Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Satansbraut

Titel: Die Satansbraut
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
den ganzen Morgen über mit Emile zu Pferde die Plantage besichtigt hatte. Wahrscheinlich hatte er sich jetzt an irgendeinen kühlen Ort verkrochen. Und tatsächlich fand Grayson ihn auf der Veranda vor dem Billardzimmer. Er saß mit geschlossenen Augen im tiefsten Schatten, an der einzigen Stelle, wo immer eine Brise spürbar war. »Ryder, es geht um eine Einladung«, sagte Samuel leise, für den Fall, daß der junge Mann eingeschlafen war. »Eine Einladung von Theodore Burgess. Am Freitag soll in Camille Hall ein Ball stattfinden, und Sie sind der Ehrengast.«
    »Ein Ball!« Ryder riß die Augen weit auf. »Mein Gott, Samuel, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, bei dieser infernalischen Hitze zu tanzen. Das kann dieser Burgess doch nicht ernst meinen.«
    »Sklaven werden die ganze Zeit über mit Palmenwedeln fächeln, um die Luft zu bewegen. Außerdem ist der Ballsaal von Camille Hall, genau wie der hiesige, mit riesigen Türen vom Boden bis zur Decke ausgestattet. Ich verspreche Ihnen, daß es ganz angenehm sein wird.«
    Ryder schwieg einen Moment lang. Er dachte über die Frau nach, die mit drei Männern schlief, und verspürte Lust, sie kennenzulernen.
    »Ein Junge wartet auf Ihre Antwort, Sir.«
    Ryder schenkte ihm ein mattes Lächeln. »Selbstverständlich gehen wir hin.«
    Grayson zog sich zurück, um die Einladung schriftlich anzunehmen, und Ryder schloß wieder die Augen. Er scheute jede Bewegung in dieser Hitze. Schwimmen war nicht möglich, solange die Sonne ihre volle sengende Glut entfachte; er hatte an Gesicht und Armen ohnehin schon einen leichten Sonnenbrand. Deshalb saß er ruhig da, und bald schlief er ein.
    Als er aufwachte, waren die Nachmittagsschatten schon ziemlich lang, und Emile saß mit weit von sich gestreckten Beinen neben ihm.
    »Dein Vater hat gesagt, daß ich mich an die Hitze gewöhnen würde«, knurrte Ryder, »aber ich glaube, er schwindelt.«
    »Ein bißchen gewöhnt man sich daran«, erwiderte Emile. »Aber die Sommer sind mörderisch.«
    »Es muß doch sogar für Sex viel zu heiß sein, oder?«
    Emile lachte. »So ist es. Wie ich gehört habe, sind wir am Freitagabend zu einem Ball in Camille Hall eingeladen.«
    »Ja, ich soll geehrt werden. Allerdings würde ich viel lieber schwimmen oder wieder versuchen, eine Kokospalme zu erklimmen; ja, ich würde sogar lieber einen in Laken gehüllten Schurken jagen.«
    Emile grinste. »Es wird bestimmt ganz amüsant, Ryder. Du wirst alle Pflanzer und Kaufleute von Montego Bay sowie deren Gemahlinnen kennenlernen, und du wirst soviel Klatsch zu hören bekommen, daß dir die Ohren dröhnen werden. Weißt du, es gibt hier kaum etwas anderes zu tun, es sei denn, man ergötzt sich am Rum, wozu die meisten bedauerlicherweise neigen. Außerdem ist Vater begeistert von Sophie Stanton-Greville, und sie ist Burgess' Nichte und die Gastgeberin beim Ball. Ich zweifle nicht daran, daß Vater jeden Mann zum Duell fordern würde, der es wagte, in seiner Gegenwart etwas Abfälliges über seine Göttin zu äußern.«
    »Und dabei soll sie doch eine Hure sein ...«
    »Ja«, sagte Emile, ohne Ryder anzusehen, »das ist die allgemeine Meinung.«
    »Dir mißfällt das offenbar. Du kennst sie wohl schon lange?«
    »Ihre Eltern sind vor vier Jahren auf der Rückreise von Amerika nach England bei einem Sturm ertrunken. Sophie und ihr Bruder Jeremy kamen unter die Vormundschaft von Theodore Burgess, dem jüngeren Bruder ihrer Mutter. Als Sophie herkam, war sie fünfzehn. Jetzt ist sie neunzehn, fast zwanzig, und vor etwas über einem Jahr fingen diese Männergeschichten an. Du hast recht — mir mißfällt das. Vor allem aber bin ich sehr enttäuscht. Ich hatte sie gern. Sie war ein lebhaftes, geistreiches Mädchen, ausgelassen, ohne Falsch und Eitelkeit. Ich dachte sogar, wie könnten eines Tages ... aber das ist jetzt nicht mehr wichtig.«
    »Du weißt also genau, daß diese Gerüchte stimmen?«
    »Sie trifft ihre Liebhaber in einer kleinen Hütte am Strand. Ich war einmal zufällig dort, nachdem sie die Nacht mit Lord David Lochridge verbracht hatte. David war noch da, nackt, und der Ort roch durchdringend nach Sex. Er trank einen Rumpunsch und schien sehr zufrieden mit sich zu sein. Allerdings war er ziemlich betrunken, was mich wunderte, weil es erst neun Uhr morgens war. Er erzählte sehr offen von ihr, von ihren weiblichen Attributen, ihren Liebeskünsten, ihrer kühnen Nichtbeachtung aller Konventionen.«
    »Die Frau war aber nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher