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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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jungen Jahren war Ladice eine absolute Schönheit gewesen, und auch jetzt, da sie vom Alter gebeugt war, strahlte sie nach wie vor einen unvermindert weiblichen Liebreiz aus, und ihre Haut war noch immer so glatt und glänzend wie Schokolade. Sie bat mich nicht auf die Galerie.
    »Nehmen die Ihr Haus auseinander, Miss Ladice?«, sagte ich.
    Sie schaute mich nach wie vor wortlos an. Ihre Augen waren klar und tiefgründig, der Blick starr und unverwandt, wie bei einem Reh.
    »Ist Ihr Enkel drinnen?«, fragte ich.
    »Der is nicht heim gekommen, nachdem ihr ihn freigelassen habt. Ihr habt ihm eine Heidenangst eingejagt, falls Ihnen das guttut«, erwiderte sie.
    »Wir haben versucht, ihm zu helfen. Er wollte nicht auf uns eingehen. Außerdem hat er keinerlei Betroffenheit darüber gezeigt, dass ein unschuldiges junges Mädchen vergewaltigt und ermordet wurde«, sagte ich.
    Sie trug ein weißes Kattunkleid und eine goldene Halskette mit einem christlichen Medaillon. Ein durchbohrter, vergoldeter Dime hing an einem weiteren Kettchen um ihren Knöchel.
    »Keine Betroffenheit, was?« Dann wischte sie mit der Hand durch die Luft und sagte: »Nur zu, nur zu, kümmern Sie sich um Ihre Arbeit und bringen Sie’s hinter sich. Das Grab wartet schon auf mich. Ich wünschte bloß, ich müsste mich nicht mit so vielen Dummköpfen abgeben, eh ich dort hinkomme.«
    »Ich habe Sie immer geachtet, Miss Ladice«, sagte ich.
    Sie legte eine Hand auf die Armlehne ihres Sessels und stemmte sich hoch.
    »Er wird vor Ihnen davonlaufen. Er wird Ihnen frech kommen. Weil er nämlich insgeheim ein ängstlicher kleiner Junge is. Tun Sie ihm nix zuleide, bloß weil er ängstlich is«, sagte sie.
    Ich wollte etwas sagen, aber Helen tippte mir an den Arm. Der Zivilfahnder winkte uns von hinten zu. Eine schwarze Strickmütze hing an einem Stock in seiner rechten Hand.

3
    Eine Woche später kam Barbara Shanahan, die stellvertretende Bezirksstaatsanwältin, manchmal auch Dampframmen-Shanahan genannt, in mein Büro, ohne vorher anzuklopfen. Sie war eine stattliche, gut aussehende Frau, über eins achtzig groß, mit weißer Haut, roten Haaren und grünen Augen. Sie trug eine Hornbrille, weiße Strümpfe, ein hellorangefarbenes Kostüm und eine weiße Bluse, und es kam nur selten vor, dass sich die Männer nicht nach ihr umdrehten, wenn sie an ihnen vorbeiging. Aber sie war kratzbürstig wie Stacheldraht und wirkte ohne jeden Anlass ständig wütend und aufgebracht. Die Hingabe, mit der sie Kriminelle und Strafverteidiger in der Luft zerriss, war legendär. Über den Grund für diesen leidenschaftlichen Eifer konnte man allerdings nur Vermutungen anstellen.
    Ich blickte von der Zeitung auf, die ich auf meinem Schreibtisch ausgebreitet hatte.
    »Entschuldigen Sie, dass ich nicht aufstehe. Aber ich habe Sie nicht anklopfen hören«, sagte ich.
    »Ich brauche alles, was Sie zu den Ermittlungen im Mordfall Amanda Boudreau vorliegen haben«, sagte sie.
    »Das ist noch nicht vollständig.«
    »Dann geben Sie mir das, was Sie haben, und halten mich täglich auf dem Laufenden.«
    »Haben Sie den Fall abbekommen?«, fragte ich.
    Sie setzte sich gegenüber von mir hin. Sie blickte auf die kleine goldene Armbanduhr an ihrem Handgelenk, dann wandte sie sich wieder mir zu. »Muss ich Ihnen denn immer alles zweimal sagen«, sagte sie.
    »Der Laborbericht über die Untersuchung der Strickmütze, die wir bei Tee Bobbys Haus gefunden haben, ist gerade eingegangen. Das Rouge und die Hautcreme stammen von Amanda Boudreau«, sagte ich.
    »Gut, dann besorgen wir uns einen Haftbefehl.« Als sie aufstand, ließ sie den Blick kurz auf mir ruhen. »Stimmt irgendwas nicht?«
    »Die Sache haut einfach nicht hin.«
    »An der Kleidung des Verdächtigen befinden sich Spuren des Opfers. Seine Fingerabdrücke sind auf einer Bierdose am Tatort. Aber Sie haben nach wie vor Zweifel?«
    »Die Samenspuren, die man bei dem Mädchen gefunden hat, stammen nicht von Tee Bobby. Der Mann, der die Schüsse gemeldet hat, sagte, in dem Auto hätten drei Leute gesessen. Aber Amandas Freund sagt, er wäre nur von zwei Männern angepöbelt worden. Wo war der andere? Der Freund sagt, er wäre mit einem T-Shirt gefesselt worden. Warum hat er nicht versucht abzuhauen?«
    »Ich habe keine Ahnung. Warum finden Sie das nicht raus?«, sagte sie.
    Ich zögerte, bevor ich wieder das Wort ergriff. »Mir macht noch etwas anderes zu schaffen. Ich kann mir Tee Bobby nicht als Killer vorstellen.«
    »Vielleicht kommt
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