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Die schwarzen Wasser von San Marco

Die schwarzen Wasser von San Marco

Titel: Die schwarzen Wasser von San Marco
Autoren: Richard Dübell
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ihr den Puls fühlte!«
    Sie zuckte mit den Schultern und lächelte gleichzeitig. »Darf ich dich daran erinnern, dass man bei euch mit dem Nachthemd badet vor lauter Schamgefühl?«
    »Das hast du mir gründlich ausgetrieben.«
    »Keinen Tag zu früh. Nachdem ich ihm dann den Gefallen getan hatte, ihn einen Blick auf meinen Urin werfen zu lassen, verließ er mich und ging nach unten, um auf den Herrn der Schöpfung zu warten.«
    »Ich – nun, besser gesagt, Clara – hat ihn von weiteren Pflichten entbunden.«
    »Das sieht ihr ähnlich.« Sie wandte sich an Julia und rieb sich den Bauch. »Ich habe jetzt genug von der Suppe. Sei so gut und kümmere dich darum, dass ich heute noch etwas Anständiges in den Magen bekomme. Wenn du etwas auf dem Markt kaufen musst, frag Clara um Rat, und lass dir Geld geben. Sie soll es auf unsere Rechnung setzen.«
    Julia nickte und drückte sich an mir vorbei zur Tür hinaus. Ich setzte mich zu Jana auf das Lager und nahm eine ihrer Hände in die meinen. Ich versuchte, nicht allzu sorgenvoll zu klingen; ich wusste, wie sie es hasste, wenn ich meinen schwarzen Gedanken zu sehr nachgab.
    »Jana …«
    »Also, was wollte Manfridus so Wichtiges von dir? Ich hoffe, du hast ihm gesagt, dass seine Frau mich besser pflegt als meine eigene Mutter.«
    Ich seufzte. »Ich habe ihn und seine Familie in den Himmel gehoben. Manfridus hat geschäftliche Kontakte zu einer Patrizierfamilie namens Dandolo; alter Adel, sie stammen von dem Dogen Enrico Dandolo ab, der vor fast dreihundert Jahren Konstantinopel besiegt und den Reichtum Venedigs begründet hat.«
    »Das ist ein Kontakt, den man pflegen sollte.«
    »Manfridus pflegt ihn auch ganz beträchtlich. Er hat der Familie sogar schon den weisen Rat des unvergleichlichen Schurkenfängers Peter Bernward angeboten.«
    »Was meinst du damit?«
    »Heute besteht die Familie Dandolo im Wesentlichen aus zwei Brüdern: Fabio und Enrico. Beide sind Kaufleute; Fabio ist mehr, Enrico weniger erfolgreich. Fabio hat seinen ältesten Sohn Pegno ins Haus seines Onkels Enrico gegeben, angeblich, um dort das Handwerk zu lernen. Enrico hat nur Töchter, und ich nehme an, nach Enricos Tod sollen die Häuser so zu einem zusammengeführt werden.«
    »Und in der Zwischenzeit erhält Pegno Einblick in alle geschäftlichen Transaktionen, sodass Fabio das Geschäft seines Bruders steuert, noch bevor dieser weiß, wie ihm geschieht.«
    »Ich kann mir schon vorstellen, dass du hinter jedem familiären Schachzug gleich eine Intrige siehst.«
    Sie winkte ab. »Wo liegt nun das Problem, das du lösen sollst?«
    »Das Problem ist, dass Pegno vor zwei Tagen spurlos verschwunden ist.«
    Janas Augen weiteten sich. »Der Erbe der beiden Häuser? Fürchten die Familien jetzt, dass er sein künftiges Vermögen mit schlechten Frauen und Saufbrüdern durchbringt?«
    »Das ist noch nicht alles«, sagte ich grimmig. »Vor wenigen Stunden hat man eine Leiche aus dem See im Arsenal geborgen. Enrico ist überzeugt, dass es sich um Pegno handelt.«
    »Du meine Güte! Ist der junge Mann von seinen Saufkumpanen erschlagen worden?«
    »Jana, Pegno war ein Kind, gerade mal vierzehn Jahre alt.«
    Sie verzog das Gesicht in echtem Mitgefühl. »O Peter, das tut mir Leid.«
    Ich zuckte mit den Schultern, aber die Sache ließ sich nicht so leicht abstreifen, wie ich glauben machen wollte. Ich beschloss, wieder zu meinem ursprünglichen Thema zurückzukehren.
    »Jana, geht es dir wirklich besser?«
    »Natürlich!« Sie strich mir über die Wange. Ich hielt ihre Hand fest. Sie lächelte. »Weißt du übrigens, wen sie zum Dogen gewählt haben, während wir in Florenz waren?«
    »Nein, woher sollte ich?«
    »Giovanni Mocenigo.«
    Ich lachte laut auf, und Jana spitzte schmollend die Lippen. »Wenn er erfährt, dass ich hier bin, lässt er uns aus der Stadt prügeln.«
    »Jede schlechte Tat rächt sich. Du hättest bei unserem ersten Besuch hier, als er noch Kaufmann war, vielleicht doch nicht die Gewürzhändler in der Lagune bestechen und ihm das Geschäft vermasseln sollen.«
    »Dass mich diese kleine Finte mein Lebtag verfolgt, habe ich nicht geahnt«, stöhnte sie halb zum Spaß. »Jedenfalls ist es mit der Geschäftemacherei hier vorbei. Sobald mein Name irgendwo laut wird, wird er Mittel und Wege finden, den Handel zu hintertreiben. Denn verziehen hat er mir sicher noch nicht.«
    »Was willst du tun? Dich im Bett verstecken, solange wir hier sind?«
    »Nie im Leben! Ich habe die Nase voll vom
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