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Die schwarze Bruderschaft

Die schwarze Bruderschaft

Titel: Die schwarze Bruderschaft
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wirklich, sondern schien vielmehr
seine Seele zu streifen...
Mike verscheuchte den Gedanken, rannte weiter und zog sich
mit einer hastigen Bewegung an dem zertrümmerten Führerhaus
in die Höhe, um einen Blick in sein Inneres zu werfen.
Trautman hockte mit blutüberströmtem Gesicht und sichtbar
benommen auf dem Boden, aber er war am Leben, und er
schien nicht einmal sehr schwer verletzt zu sein, denn als Mike
die Hand nach ihm ausstreckte und Anstalten machte, zu ihm in
den Wagen zu klettern, schüttelte er hastig den Kopf und
begann mit beiden Händen zu gestikulieren, in denen er etwas
Buntes hielt.
»Der Fahrer!« sagte er. »Schnappt euch den Kerl! Schnell!«
Mike starrte ihn eine halbe Sekunde lang völlig verwirrt an.
Erst dann sah er, daß Trautman allein im Wagen war - und daß
er nichts anderes als die Fetzen eines bunten Kaftans in den
Händen hielt. Was Singh und ihn fast von den Füßen gerissen
hätte, war nichts anderes als der Lkw-Fahrer gewesen!
»Schnappt ihn euch!« schrie Trautman noch einmal. »Los doch!
Er darf nicht entkommen!« Das wirkte. Mike fuhr herum und
hielt nach dem Schatten Ausschau, der aus dem Wagen
gesprungen war. Er sah gerade noch, wie dieser durch eine
schmale Tür in einer der Seitenwände verschwand. Seltsamerweise konnte er ihn auch jetzt nicht richtig erkennen. Alles, was
er sah, war etwas Dunkles, Wirbelndes, das gar keine richtige
Form zu haben schien. Dann war es verschwunden, und die Tür
fiel mit einem dumpfen Knall ins Schloß.
»Hinterher!« befahl Mike. Singh war bereits herumgefahren
und setzte mit ein paar großen Sprüngen hinter dem Fahrer her.
Noch bevor Mike vom Wagen heruntergesprungen war, hatte er
die Tür erreicht und aufgerissen.
»Singh!« schrie Mike. »Nicht! Warte auf mich!« Er wußte
selbst nicht, warum er das rief, er brauchte sich bestimmt keine
Sorgen um Singh zu machen
- der Inder war nicht nur sein
Freund und Leibwächter, sondern auch einer der stärksten
Männer, die Mike je kennengelernt hatte, auch wenn man ihm
dies auf den ersten Blick nicht ansah. Er war ein Sikh, ein
Mitglied der alten Kriegerkaste Indiens, die überall auf der Welt
für ihren Mut und ihre Tapferkeit bekannt war. Und trotzdem...
Es hatte mit dem Schatten zu tun, den er kaum richtig gesehen
hatte. Irgend etwas an diesem Schatten war unheimlich
gewesen; auf eine seltsame, kaum in Worte zu fassende Weise falsch... Singh reagierte nicht auf Mikes Schrei, sondern verschwand mit einem gewaltigen Schritt durch die Tür. Mike
rannte, so schnell er konnte, und erreichte den Durchgang kaum
eine Sekunde nach dem Inder. Trotzdem konnte er Singh nicht
mehr sehen - der Inder war bereits eine ausgetretene Steintreppe
hinuntergehetzt, die unmittelbar hinter der Tür begann und sich
bereits nach wenigen Stufen in undurchdringlicher Finsternis
verlor. Mike konnte bloß die Schritte Singhs irgendwo unter
sich hören.
Etwas an dieser Dunkelheit erschreckte ihn so sehr, daß er
abrupt stehenblieb und für ein paar Sekunden zögerte
weiterzulaufen. Es war, als wäre dort vor ihm nicht nur
Dunkelheit, nicht nur die Abwesenheit von Licht, sondern die
Anwesenheit von etwas anderem, Unbeschreibbarem, das das
Tageslicht aufgesogen hatte und auch ihn verschlingen würde,
wenn er den Fehler beging, ihm zu nahe zu kommen. Das
Gefühl war für einen Moment so intensiv, daß er einfach nicht
dagegen ankam.
Aber dann hörte er wieder Singhs Schritte, und die Sorge um
seinen Freund war größer als seine Furcht. Mike nahm all
seinen Mut zusammen und stürmte hinter Gundha Singh die
Treppe hinab.
Vor ihm war nichts - keine körperlosen Ungeheuer, die sich
auf ihn stürzten, kein Abgrund, der sich jäh unter seinen Füßen
auftat, sondern tatsächlich nichts als Dunkelheit. Und doch.. In
dieser Dunkelheit war etwas. Mike konnte es mit fast
körperlicher Intensität spüren; so als berührten unsichtbare
Spinnweben sein Gesicht und seine Hände. Was er gerade noch
als Ausgeburt seiner eigenen überreizten Phantasie abgetan
hatte, das wurde jetzt fast zur Gewißheit. Er hatte eine
unsichtbare Grenze überschritten. Es war, als wäre er plötzlich
gar nicht mehr in seiner Welt, sondern in... Ja, wo eigentlich?
Das Gefühl war so erschreckend, daß er gar nicht bemerkte,
daß er das Ende der Treppe erreicht hatte, sondern mit voller
Wucht gegen Singh prallte und ihn um ein Haar von den Füßen
gerissen hätte. Singh taumelte zur Seite, Mike stolperte einen
Schritt zurück und hatte alle
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