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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin
Autoren: Philippa Gregory
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spielte die Ausdauer. »Da siehst du, was sie von dir hält«, flüsterte ich zurück. Anne machte gute Miene und kicherte.
    |24| Wir sollten von indischen Frauen angegriffen werden – in Wirklichkeit waren das Chorsänger der Königlichen Kapelle –, ehe uns der König und einige ausgewählte Freunde retteten. Man warnte uns, der König werde sich ebenfalls kostümieren, und sagte uns, wir sollten sorgsam darauf achten, seine durchsichtige Verkleidung nicht zu schnell zu durchschauen: Er würde eine goldene Maske tragen, größer als die Masken aller anderen im Raum.
     
    Es wurde schließlich ein ungeheures, wildes Vergnügen, ein viel größerer Spaß, als ich je erwartet hätte, eher ein gespielter Kampf als ein Tanz. George überschütte mich mit Rosenwasser. Die Chorsänger waren kleine Lausbuben, die sich so sehr in die Sache hineinsteigerten, daß sie die Ritter wütend angriffen und dann vom Boden hochgehoben, herumgewirbelt und schwindelig und kichernd wieder auf die Beine gestellt wurden. Als wir Damen aus der Burg hervortraten und mit den geheimnisvollen Rittern tanzten, schritt der größte Ritter, der König selbst, auf mich zu und führte mich zum Tanz. Ich war noch außer Atem von meinem Kampf mit George, hatte Rosenblätter im Kopfputz und im Haar. Ich lachte, reichte ihm die Hand und tanzte mit ihm, als wäre er ein ganz gewöhnlicher Mann und ich kaum mehr als eine Küchenmagd auf einem ländlichen Tanzvergnügen.
    Als das Signal zur Demaskierung hätte kommen sollen, rief der König: »Spielt weiter! Laßt uns noch ein wenig tanzen!« Anstatt sich umzudrehen und eine neue Partnerin zu wählen, führte er wieder mich zum Tanz, einem Bauerntanz, bei dem wir uns an der Hand hielten und ich seine Augen durch die Schlitze in der goldenen Maske funkeln sehen konnte. Selbstvergessen lächelte ich zu ihm auf und spürte, wie die Sonne seiner Wertschätzung meine Haut wärmte.
    »Ich beneide Euren Ehemann, wenn Ihr heute abend Euer Gewand abstreift und ihn mit Süßigkeiten überschüttet«, sagte er mit leiser, verführerischer Stimme, als der Tanz uns gerade wieder einmal nebeneinander brachte.
    Mir fiel keine witzige Antwort ein. Dies waren nicht die |25| förmlichen Komplimente der höfischen Liebe. Das Bild von meinem Ehemann, der mit Süßigkeiten überschüttet wurde, war zu intim, zu erotisch.
    »Ihr solltet doch sicher niemanden beneiden«, erwiderte ich. »Euch gehört schließlich alles.«
    »Wieso sollte das so sein?« fragte er.
    »Weil Ihr der König seid«, begann ich und vergaß, daß er angeblich eine undurchschaubare Verkleidung trug. »König des Château Vert«, berichtigte ich mich. »König für einen Tag. König Henry sollte Euch beneiden, denn Ihr habt heute Nachmittag eine große Belagerung gewonnen.«
    »Und was haltet Ihr von König Henry?«
    Ich schaute mit Unschuldsmiene zu ihm auf. »Er ist der größte König, den dieses Land je hatte. Es ist eine Ehre, sich an seinem Hof aufzuhalten, und ein Privileg, in seiner Nähe zu sein.«
    »Könntet Ihr ihn als Mann lieben?«
    Ich senkte den Blick und errötete. »Daran würde ich nicht zu denken wagen. Er hat noch nicht einmal in meine Richtung geblickt.«
    »Oh, geblickt hat er schon«, erwiderte der König mit fester Stimme. »Des könnt Ihr sicher sein. Und wenn er mehr als einmal blickte, Fräulein Güte, würdet Ihr dann Eurem Namen alle Ehre machen und gütig zu ihm sein?«
    »Eure …« Ich biß mir auf die Lippen und unterdrückte gerade noch ein »Majestät«. Ich hielt Ausschau nach Anne. Mehr als alles andere wünschte ich mir, daß sie jetzt an meiner Seite wäre und mir mit ihrem wachen Verstand zu Hilfe käme.
    »Ihr nennt Euch doch Güte«, erinnerte er mich.
    Ich lächelte ihn an, blinzelte durch meine goldene Maske zu ihm auf. »Das stimmt«, erwiderte ich. »Und ich denke, ich wollte ihn wohl gütig behandeln.«
    Die Musikanten beendeten den Tanz und warteten gespannt auf die weiteren Befehle des Königs. »Die Masken ab!« rief er und riß sich die Maske vom Gesicht. Vor mir stand der König von England, und ich keuchte vor Entzücken und Verwunderung und geriet ins Taumeln.
    |26| »Sie fällt in Ohnmacht!« rief George. Es war eine schauspielerische Glanzleistung. Ich sank dem König in die Arme, während Anne schnell wie eine Schlange meine Maske losband und – großartig – meinen Kopfschmuck löste, so daß mein goldenes Haar sich wie ein Wasserfall über den Arm des Königs ergoß.
    Ich schlug die Augen
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