Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schule der Nackten

Die Schule der Nackten

Titel: Die Schule der Nackten
Autoren: Ernst Augustin
Vom Netzwerk:
dann mit dem Badetuch eingerichtet, mich im Liegen sorgfältig eingeölt, besonders Nase und alle hochliegenden Teile des Körpers. Habe sogar noch einmal das Badetuch verschoben - auch im Liegen -, da der Schatten eines Astes drauf lag, und nun herrschte erst einmal Ruhe, grüne Umgebung, nur ein paar weiße und braune Hügel, die über den Grashalmen zu sehen waren. Kein Stress, vor allem keine Nachbarn, nur Ruhe – – das heißt, neben mir, etwa zwölf Schritt entfernt, lag ein älterer Herr, der sich offenbar schwertat, seine Position zu finden, er kroch mehrfach von seinem Badetuch herunter, um es jeweils um vielleicht eine Armeslänge zu verschieben. Sonst aber Ruhe.
    Ein etwas unsympathischer Herr, ich hatte Gelegenheit, ihn beim Kriechen genauer anzusehen, sein Genital hing schlaff herunter, bläulich. Überhaupt war der Mann kaum gebräunt, offenbar ein Neuankömmling wie ich, nicht daß er mir deshalb sympathischer wurde. Jetzt verschob er wieder sein Tuch – – und zwar in Richtung einer Dame, die in einiger Entfernung lag, nach meiner Berechnung etwa zwölf Armeslängen entfernt. Während ich nun selbst mein Badetuch verschieben mußte, weiter rechts zur Sonne hin, um dem relativ schnell wandernden Baumschatten Rechnung zu tragen. Es war aber klar, daß meine und seine Berechnungen nicht aufgehen konnten. Weil natürlich die Dame im Zuge der Wanderung schließlich ebenfalls weiterkriechen würde.
    Immerhin sah ich seinen Fortschritt. Er gewann mit der Zeit drei Längen, eigentlich waren es vier, weil er eine Länge verdoppelte. Dann gab er erst einmal Ruhe, hatte ein Buch hervorgezogen und las. Las möglicherweise wirklich, ich sah aber, daß seine Unterlage nach einiger Zeit trotzdem versetzt war.
    Die Dame andererseits lag sehr zusammengerafft da, Arme eng am Körper, Beine fest verschlossen. Ich weiß nicht, ob sie die Bewegungen wahrnahm, jedenfalls rückte der Mann jetzt gleich einen ganzen Quadranten vor, gerechtfertigt durch den Schatten eines ganzen Holunderbusches, kroch sogar zweimal hin und her, bis er seine Habe überführt hatte, Schuhe und alles. Und als ich wieder zur Dame schaute, war ihr Platz leer, sie hatte sich offenbar im Liegen angezogen und war davongekrochen, nein, wir sahen sie aufrecht in einem Kittelkleid mit gekreuzten Trägern kurz vor dem Ausgang.
    Während wir, er in Bauchlage, ich in Rückenlage, zurückblieben.

    *

    Es sollte aber noch am gleichen Nachmittag die ersten Schritte geben, keine große Affäre.
    Weit hatte ich sowieso nicht gehen wollen. Nur um einen Blick auf die Uhrzeit zu werfen, die an einer bestimmten Stelle zwischen zwei Bäumen hindurch über dem Zaun sichtbar war. Also überhaupt kein Problem. Fühlte mich nur ein wenig luftig, als ich aufstand. Wie gesagt, ein kurzer Weg, der mich an einer Familie mit zwei Kindern, einer einzelnen älteren Frau und einer Gruppe schokoladenbrauner Männer vorbeiführte, die locker herumstanden, eine Art Ballspiel mit einem Henkelkorb veranstalteten, aber damit aufhörten, als ich vorbeiging. Wobei ich mit einer gewissen Sorge ihre schlenkrigen Glieder betrachtete. Wie gesagt, es ging ganz gut. Obwohl ich nie zuvor so lange Beine gehabt und mich eigentlich auch nie so hoch befunden hatte. Stakte dahin, kühl im Schritt, ja, vielleicht zu dünn, oder auch zu dick, und dann lief mir auch noch ein Kind zwischen die Beine. Also gut.
    Als ich mit der Uhrzeit zurückkehrte - es war vier Uhr -, wurde ich von dem Herrn neben mir schräg von unten gemustert, durfte dann beim Hinsetzen einen verstohlenen Blick auf mein eigenes Genital werfen, ob es zu sehr schlenkerte, oder was ich sonst noch befürchtete, aber da war das gar nicht so schlimm. Es war überhaupt nicht schlimm: Es war in der Aufregung zusammengeschnurrt.

    *

    Als Kind hatte ich mich immer sehr geschämt.
    Genauer gesagt, ich war vor Scham erstickt, in der Turnstunde, beim Duschen. Wir hatten da einen Turnlehrer, der an den blinkenden Schalthebeln stand - ich sehe ihn noch heute hinter der Glasscheibe - und uns heiß -kalt-heiß mit Wechselduschen versorgte, während wir kleinen Maden hüpften und kreischten. Ich aber nicht. Ich stand ganz in der Ecke des - wie ich mich erinnere - hellgrau gefliesten Duschraumes und schämte mich zu Tode. Wußte nicht, sollte ich nun meinen winzigen Popo oder mein Dingelchen verbergen. «Er hat seinen Popo gezeigt, aber von vorn.»
    Ich erinnere mich, daß ich eher einen entsetzlichen Hautausschlag entwickelte, als mitduschen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher