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Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Titel: Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
Autoren: Håkan Nesser
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Steinmauer, die die Straße von dem Abgrund trennte: ein blauroter Scooter der Marke Honda. Amtliches Kennzeichen BLK 129.
    Münster schob seine Dienstwaffe zurecht und drehte den Kopf. Direkt unter ihnen lag eine Schlucht – zwei steil abfallende Wände, die ein tiefes, gezacktes V-Zeichen in den Berg schnitten, dessen Spitze weit unter ihnen lag, dreißig, vierzig Meter tief schätzungsweise, bedeckt mit einem Wirrwarr struppiger Büsche und Müll. Unzugänglich für jedermann.
    Dennoch wimmelte es am Hang von Menschen. Schwarzgekleidete junge Männer mit Seil und Pickel und allen möglichen Ausrüstungsgegenständen. Ein Hubschrauber schwebte über ihnen und schnitt einen rücksichtslosen Lärmspalt in die großartige Landschaft. Münster drehte den Kopf noch weiter und betrachtete Van Veeteren, der zwei Meter von ihm entfernt mit nicht entzündeter Zigarette im Mund dastand. Er sah aus, als hätte er schlecht geschlafen.
    Oder es war nur die Enttäuschung und Frustration, die in seine schweren Gesichtszüge geschrieben stand. Die Enttäuschung darüber, dass es ihnen nicht gelungen war, Maarten deFraan zu fangen. Einen lebendigen Maarten deFraan.
    Schon als sie von Yakos gegen acht Uhr über den Fund informiert worden waren, war der
Hauptkommissar
wütend und gereizt gewesen. Münster vermutete – hoffte vielleicht sogar? –, dass es die vermessene Rede von Pascal war, die ihm einen schlechten Geschmack im Mund bereitete. Unter anderem.
    Denn Maarten deFraan war tot. Sehr tot. Dieser Gedanke, ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberzusitzen und in seiner schwarzen Seele zu angeln, würde nie Realität werden. Weder für Van Veeteren noch für sonst jemanden.
    Kommissar Yakos trocknete seinen glänzenden Kopf an einem Handtuch ab. Er war gerade vom Fundort zur Straße hinaufgeklettert, und die Schweißflecken unter seinen Achseln waren groß wie Elefantenohren.
    »Wollt ihr runter und euch das ansehen?«, fragte er und ließ seinen Blick zwischen Van Veeteren und Münster hin und her wandern.
    »Nicht unbedingt«, sagte Van Veeteren. »Aber wenn du uns alles im Detail beschreiben kannst, dann wäre ich dir sehr dankbar. Ich gehe davon aus, dass Fotos gemacht werden?«
    »Hundertfach«, versicherte Yakos. »Nein, verzichtet lieber auf die Kletterpartie. Es sieht schrecklich aus da unten. Einfach schrecklich…«
    Er machte eine Pause, als koste er das Wort noch einmal, um zu entscheiden, ob es auch das Richtige war.
    »… zwei Leichen, wie gesagt. Oder eine Leiche und ein Skelett genauer gesagt. Doktor Koukonaris meint, dass das Skelett zwischen drei und dreißig Jahre dort gelegen haben kann, aber wir werden das natürlich genauer bestimmen können, wenn alle Analysen gemacht worden sind. Nach allem zu urteilen eine Frau…«
    »Das ist seine Ehefrau«, unterbrach ihn Van Veeteren. »Ihr Name ist Christa deFraan, und sie hat seit August 1995 hier in der Schlucht gelegen.«
    Kommissar Yakos betrachtete ihn eine Weile mit Zirkumflex-Augenbrauen, ließ dann einen dünnen Luftstrom zwischen den Lippen strömen.
    »Wirklich?«, sagte er. »Ja, wenn ihr meint… die andere Leiche ist jedenfalls jüngeren Datums. Ein Mann, der höchstens einen Tag dort gelegen hat. Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass es sich hier um Professor deFraan handelt. Aber er ist übel zugerichtet, deshalb können wir noch nicht mit letzter Sicherheit sagen…«
    »Zugerichtet?«, fragte Van Veeteren. »Wie ist er zugerichtet?«
    Kommissar Yakos nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette und schaute aufs Meer.
    »Ihr wollt das ganz genau wissen?«
    »Ja, bitte.«
    »Na gut, selbst schuld… aber ihr seid sicher gezwungen, ihn euch sowieso anzusehen, wenn wir ihn hochgeholt haben… der reinste Horror, wie gesagt.«
    »Das haben wir verstanden«, sagte Van Veeteren mit einem Hauch von Ungeduld in der Stimme. »Bist du jetzt so gut und berichtest.«
    Yakos nickte.
    »Zum Einen hat man ihm in den Kopf geschossen. Das Eintrittsloch an der einen Schläfe, das Austrittsloch an der anderen. Wir haben bisher noch keine Waffe gefunden, aber es muss sich um eine ziemlich großkalibrige Geschichte handeln… Neunmillimeter möglicherweise. Wir suchen natürlich weiter danach.«
    »Natürlich«, sagte Van Veeteren.
    »Aber das ist nicht das Schlimmste«, fuhr Yakos fort.
    »Nicht?«
    »Hat er Verletzungen vom Fall?«, fragte Münster.
    Kommissar Yakos nickte ernst.
    »Ja, es gibt wohl kaum einen Knochen in seinem Körper, der noch heil ist,
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