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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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den einflussreichen Kritiker, der Diesseits vom Paradies enthusiastisch besprochen hatte. Sie wurden nicht gerade Freunde, schätzten einander aber. Fitzgerald bewunderte Mencken uneingeschränkt, während Mencken insgeheim seine Zweifel hatte, ob der junge Literat bei seinem Lebensstil noch viel Großes zustande bringen würde.
    Fitzgerald war allerdings ein Meister der Selbstinszenierung. Er gab sich gern als intellektueller Dandy. In einem frühen »Interview«, das er zu Werbezwecken seines Verlags mit sich selbst führte, bezeichnete er sich als literarischen Dieb, der das Beste aller Schriftsteller seiner Generation für seine Zwecke entwende; namentlich erwähnte er dabei H. G. Wells, Samuel Butler, Bernard Shaw, Oscar Wilde, Joseph Conrad, Robert Hichens, Rudyard Kipling und [583] Gilbert Keith Chesterton. In einem »Rechtfertigung des Autors« betitelten Text, den Scribner’s im Mai 1920 als signiertes Blatt in einen Teil der Auflage von Diesseits vom Paradies einlegen ließ, schrieb Fitzgerald, er habe drei Monate gebraucht, um das Buch zu schreiben, drei Minuten, um es zu entwerfen – und ein ganzes Leben, um das in ihm enthaltene Material zu sammeln. Doch nur der letzte Teil des Satzes entspricht der Wahrheit. Weder hat Fitzgerald das Buch in drei Minuten entworfen, noch hat er es in drei Monaten geschrieben, und auch die Behauptung, die Idee sei ihm am 1. Juli 1919 gekommen, ist eine Mystifikation. In Wahrheit setzte er etliche Male neu zu dem Buch an und kämpfte jahrelang mit dem Text, der am Ende aus ganz verschiedenen Überarbeitungsschichten collagiert wurde.
    Die Arbeit am zweiten Roman war eine weniger komplexe Angelegenheit, wurde durch das mondäne Society-Leben und mehrere Umzüge jedoch stark behindert. Während der Erstling, den Fitzgerald in der Zurückgezogenheit seines Elternhauses in St. Paul fertiggestellt hatte, in die Buchhandlungen und Zeitungen kam, versuchte er vergeblich, in seiner unruhigen Hotel-Existenz am Text zu bleiben. Zelda war eine Diva, keine Hausfrau; an ein geordnetes bürgerliches Leben war mit ihr nicht zu denken. Und unmerklich entstand, was alsbald zu einem Teufelskreis werden sollte: Wenn er arbeitete, langweilte sie sich und flirtete mit anderen Männern. Das wiederum machte ihn so eifersüchtig, dass er sich nicht mehr auf seine Arbeit konzentrieren konnte.
    In New York kam Fitzgerald daher mit seinem zweiten Roman nicht vom Fleck. Dagegen schrieb er mit Erster Mai [584] eine seiner stärksten Erzählungen – und die einzige ganz und gar naturalistische. Bruccoli vermutet, dass sie einem aufgegebenen Romanprojekt entstammt. Sie erzählt die Geschichte eines gescheiterten Künstlers in New York, der sich umbringt, nachdem er versucht hat, sich von einem ehemaligen Klassenkameraden, der reich geworden ist, Geld zu leihen, und die Demütigung nicht erträgt. Die düstere Qualität der Erzählung nützte Fitzgerald jedoch wenig: Da sie für die besser zahlenden Magazine zu »pessimistisch« war, musste er sie für 200 Dollar der Zeitschrift The Smart Set überlassen. Die wenigsten der 160 Erzählungen, die Fitzgerald während der verbleibenden 20 Jahre seines Lebens schrieb und zu Höchstpreisen verkaufte – er bezeichnete sich einmal stolz als den bestbezahlten Schriftsteller Amerikas –, haben die Qualität von Erster Mai .
    Er selbst hat sich oft verächtlich über seine Geschichten geäußert, doch sind diese Aussagen nicht immer für bare Münze zu nehmen. Unstrittig ist, dass er sie in erster Linie für Geld schrieb – und dass er hoffte, mit ihnen so viel zu verdienen, dass er jeweils die Hälfte des Jahres ungestört dem Romanschreiben widmen konnte. Doch lässt sich nicht belegen, dass er sie, wie er Hemingway gegenüber laut dessen Erinnerungsbuch Paris – ein Fest fürs Leben gesagt hat, zuerst als »normale« Texte schrieb und dann für den jeweiligen Auftraggeber gezielt trivialisierte. Jedenfalls rissen sich verschiedene Zeitschriften richtiggehend um seine leichteren Texte. Schon 1920, als die Saturday Evening Post ihm 500 Dollar pro Geschichte bezahlte, bot ihm Metropolitan 900 Dollar. Dennoch ging sein Plan nicht auf: Zelda und er verbrauchten das Geld immer schneller, als es [585] hereinkam, an eine längere unbelastete Zeitspanne für den zweiten Roman war nicht zu denken.
    Zudem bekam sein Image bald erste Risse. Der Erfolg von Diesseits vom Paradies bewog Fitzgerald, mit seiner jungen Frau Ende April 1920 gleichsam im Triumph nach
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