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Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Autoren: Robert Louis Stevenson
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uns anboten, für kleine Geldstücke zu tauchen.
    Der Anblick so vieler lustiger Gesichter (besonders der Schwarzen), der Geschmack der Tropenfrüchte und vor allen Dingen der Anblick der Lichter von der Stadt her – das alles bildete einen zauberhaften Gegensatz zu unseren düsteren und blutigen Erlebnissen auf der Insel. Der Doktor und der Squire gingen an Land, um den Abend in der Stadt zu verbringen, und nahmen mich mit. Hier trafen sie den Kapitän eines englischen Kriegsschiffes, kamen mit ihm ins Gespräch und gingen an Bord seines Schiffes, wo wir so freundlich bewirtet wurden, daß der Tag bereits angebrochen war, als wir wieder an der Hispaniola anlegten.
    Ben Gunn war allein auf Deck. Sobald wir an Bord kamen, begann er unter den wunderlichsten Verrenkungen seines Leibes ein Geständnis abzulegen: Silver war fort! Ben war ihm behilflich gewesen, ein paar Stunden vorher, in einem Hafenboot zu entwischen, und er versicherte uns jetzt, er hätte das nur getan, um unsere Leben zu schützen, die sicherlich verwirkt gewesen wären, »wenn der Mann mit dem einen Bein an Bord geblieben wäre«.
    Aber das war noch nicht alles! Der Schiffskoch war nicht mit leeren Händen fortgegangen. Er hatte, ohne daß jemand es gemerkt hatte, eine Planke durchgesägt und einen von den Geldsäcken an sich genommen, um ein bißchen Reisegeld zu haben. Der Beutel enthielt vielleicht drei- oder vierhundert Guineen.
    Ich denke, wir waren alle froh, daß wir ihn so billig los wurden.
    Na, um eine lange Geschichte kurz zu beenden: wir bekamen ein paar Mann an Bord, hatten eine gute Heimfahrt, und die Hispaniola traf in Bristol ein, als Herr Blandly gerade dran dachte, das zweite Schiff auszurüsten. Nur fünf Menschen von allen, die auf der Hispaniola ausgesegelt waren, kamen auf ihr nach Hause.
    »Suff und der Teufel holten den Rest« – das konnte man wohl sagen! Allerdings war es uns nicht ganz so schlimm gegangen, wie jenem anderen Schiff, von dem es in dem Liede hieß:
    ›Nur ein einziger Mann am Leben blieb
    Von fünfundsiebzig an Bord!‹
    Jeder bekam einen reichlichen Anteil von dem Schatz und wandte ihn weise oder töricht an, je nach seiner Veranlagung.
    Kapitän Smollett hat sich jetzt vom Seeleben zurückgezogen.
    Gray legte nicht nur sein Geld auf die Kante, sondern er fing an, eifrig seinen Beruf zu studieren, da in ihm plötzlich der Wunsch erwachte, es weiter zu bringen; er ist jetzt Steuermann und Mitbesitzer eines schönen Vollschiffs; außerdem ist er verheiratet und Familienvater. Ben Gunn bekam tausend Pfund, die er in drei Wochen vergeudete oder verlor – oder genauer gesagt: in neunzehn Tagen; denn am zwanzigsten war er wieder da und bettelte uns an. Da bekam er einen Posten als Parktorwächter, genau so, wie er auf der Insel es vorausgesehen hatte. Er ist noch am Leben, ein großer Liebling aller Kinder, obgleich sie sich manchmal über ihn lustig machen, und ein hervorragender Kirchensänger an allen Sonn- und Feiertagen.
    Von Silver haben wir nichts mehr gehört. Der gefährliche Seemann mit dem einen Bein ist spurlos aus meinem Leben verschwunden; aber ich vermute, daß er seine alte Negerin wieder getroffen hat; vielleicht lebt er noch ganz behaglich mit ihr und seinem Papagei, Käpp’n Flint, zusammen. Man muß es wohl hoffen – denn seine Aussichten auf Behaglichkeit in einer anderen Welt sind sehr gering.
    Die Silberbarren und die Waffen liegen, soviel ich weiß, noch an derselben Stelle, wo Flint sie vergraben hatte; und sicherlich sollen sie meinetwegen dort liegen bleiben. Ochsen und Wagenseil könnten mich nicht mehr auf diese verfluchte Insel bringen, und meine schlimmsten Träume sind es, wenn ich die Brandung am Strande der Schatzinsel donnern höre, oder wenn ich im Bett auffahre und Käpp’n Flints gellende Stimme mir noch in den Ohren klingt: »Piaster! Piaster!«

Anhang
    Editorische Notiz
    Der vorliegende Text basiert auf folgender, geringfügig überarbeiteter Übersetzung von Heinrich Conrad (1866–1919): Robert Louis Stevenson: Gesammelte Werke. Übersetzt und eingeleitet von Heinrich Conrad. Zweiter Band: Die Schatzinsel. München 1918.

Daten zu Leben und Werk
1850
13. November: Robert Louis Balfour Stevenson wird in Edinburgh, Schottland, als Sohn des Ingenieurs und Leuchtturmbauers Thomas Stevenson und seiner Frau Margaret Isabella Stevenson, geb. Balfour, geboren.

1852
Die Eltern engagieren die Kinderpflegerin Alison Cummingham, genannt »Cummy«, deren strenger
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