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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge
Autoren: Toni Jordan
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einfach nicken, damit man sie nicht für dumm hält. Und bis dahin hast du auch das Geld. Es wird niemanden mehr interessieren.« Er tätschelt mir die Hand. »Kleine Schwindeleien bringen nichts, Della. So was durchschauen die Leute sofort. Du musst sie so verblüffen, dass sie dir aus der Hand fressen. Lüg nur, wenn es sein muss, aber dann lüg das Blaue vom Himmel herunter.«
    Und das von dem klügsten Menschen, den ich kenne, von dem Mann, der mir beigebracht hat, vorsichtig zu sein. Vor zehn, sogar noch vor fünf Jahren wäre er ein solches Risiko nicht eingegangen. Er hätte die möglichen Konsequenzen bedacht: Carmichael hätte wissen können, dass das Nobelkomitee seine Kandidaten nie vorher informiert, dass es einen anderen Favoriten gibt, oder dass die Preisträger erst in einigen Monaten bekannt gegeben werden. Mit zwei, drei Anrufen könnte man unsere Geschichte auseinandernehmen. Natürlich wird alles funktionieren, aber mit so etwas kommt nur mein Vater mit seinem Können und seiner Erfahrung durch. Ich befürchte, meine Cousins könnten sich ein schlechtes Beispiel an ihm nehmen.
    Â»Ich habe schon in dieser Branche gearbeitet, als es dich noch gar nicht gab.« Er zwinkert mir zu, als würde mich das beruhigen. »Dein alter Herr steckt immer noch voller Überraschungen. Aber wie ist das Bewerbungsgespräch gelaufen?«
    Â»Gut. Metcalf hat mich mit einer Frage überrumpelt. Er wollte wissen, was eine taxonomische Übersicht ist, und ich hab doch nur ein paar Stunden im Internet recherchiert. Also habe ich improvisiert.«
    Â»Interessant. Normalerweise geben Millionäre nicht zu, dass sie irgendwas nicht wissen. Aber deine Antwort hat sicher wunderbar wissenschaftlich geklungen, das ist das Entscheidende. Mit Fachsprache kann man jeden einschüchtern. Aber wichtiger ist: Interessiert sich unser wohlhabender junger Mann für dich?«
    Â»Ja und nein«, antworte ich. »Am Anfang ist es gut gelaufen. Vielsagender Blickkontakt. Während des Gesprächs hat er das Interesse verloren, es hat eine Weile gedauert, ihn wieder einzubinden. Weder hochgezogene Schultern noch offene Handflächen, soweit ich es sehen konnte, aber am Ende hat er lange meine Hand festgehalten. Und er wollte meine Telefonnummer haben.«
    Mein Vater lächelt. »Das klingt doch gut.«
    Ich habe schon vor langer Zeit gemerkt, dass meine Familie nicht so funktioniert wie andere Familien. Zum einen wohnen wir alle zusammen, hier in diesem Haus in der Cumberland Street. So war es immer, und so wird es immer sein. Das Esszimmer ist voll von Erinnerungen an unsere Arbeit und unser Erbe. An einer Wand lächelt mein Vater von gerahmten Fotos, Arm in Arm mit den Reichen und Berühmten: längst verstorbenen Politikern, Filmstars, Wirtschaftsbossen.
    Links von meinem Vater sitzt Ruby. Auch mit über fünfzig verkörpert sie bis in die scharlachrot lackierten Fingernägel die reine Eleganz. Mit ihrer Haltung und ihrem Schwanenhals erinnert sie an eine ehemalige Ballerina. Sie macht sich auf einem kleinen Block Notizen, wie unsere inoffizielle Sekretärin.
    Neben mir sitzen Tante Ava und Onkel Syd. Syd sieht aus wie eine jüngere Version meines Vaters, nur ohne seinen eleganten Charme; im Vergleich wirkt Syd bodenständig und gedrungen. Er trägt immer eine Weste, ob im Sommer oder Winter. Wenn er nicht arbeitet oder im Haus hilft, kümmert er sich um die Orchideen, die das Gewächshaus erobert haben, und schmeichelt ihren gewundenen, trockenen Stängeln feenhafte Blüten ab. Meine Tante Ava ist klein und verhutzelt und hat ein Gesicht voller Sorgenfalten, die über ihre Verschlagenheit hinwegtäuschen. Auf ihren Auftritt als reizende alte Dame sind schon viele Kunden hereingefallen.
    Mein Bruder Sam sitzt am anderen Ende des Tisches, meinem Vater gegenüber. Sein Haar ist nicht rot wie meines, sondern dunkelblond, und seine Jeans sieht so verknittert aus, als wäre er gerade aus dem Bett gefallen. Passend dazu ist sein Haar völlig zerzaust. Sam wirkt ganz entspannt, so als würde er vor sich hin träumen, aber innerlich ist er hellwach, konzentriert sich auf unsere Arbeit, denkt an unsere Zukunft. Irgendwann wird er selbst die Verantwortung für uns alle und dieses Haus tragen, aber noch bricht sich seine rebellische Natur heraus, und er läuft herum wie ein Landstreicher.
    Mir gegenüber sitzen neben Ruby
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