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Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)

Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)

Titel: Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
Autoren: Corina Bomann
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Holzeimer würde kaum ausreichen für all das Holz und Reisig, das ich benötigte.
    Kurz fragte ich mich, ob der Todesgeist dort noch immer lauern würde. Ob er darüber spotten würde, dass das von ihm vorhergesagte Unglück eingetroffen war.
    Doch wenn er das tat, so würde ich nicht darauf hören. Ich würde so tun, als sei er Luft. Angst, dass er mich berühren könnte, hatte ich nicht, denn wenn er sich schon über die Erfüllung des ersten Teils der Prophezeiung freute, so würde er sicher erpicht sein, auch die zweite Hälfte in Erfüllung gehen zu lassen.
    Als ich den Wald betrat, bekam ich es allerdings doch mit der Angst zu tun.
    Einmal meinte ich, das Echo von Hufschlägen zwischen den Baumstämmen zu vernehmen, und duckte mich schnell hinter einen verschneiten Baumstumpf. Dort verharrte ich eine ganze Weile, bis ich sicher war, dass keine Reiter auftauchten. Dann setzte ich meinen Weg fort, bis ich zu der Stelle gelangte, an der mir der Totengeist erschienen war.
    Diesmal fand ich mit sicherer Hand das Holz, das kein Wasser führte. Dafür kamen mir jetzt wieder die Tränen. War es möglich, dass ich das Wasser mit der Hand aus dem Holz zog und es mir dann aus den Augen lief? Nein, es war einfach nur die Trauer.
    Als ich Vaters Gewand so weit gefüllt hatte, dass nicht einmal mehr ein Zweig darauf passte, band ich die Ärmel zusammen und zog das Bündel hinter mir her.
    Inzwischen kündigte ein roter Saum am dunkelgrauen Himmel an, dass der Abend nahte. Die Sonne, die sich den ganzen Tag über nicht hatte sehen lassen, begab sich zur Ruhe.
    Als das Feuer in den Nachthimmel loderte, bat ich in Gedanken die Götter, dass sie meine Familie auf den einen oder anderen Weg leiteten, und ich versprach, ihr Andenken auf ewig zu ehren. Ich hatte keine Ahnung, wie eine echte Totenzeremonie aussah, wenn sie von den Schreinpriestern durchgeführt wurde, doch meinem Herzen erschien die Art und Weise richtig.
    Schließlich setzte ich mich in den Schnee. Bei diesem Wetter draußen zu schlafen war gefährlich, leicht konnte man erfrieren. Doch der Schein des Feuers wärmte mich, und das Brennen in meiner Brust, Zorn und Trauer, die miteinander rangen, vertrieb meine Müdigkeit.
    Ich musste dem Kaiser in Heian von dieser Ungerechtigkeit berichten! Ich musste die Mörder finden und verlangen, dass sie von ihm zur Rechenschaft gezogen wurden. Wehrlose Menschen zu töten war auch für einen Krieger eine Schande, davon war ich überzeugt. Mein Hass trieb mich gar zu der Vorstellung, dass die Steuereintreiber samt und sonders dem Kaiser ihr Leben anboten und er diese Gabe mit einem achtlosen Winken annahm. Ich stellte mir vor, wie die Klingen ihrer Tanto tief ins Fleisch drangen und die Mörder ihre Schmerzen so laut herausschrien, dass die Krähen von den Dächern aufstoben.
    Doch würde das wirklich geschehen? Und war das eine angemessene Rache?
    Darüber dachte ich lange nach, während ich im Schnee lag, frierend, dem Tod wehrlos ausgeliefert. Doch Enmas Diener erschien mir nicht noch einmal, und als ich mit Eis auf Wangen und Augenbrauen erwachte, glitt warmer Atem durch meine Kehle.
    Am nächsten Morgen, als sich eine rote Sonne hinter weißen Dunstschleiern erhob, machte ich mich in den Trümmern der Hütte auf die Suche nach Brauchbarem, das ich mitnehmen konnte. Viel fand ich nicht, was mir beim Überleben helfen würde, aber in dem kleinen Schuppen neben der Hütte trieb ich immerhin einen Topf, ein Messer, eine kleine Axt, eine alte Decke und auch etwas Reis auf, den die Steuereintreiber anscheinend übersehen hatten. All das band ich in ein Tuch. Wohin ich gehen sollte, wusste ich nicht.
    Im Dorf würde mich niemand haben wollen, aber wenn ich nicht vorher im Schnee erfror, würde ich es vielleicht nach Heian schaffen und dort dem Kaiser von der Willkür seiner Steuereintreiber erzählen. Er musste doch einsehen, dass Bauern, die arm waren, zwar nicht viel einbrachten, tote Bauern jedoch noch viel weniger.
    Vielleicht gelang es mir, mich irgendwo als Magd zu verdingen. Bis dahin würde ich Wurzeln suchen oder in den Wäldern jagen.
    Beim Fortgehen blickte ich mich noch einmal nach den Trümmern der Hütte und den Gräbern um. Die Stimme des Todes war in meinem Ohr, aber diesmal forderte sie mich nicht auf, nach den Throninsignien zu suchen. Sie forderte von mir, dass ich Rache für meine Familie nahm. Und wieder spürte ich den dunklen Strudel in meinem Herzen, doch jetzt drängte ich ihn zurück und versuchte, mich
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