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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1)
Autoren: Bernhard Aichner
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sie wieder da, ich habe sie am Kiosk gesehen. Als ich aus dem Zug gestiegen bin, war da ihr Gesicht, beeindruckend, oder?
    – Ich habe gesagt, dass ich nicht darüber reden möchte.
    – Warum nicht?
    – Das ist vorbei, Max, Vergangenheit, Marga hat ihr Leben, ich habe meines.
    – Ist sie in der Stadt?
    – Ich habe keinen Kontakt zu ihr. Und Ende.
    – Das tut mir leid.
    – Das muss es nicht.
    – Witzig, dass sie Model wurde.
    – Das findest du witzig?
    – Ja, die eine Schwester macht die Klamotten, die andere zieht sie an.
    – Müssen wir jetzt wirklich über sie reden? Kannst du nicht einfach damit aufhören?
    – Kann ich.
    –
    –
    – Sie war immer schöner als ich.
    – Mir gefällst du besser. War immer schon so.
    – Was willst du, Max?
    – Was soll ich wollen?
    – Wir sind nicht mehr zusammen.
    – Und? Ich besuche dich, weil ich wissen will, wie dein Leben ist, wie es dir geht. Nichts sonst.
    – Warum machst du mir dann Komplimente?
    – Tue ich das?
    – Max.
    – Ja?
    – Lass es.
    – Wir haben nur über Marga geredet.
    – Du hast über sie geredet.
    – Wir müssen ja nicht über sie sprechen. Erzähl von dir. Wie lebst du so? Was machst du?
    – Sie ist krank, Max.
    – Was hat sie?
    – Bulimie.
    – Was noch?
    – Sie wollte nie sie selbst sein, immer wollte sie jemand anderer sein, nur nicht sie selbst. Du erinnerst dich doch, immer die unzufriedene, kleine Marga, die nie genug bekommt. Sie haben sie kaputt gemacht.
    – Wer?
    – Alle.
    – Was meinst du?
    – Alle, die ihr gesagt haben, dass sie schön ist.
    – Ist Schönsein schlecht?
    – Für Marga schon. Sie war nie etwas anderes. Sie war schön und hat Wurst verkauft, das war alles. Keine Ausbildung, kein Studium, nur Wurst und schöne Haut, lange Beine und dieses Gesicht, und immer Menschen, dir ihr das gesagt haben. Nur dass sie schön ist, nicht dass sie auch klug sein könnte, schnell, geschickt, mutig.
    – Aber sie ist erfolgreich.
    – Sie ist Model. Sie wird dafür bezahlt, wie sie aussieht, und nicht dafür, wie sie ist, was sie kann, was sie aus eigener Kraft schafft.
    – Und du glaubst, darunter leidet sie?
    – Ich weiß es.
    – Und warum hungert sie?
    – Weil sie nicht so sein will, wie sie ist.
    – Nochmal, Emma, sie ist erfolgreich, sehr erfolgreich.
    – Sie steht vor der Kamera und geht über den Laufsteg. Mehr ist es nicht.
    – Ich dachte, das ist Arbeit?
    – Ist es auch, aber du kannst diese Arbeit nur machen, wenn du schön bist, wenn du das richtige Gesicht hast, den richtigen Körper. Es geht nicht um das Laufen, das lernt man, und wenn der Fotograf gut ist, macht er aus jedem einen Star. Schönsein reicht.
    – Ist das nicht zu einfach?
    – Nein, ist es nicht. Ich kenne sie.
    – Du hasst sie.
    – Nein.
    – Doch.
    – Sie war immer eifersüchtig auf mich. Sie hat mir meine Mutter genommen. Du weißt das.
    – Weiß ich das?
    – Ja, Max.
    – Wie geht es deiner Mode? Deinem Atelier?
    – Kennst du diesen Kattnig?
    – Ich dachte, du willst nicht über sie reden.
    – Kennst du ihn?
    – Ja, er organisiert das alles für sie.
    – Er ist nicht gut für sie.
    – Warum?
    – Weil er das mit ihr macht.
    – Was macht er denn?
    – Er macht Geld mit ihr.
    – Das ist sein Beruf, Emma.
    – Er gibt ihr das Gefühl, dass sie etwas Besonderes ist.
    – Ist sie das nicht?
    – Doch, Max, aber nicht, weil sie schön ist.
    – Sondern?
    – Lassen wir das.
    – Sie waren zusammen, er und Marga.
    – Wer sagt das?
    – Deine Mutter. Ich kaufe bei ihr ein.
    – Wie geht es ihr?
    – Sie ist alt. Und sie ist allein.
    – Was soll das jetzt schon wieder?
    – Was soll was?
    – Bist du nach Wien gekommen, um mir Vorwürfe zu machen?
    – Nein. Sie sagt, ich soll dich von ihr grüßen.
    – Warum tust du das?
    – Warum läufst du weg? Sie ist deine Mutter, und Marga ist deine Schwester.
    – Ich laufe nicht weg.
    – Doch, tust du. Zuerst Wien und jetzt London.
    – Ich gehe nach London, weil es gut für meine Arbeit ist. Nur, weil du glaubst, dass das Leben in einem Dorf am Ende der Welt die Erfüllung ist, muss ich das nicht auch tun.
    – Emma, ich will mich nicht streiten.
    – Dann lass das. Du bist seit zehn Minuten hier und ich denke mir, es wäre gut, wenn du wieder gehst.
    – Du gehst also wirklich nach London?
    – Ja.
    – Wann?
    – Bald. Ich habe ein sehr gutes Angebot.
    – Schön für dich.
    – Und du?
    – Ich grabe Gräber.
    – Hast du jemanden?
    – Was meinst du?
    – Ob du mit jemandem
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