Wie kann ich das je wieder gutmachen?« fragte sie.
    »Was?«
    »Daß Sie mich bei diesem Wetter fahren.«
    »Ist doch selbstverständlich.«
    »Ich weiß nicht.« Glenda lehnte sich zurück. Der Mantel klaffte in Höhe der Knie auseinander. Ich sah die beiden Rundungen und mußte lächeln.
    Glenda Perkins war wirklich eine schöne Frau. Und es war für einen Mann nicht leicht, bei ihr standhaft zu bleiben. Bisher hatte ich es ja geschafft, aber ob das von Dauer sein würde, das wußte ich auch nicht.
    Ihr Parfüm war an diesem Nachmittag jedenfalls dazu angetan, mich regelrecht anzumachen.
    Ob sie es extra aufgelegt hatte?
    »Woran denken Sie, John?«
    Ich mogelte mich an einem Lastwagen vorbei und konnte ein wenig schneller fahren. »Das bleibt Betriebsgeheimnis.«
    »Aber mir können Sie es doch sagen.«
    »Ich weiß nicht.«
    »Dann ist eine Frau im Spiel«, stellte Glenda sachkundig fest.
    Verdammt, ich hatte Mühe, nicht rot zu werden, und schwieg sicherheitshalber.
    »Stimmt es, John?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Also doch.«
    »Moment, ich habe nichts gesagt.«
    »Aber gedacht. Ihre Gedanken kann man Ihnen ja am Gesicht ablesen, Mr. Geisterjäger.«
    Ich strich über meinen Nasenrücken. »Dann sind Sie ein Medium, Glenda.«
    »In gewisser Hinsicht ja.«
    »Und wie darf ich das verstehen?«
    »Wenn es um einen Mann namens John Sinclair geht, den ich schon ziemlich lange kenne.«
    »Und was ist mit Ihren Freunden?«
    Glenda verzog etwas die Lippen. Sie hatte ihren Mund mit einem blassen Stift angemalt. »Welche Freunde?«
    Ich betätigte den Blinker und rollte an einem parkenden Wagen vorbei.
    »Wenn ich mich recht erinnere, sind Sie schon ein paarmal abgeholt worden.«
    »Das haben Sie genau registriert?«
    »Mehr ein Zufall.«
    Glenda lachte. »Wer soll das glauben?«
    »Ich belüge Sie doch nicht.«
    »Nein, ganz bestimmt nicht. Doch ich will Sie beruhigen, John, diese Freunde sind…«
    »Um Himmels willen keine Erklärungen«, sagte ich. »Dazu habe ich gar nicht das Recht…«
    »Doch, ich will es aber sagen.«
    »Dann bitte.«
    »Mit diesen Freunden war nichts, aber auch gar nichts. Es waren lockere Bekanntschaften. Wir sind zum Tanzen gegangen, das ist auch alles gewesen.«
    »Na denn.«
    Eine Weile schwiegen wir. Glenda lächelte still vor sich hin. Ich hing meinen Gedanken nach und mußte mich gleichzeitig auf den Verkehr konzentrieren.
    Schemenhaft sah ich den Platz, von dem die Straßen abzweigen. Auch Glenda hatte ihn entdeckt.
    »Wir sind gleich da«, sagte sie.
    »Und wo muß ich ab?«
    »Fahren Sie noch ein Stück, dann die zweite Straße links.
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