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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons
Autoren: Jules Verne
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Einzelne jener Schatten sprangen wie Katzen auf dem Boden umher. Die erwürgte Heerde hatte nicht genügt, ihre Wuth zu stillen.
    Weder Godfrey noch seine Gefährten sprachen ein Wort. Nur durch vollständige Unbeweglichkeit konnten sie vielleicht einem directen Angriffe entgehen.
    Da verrieth ein unglücklicher Knall ihre Anwesenheit und setzte sie damit der schlimmsten Gefahr aus.
    Tartelett war, von wirklichen Hallucinationen geplagt, aufgestanden, hatte einen Revolver ergriffen und diesmal, ohne daß Godfrey oder Carefinotu es hatte hindern können, jedenfalls ganz unbewußt, was er that, da er vielleicht einen Tiger auf sich zuspringen zu sehen meinte, in’s Blaue hinein Feuer gegeben…. Die Kugel schlug durch die Thür des Will-Tree.
    »Unglücksmensch!« schrie Godfrey, sich auf Tartelett stürzend, dem der Schwarze die Waffe entwand.
    Es war zu spät. Wie auf ein Signal ertönte draußen lauteres Gebrüll. Man hörte gewaltige Tatzen die Rinde der Sequoia abreißen. Furchtbare Stöße erschütterten die Thür, welche natürlich einem solchen Sturm gegenüber zu schwach war.
    »Setzen wir uns zur Wehr!« schrie Godfrey.
    Und eine Flinte in der Hand, einen Patronenbeutel im Gürtel, nahm er seinen Posten an einem der Fenster wieder ein.
    Zu seiner größten Verwunderung hatte Carefinotu dasselbe gethan. Ja, der Schwarze packte die zweite Flinte – eine Waffe, die er bisher noch nie geführt – füllte seine Tasche mit Patronen und nahm an dem zweiten Fenster Platz.
    Jetzt knatterten die Gewehrschüsse durch die beiden Oeffnungen. Bei dem Aufleuchten des Pulverblitzes konnte Godfrey auf der einen, Carefinotu auf der anderen Seite erkennen, mit welchen Feinden sie es zu thun hatten.
    Da, innerhalb der Umzäunung, sprangen heulend vor Wuth, brüllend bei dem Krachen, und die zu Boden brechend, welche die Kugeln erreichten, Löwen, Tiger, Panther und Hyänen – zusammen wenigstens zwanzig Stück Raubthiere – umher. Auf ihr in der Ferne widerhallendes Brüllen antworteten gewiß bald noch andere Bestien, welche gleichzeitig herangelockt wurden. Schon ließ sich wirklich entferntes Geheul vernehmen, das der Umgebung des Will-Tree näher zu kommen schien. Es hatte den Anschein, als wäre urplötzlich eine ganze Menagerie von Raubthieren auf der Insel freigelassen worden.
    Inzwischen suchten Godfrey und Carefinotu, ohne sich um Tartelett, der ihnen nichts nützen konnte, zu bekümmern, mit sicherer Hand Tod und Verderben zu verbreiten. Um keine Patrone zu verschwenden, warteten sie allemal, bis ein Schatten nahe bei ihnen vorbeikam, dann krachte ein wohlgezielter Schuß, der sein Ziel nie verfehlte, denn gleich darauf verrieth ein Schmerzgeheul, daß das betreffende Thier getroffen worden war.
    Nach Verlauf einer Viertelstunde trat etwas mehr Ruhe ein. Gaben die Raubthiere einen Angriff auf, der vielen von ihnen schon das Leben gekostet hatte, oder wollten sie nur den Tag abwarten, um den Angriff unter günstigeren Verhältnissen zu erneuern?
    Unbekümmert hierum hielten Godfrey und Carefinotu doch immer auf ihren Posten aus. Der Schwarze hatte sich der Schußwaffe mit nicht geringerer Geschicklichkeit bedient, als Godfrey selbst. Wenn das nur die Folge instinctiver Nachahmung war, so durfte man dieselbe gewiß eine erstaunliche nennen.
    Gegen zwei Uhr Morgens entstand neues Lärmen – jetzt eher noch toller als vorher. Die Gefahr wuchs mit jeder Minute, die Lage im Innern des Will-Tree wurde nachgerade unhaltbar.
    Am Fuße der Sequoia ertönte von Neuem das schreckliche Gebrüll. In Folge der an den Seiten angebrachten Fensteröffnungen konnte weder Godfrey noch Carefinotu die Angreifer sehen, und in Folge dessen natürlich auch nicht von den Gewehren Gebrauch machen.
    Jetzt stürmten die Bestien nämlich die Thür selbst, und es war nur zu bestimmt zu fürchten, daß diese unter dem Drängen derselben aufspringen oder von ihren Klauen zerrissen werden würde.
    Godfrey und der Schwarze waren wieder nach dem Erdboden herabgeglitten. Schon gab die Thür unter den Tatzenschlägen von außen nach – ein heißer Athem drang durch die Spalten der Rinde.
    Noch versuchten Godfrey und Carefinotu die Thür zu verstärken, indem sie die Pfähle, welche ihre Lagerstätten trugen, dagegen stemmten, aber auch das konnte nicht auf die Dauer vorhalten.
    Godfrey erkannte seine Ohnmacht. Wenn seine Genossen und er sich noch im Innern des Will-Tree in dem Moment befanden, wo die blutgierigen Angreifer hereinstürmten, mußten
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