Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis

Titel: Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
gesehen«, sagte Teaser und holte Sebastian damit zurück in die Gegenwart. »Da dachte mir, ich komme einfach mal vorbei und … sehe nach.«
    Er hatte den gestrigen Tag mit Zeichnen verbracht – und alle Skizzen verbrannt, als er erkannte, dass er versucht hatte, Erinnerungen aus dem Tageslicht, an Aurora, das Heimatdorf seiner Tante Nadia, einzufangen. Dinge, die er als Kind, während der Zeiten, die er bei ihr verbracht hatte, gesehen hatte. Immer wieder war sein Vater Koltak aufgetaucht und hatte ihn abgeholt, um ihn bei irgendeiner Frau im ärmlichen Viertel der Stadt, in der er lebte, abzuladen. Bei einer Frau, die dafür bezahlt wurde, seine Gegenwart zu ertragen und ihm Nahrung, Wasser und einen Platz zum Schlafen zur Verfügung zu stellen. Die Hälfte der Zeit lebte er zusammen mit anderen verstoßenen Kindern auf der Straße und wurde wieder und wieder daran erinnert, wie leer und erbärmlich sein Leben doch war. Und dann kam Nadia und nahm ihn erneut mit zu sich nach Hause.
    Nadias und Koltaks Auseinandersetzungen und der ständige Wechsel zwischen liebender Akzeptanz und kaltherzigem Elend fanden schließlich ein Ende, als er seinem Vater zum letzten Mal entkam, als Koltak bei Nadia auftauchte, um ihn mit zurück in die verhasste Stadt zu nehmen.
    »Ich hatte zu tun«, sagte Sebastian und verdrängte die Erinnerung. Teaser grinste verschlagen. »Tröstest du immer noch alternde Jungfern und einsame Witwen? Du solltest dich nach etwas Lebendigerem umsehen. Jemand mit ein bisschen mehr Feuer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine von denen viel Spaß macht, wenn du dazu übergehst, es ihnen im richtigen Leben zu besorgen anstatt nur in romantischen Träumen.« Er schnupperte. Seine Augen weiteten sich. »Ist das Kaffee?«
    Sebastian seufzte. Er hatte genügend Kaffeebohnen für zwei Tassen gemahlen. Es sah wohl so aus, als ob er das Getränk teilen müsste. »Na, dann komm.«

    Als er zur Anrichte zurückging, folgte Teaser ihm auf dem Fuß. Nachdem er die Tüte mit den Kaffeebohnen, die Kaffeemühle und den Topf zum Aufbrühen begutachtet hatte, pfiff Teaser anerkennend. »Ganz was Feines. Vielleicht ist es doch lukrativer, als ich dachte, Jungfern und Witwen süße Träume und heiße Nächte zu bereiten.« Er hielt inne. »Aber du kaufst doch sonst nichts auf dem Schwarzmarkt.«
    Sebastian nahm noch einen Becher vom Holztisch und füllte ihn mit Kaffee. »Ich habe die Sachen nicht vom Schwarzmarkt. Sie sind ein Geschenk von meiner Cousine und ihrem Bruder.« Als er sich umdrehte, um Teaser den Becher zu geben, sah er einen Moment lang Angst in den Augen des anderen Inkubus aufblitzen und bemerkte das leichte Zittern der Hand, die den Becher entgegennahm.
    Die eingebildeten, selbstgerechten Menschen der anderen Landschaften sahen in den Inkuben und Sukkuben absto ßende Dämonen, und das, obwohl genügend eben dieser Menschen sich nach der Art von Sex sehnten, die man nur mit einem solchen Partner haben konnte, um den Bewohnern des Pfuhls ein komfortables Einkommen zu sichern. Aber es gab gefährlichere Dämonen, die durch ihre Welt streiften, und Inkuben und Sukkuben konnten ebenso leicht als Beute enden wie jeder Mensch. Es hatte ein paar Jahre gedauert, bis er erkannte, dass andere Dämonen, die in den Pfuhl kamen, ihm nicht etwa aus dem Weg gingen, weil er ein harter Kerl war, sondern dass es an seiner menschlichen Verwandtschaft lag. Sie hatten keine Angst vor Lee, einem Brückenbauer mit der seltenen Fähigkeit, eine Landschaft über eine andere zu legen, aber Glorianna …
    Kein Dämon wollte sich ihren Zorn zuziehen – weil Glorianna Belladonna die Landschafferin war, die den Sündenpfuhl ins Leben gerufen hatte.
    Er füllte seinen eigenen Becher, lehnte sich gegen die Anrichte, nippte an seinem Kaffee und schwieg.
    Nach ein paar Minuten sagte Teaser: »Dieses Haus. Es ist … hübsch.« Er betrachtete den kleinen Tisch an der
Wand, an dem Sebastian seine Mahlzeiten zu sich nahm, dann den größeren Tisch im Esszimmer. »Es sieht … wirklich nett aus.«
    Es sieht menschlich aus , dachte Sebastian mit dem Gefühl, bei etwas Unzüchtigem ertappt worden zu sein. In der Öffentlichkeit. In einer menschlichen Landschaft natürlich, schließlich war Unzucht im Pfuhl an der Tagesordnung. Peinlich berührt, dass jemand Zeuge seines Bedürfnisses geworden war, die Verbindung mit dem Rest Menschlichkeit, den er in sich trug, nicht zu verlieren, fühlte er die alte Bitterkeit in sich aufsteigen.
    Nadia
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher