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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin
Autoren: Ellis Peters
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hatte die Leinentücher beim Reden über den Arm genommen und das Kommen und Gehen im Hof dabei scharf im Auge behalten. Cadfael folgte ihrem Blick und bemerkte einen kräftigen Mann in einem schwarzen Talar, der in seinem bis zu den Knöcheln reichenden Gewand über die Wiese auf ihre Unterkunft zukam.
    »Ich werde euch noch Met und etwas zu essen bringen«, sagte die junge Frau und kehrte abrupt zu handfesten Dingen zurück. Sie nahm Schale und Kanne und war schon zur Tür hinaus, bevor der Geistliche sie noch erreicht hatte. Cadfael sah, wie sie sich im Vorbeigehen begegneten, wie der Mann ihr ein Wort sagte und sie dazu stumm den Kopf senkte. Ihm kam es vor, als ob zwischen ihnen eine merkwürdige Spannung herrschte, der Mann mühsam beherrscht, das Mädchen kalt und pflichtbewußt. Bei seinem Näherkommen hatte sie sich mit dem Abschied beeilt, doch die Art, wie er im Vorübergehen mit ihr sprach, und besonders, wie er sich, bevor er Cadfaels Unterkunft erreichte, noch einmal nach ihr umdrehte, um ihr nachzusehen, machte den Eindruck, daß er vor ihr mehr Respekt hatte als umgekehrt und sie ihm etwas nachtrug, das sie nicht vergessen konnte. Sie hatte nicht nach oben geschaut, um ihn anzusehen und auch den heiligen Rhythmus ihres Schritts nicht verlangsamt. Er ging jetzt langsamer in Cadfaels Richtung, vielleicht um seine Würde zu sammeln, bevor er bei den Fremden eintrat.
    »Guten Tag und willkommen, Brüder!« sagte er auf der Schwelle. »Ich hoffe doch, meine Tochter hat recht für euer Wohl gesorgt?«
    Damit war die Beziehung zwischen den beiden sofort eindeutig. Die Feststellung geschah ernsthaft und klar, als ob stillschweigend auch andere Möglichkeiten denkbar wären und von vornherein ausgeräumt werden sollten. Der Mann trug schließlich die Tonsur, hatte hier etwas zu sagen und war Priester. Deshalb wählte er auch die einfache Feststellung: »Ich heiße Meirion und habe dieser Pfarre hier schon viele Jahre gedient. Unter dem neuen Dispens bin ich der Kanonikus des Domkapitels. Falls es an etwas fehlt, womit wir euch versorgen können, solange ihr bei uns seid, dann sagt es nur, und ich werde dafür sorgen.«
    Er sprach ein steifes Englisch, etwas zögernd, denn er war ganz offensichtlich Waliser. Er war ein kräftiger, muskulöser Mann und in seiner dunklen Art durchaus gutaussehend, mit scharf geschnittenen Zügen und einer sehr aufrechten Haltung.
    Sein kurzgeschnittener Haarkranz war kaum mit Grau gesprenkelt. Das Mädchen hatte ihre Farben und die dunklen strahlenden Augen von ihm, doch in ihrem Blick lag ein Funke Fröhlichkeit, sogar Schalk. Sein Blick hinterließ unter den gebieterischen Brauen den Eindruck von Unsicherheit – ein stolzer, ehrgeiziger Mann, der sich selbst und seiner Stellung nicht ganz sicher war. War er vielleicht in einer delikaten Lage, da er als Kanoniker nun zum Gefolge eines normannischen Bischofs gehörte? Das war durchaus möglich. Wo es eine eheliche Tochter gab, mußte es auch eine Ehefrau geben.
    Canterbury wäre darüber kaum erfreut.
    Mark und Cadfael versicherten Meirion, die Unterkunft sei für sie in jeder Hinsicht zufriedenstellend, nach mönchischen Klostermaßstäben sogar üppig. Bereitwillig holte Mark aus seiner Sattelrolle Bischof Rogers versiegelten Brief, edel beschriftet und adressiert, dazu den kleinen verschließbaren Holzkasten, verziert mit Schnitzereien, der das Silberkreuz enthielt. Kanonikus Meirion zog entzückt die Luft ein, denn der Silberschmied von Lichfield war ein geschickter Künstler, und seine Arbeit war sehr schön.
    »Er wird erfreut und frohgestimmt sein, dessen könnt ihr gewiß sein. Vor euch als Männern der Kirche brauche ich nicht zu verbergen, daß unser Herr Bischof hier alles andere als in einer einfachen Lage ist und ihm jede Geste der Unterstützung eine Hilfe bedeutet. Falls ihr mir den Vorschlag erlaubt, wäre es gut, wenn ihr ganz förmlich auftretet, sobald alle bei Tisch versammelt sind und dann eure Botschaft öffentlich entrichtet.
    Ich werde euch als Euer Herold in die Halle begleiten und Plätze am Tisch des Bischofs freihalten.« Er teilte ihnen vollkommen offen mit, daß aus dieser Botschaft der größte Vorteil gezogen werden müßte, kam sie doch nicht bloß aus Lichfield, sondern aus Canterbury, von Theobald selbst, der hier in Sankt Asaph nach römischem Ritus einen normannischen Prälaten installiert hatte. Wo der Fürst seine eigene Macht und Ritterschaft eingesetzt hatte, wollte Kanonikus Meirion auf
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