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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben
Autoren: Susanne Gerdom
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machte das Atmen schwer. An der alten Eiche beschloss Lluigolf auf Siiran zu warten, damit sie das letzte Wegstück gemeinsam zurücklegen konnten.
    Er streckte sich im Moos aus und blinzelte in den Dunst zwischen den Baumkronen. Kein Blättchen regte sich, in der Ferne hämmerte ein Specht. Lluigolf schloss die Augen und döste.
    Hufgetrappel, das Klirren von Zaumzeug und lautes Gelächter weckten ihn unsanft aus seinen Träumen von Siiran. Wer auch immer da kam, Lluigolf wollte ihm nicht begegnen. Er kroch in den dichten Farn und beobachtete von dort aus den Weg.
    Eine Jagdgesellschaft kam heran, und Lluigolf dankte den Ewigen, dass die Reiter keine Hunde, sondern abgerichtete Falken mit sich führten. Es wäre schwer zu erklären gewesen, warum er hier im Farn lauerte wie ein Wegelagerer.
    Die Reiter kamen langsam den Weg hinauf, sie lachten und schwatzten und waren offensichtlich zufrieden mit dem Ergebnis ihres Ausfluges. Lluigolf musterte die edlen Pferde und die kostbaren Kleider der Jäger. Das war eine der Jagdgesellschaften des Markgrafen, die sich in den Wald von Weidenheim verirrt hatte. Wahrscheinlich waren sie nach der erfolgreichen Beiz jetzt auf dem Weg in eine der luxuriösen Jagdhütten des Herzogs, ehe sie anderntags in die Residenz zurückkehrten.
    Er reckte den Kopf über einen Farnwedel, um eine Reiterin in hellen Gewändern genauer zu betrachten, die ihren rotrückigen Falken ohne eine Haube auf der Faust trug. Der Vogel drehte den Kopf und starrte Lluigolf mit seinen wilden Augen an. Seine Herrin, die gerade noch mit ihrem Begleiter gescherzt hatte, folgte dem Blick des Vogels und entdeckte Lluigolf. Er erstarrte vor Schreck, doch sie lächelte und legte in einer beiläufig trägen Bewegung den Zeigefinger auf die Lippen. Dann zwinkerte sie verschwörerisch und wandte sich wieder ihrem Begleiter zu.
    Lluigolf, der den Atem angehalten hatte, sah ihnen nach. Die Jagdgesellschaft bestand aus Menschen – und Elben, die ihre Vögel frei und ungeblendet auf der Faust trugen. Die Elbin, die ihn angelächelt hatte, und ihr Begleiter waren nicht viel älter als er selbst; zwei andere, die schweigend am Ende des Zuges ritten, schienen schon gesetzteren Alters zu sein. Lluigolf starrte sie fasziniert an. Er kannte nur die Elben, die hier im Wald lebten und die sich in ihrer Erscheinung nicht einmal so sehr von den Bauern und Handwerkern in Weidenheim unterschieden. Seine schöne Siiran war ihm immer wie eine echte Goldene Elbin erschienen, so hell und zierlich war sie. Aber in diesen hier erkannte er Elben von Geblüt, die im Sommerpalast lebten und keinen Blick für gewöhnliche Wald- und Wiesenelben übrig hatten. Es wunderte ihn, dass sie mit Menschen zur Jagd ritten.
    Großgewachsen waren sie, grazil und von heller Haut und Haarfarbe. Ihre Erscheinung schimmerte geradezu im schwindenden Tageslicht. Die junge Elbin hatte ihn mit Augen angesehen, so strahlend und voller Licht wie der Frühlingshimmel. Auch die Pferde, auf denen sie saßen, erschienen ihm schöner und edler gebaut als die der Menschen. Die Menschen selbst wirkten plump, grob und gewöhnlich neben ihren elbischen Begleitern, auch wenn sie mit Sicherheit von Adel und alles andere als gewöhnlich waren.
    Lluigolf seufzte unwillkürlich, als die Gesellschaft aus seinem Blick entschwunden war.
    Dann kroch er aus dem Farn und rannte das letzte Stück zu ihrem Treffpunkt. Doch Siiran war nicht da. Lluigolf hockte sich vor ihrer Laube ins Gras und wartete mit steigender Ungeduld auf seine Liebste. Aus der Ungeduld wurde Unruhe. Siiran musste etwas zugestoßen sein, sie hatte doch noch nie eines ihrer Treffen versäumt. Vielleicht hatten ihre Eltern auch Verdacht geschöpft und ihr verboten, in den Wald zu gehen.
    Die Schatten der Abenddämmerung krochen über die Lichtung. Er rupfte ein Büschel Grashalme aus und warf es von sich. Dann sprang er auf die Füße, entschlossen, nach ihr zu rufen.
    Laub raschelte, Siiran kam auf ihn zugelaufen. Ihr Gesicht war erhitzt, das Haar flog und die Augen strahlten. »Siiri«, sagte er erleichtert und schloss sie in die Arme. »Ich habe mir Sorgen gemacht. Was hat dich aufgehalten?«
    Sie nestelte spielerisch an den Bändern seines Hemdes herum. »Ach, nichts«, sagte sie atemlos und lächelte ihn an.
    Â»Nichts?« Er runzelte die Stirn. »Ich habe eine Ewigkeit auf dich gewartet – wegen
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