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Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen

Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen

Titel: Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
Autoren: Licia Troisi
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unter dem Dach im Palast getan hatte, die Arme um den Hals. »Sind wir tot?«, fragte sie. Learco vergrub sein Gesicht an ihrem Hals und atmete den bitter-süßen Geruch ihrer Haut ein, einen Duft, den er nie wieder zu kosten geglaubt hatte. »Nein, und das haben wir dir zu verdanken.«
    »Ich will dich nie mehr verlieren«, schluchzte sie und weinte wie ein kleines Mädchen. »Ohne dich kann ich nicht sein.«
    Learco nahm sie noch fester in den Arm. »Das wird auch nie mehr geschehen«, raunte er ihr ins Ohr.
    San rührte sich erst, als das grelle Licht schon eine Weile erloschen war. Die anderen schienen ihn vergessen zu haben. Aber was hatte er für Ängste ausgestanden! Zunächst beim Anblick dieses riesengroßen Ungeheuers, dann während des mächtigen Zaubers, den das blonde Mädchen mit der Lanze bewirkt hatte. Er hatte sich an Learco gedrückt und nichts anderes denken können als diesen einen Gedanken: Das ist alles meine Schuld! Das ist alles meine Schuld!  Als er jetzt den Blick durch den Saal mit all den zerfetzten Leichen schweifen ließ, drehte es ihm den Magen um. Dabei waren es doch alles Assassinen, und genau dieses Bild hatte er sich auf dem langen Weg hierher immer wieder vorgestellt: die Gilde vernichtet am Boden. Doch in seinen Träumen hatte es nicht diesen unerträglichen säuerlichen Gestank gegeben, nicht dieses Blut, dieses Grauen. Keinerlei Genugtuung rief dieser Anblick bei ihm hervor, denn nun ging ihm erst der ganze Irrsinn seines Vorhabens auf. Es war nicht nur verrückt, dass er seine Kräfte so überschätzt und sich allein zum Bau der Gilde aufgemacht hatte, ohne den Hauch einer Chance, sein Vorhaben erfolgreich zu Ende zu führen. Nein, falsch war es auch, dass er sich solch ein Blutbad herbeigesehnt und sich von seinen Rachegelüsten hatte beherrschen lassen. Endlich verstand er, was Ido ihm immer wieder hatte klarmachen wollen. Fühlte er sich nun tatsächlich besser, da die Gilde vernichtet war? Schenkten diese zerfleischten Leichen seinen Eltern wirklich Frieden?
    Der Druck, der seit der Ermordung seiner Eltern durch die Assassinen auf seiner Brust lag, war immer noch da, und keines dieser Opfer hatte es vermocht, ihn davon zu befreien. Dies war also nicht der richtige Weg, um inneren Frieden zu finden.
    Er war verzweifelt. Mit seiner Entscheidung hatte er alles nur noch schlimmer gemacht: Seine Wunde war nicht geheilt, und jetzt musste er auch noch mit den bitteren Schuldgefühlen, weil er sich so falsch verhalten hatte, zurechtkommen. Sein Großvater lag reglos am Boden, die Arme ausgebreitet und mit einer unbeschreiblichen Blässe im Gesicht. Dennoch wirkte seine Miene ausgesprochen gelöst wie bei einem Menschen, der endlich seinen Frieden gefunden hat. Meine Familie, mein einziger Verwandter ..., dachte San. Die letzten Worte, die er ihn hatte sprechen hören, fielen ihm ein, damals in Laodamea an dem Tag, als sie sich auch zum ersten Mal sahen. Wenn alles ausgestanden sei, würden sie beide zusammenleben, hatte er zu ihm gesagt.
    San fragte sich, ob er jetzt traurig sein müsste, aber eigentlich empfand er nichts. Nur ein vages Gefühl des Bedauerns, dass jetzt doch nicht Wirklichkeit wurde, was hätte sein können. Nun war er tatsächlich ganz allein.
    Benommen durchstreifte er das Schlachtfeld. Wie willenlose Dämonen taumelten die wenigen Überlebenden umher. Aber er beachtete sie nicht. Er musst dort raus, brauchte Luft zum Atmen.
    Ido.
    Ihn wollte er gern sehen. All das, was er gerade erlebt hatte, würde von seinem Schrecken verlieren, wenn der Gnom bei ihm war. Ido würde seinen Schmerz teilen und die richtigen Worte finden, um den unerträglichen Druck, der ihm die Brust einschnürte, zu lockern. Idos Vergebung würde es schaffen, seinen Schmerz zu lindern.
    Uber eine Treppe verließ er den Bau und fand sich in den Ruinen des Tempels wieder. Das Gebäude, das er nur wenige Tage zuvor noch durchquert hatte, existierte praktisch nicht mehr. In der immerwährenden Nacht dieses Landes loderten an vielen Stellen noch die Flammen, und er musste husten, weil Rauch sowie der scharfe Brandgestank in seine Lungen eindrangen. Zwischen Säulen, die gefällt waren oder, kein Dach mehr tragend, zum Himmel aufragten, streifte er durch das Hauptschiff. Auch die Thenaar-Statue war gestürzt worden. Nur der Rumpf schaute noch aus dem Schutt hervor, während der Kopf zerborsten war.
    Ido.
    Durch das Hauptportal verließ San den Tempel und blickte über die Ebene. Nicht weit entfernt
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