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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht
Autoren: Maja Winter
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An Festtagen war Ilan Dor Hojan meist besonders gereizter Stimmung. Auch die beiden Prinzen beugten die Knie und senkten die Köpfe. Sie waren die Einzigen, die sich nicht auf dem Boden ausstrecken mussten, denn in ihnen floss dasselbe königliche Blut wie in den Adern des Herrschers von Terajalas. Vor niemandem pressten sie die Stirn auf die kalten Marmorplatten.
    Â» Er ist schlechter Laune « , flüsterte Tahan, der zwischen seinen Haarsträhnen hindurch das Königspaar beobachtete. » Ich hoffe nur, Gurija hat nicht gepetzt. «
    Hinter dem Tyrannen und seiner Gattin stolzierten die Zwillinge. Die jüngsten Kinder des Monarchen waren bald zu alt, um die Schleppe zu tragen. Trotz furchte die Stirn von Gurija, der jüngsten Schwester– eines der wenigen Mädchen in diesem Schloss, das ein stundenlanges Streitgespräch mit Tahan durchhielt, ohne schluchzend davonzurennen. Wenn nicht gar das Einzige. Sie gerieten so häufig aneinander, dass die Königin ihnen mittlerweile befohlen hatte, sich aus dem Weg zu gehen.
    Die Kleine war erst zwölf und bettelte trotzdem unablässig darum, an Tahans privaten Feierlichkeiten teilnehmen zu dürfen. Durch geschicktes Nachfragen unter den anderen jungen Adligen und sogar unter den Sklaven hatte sie bereits herausgefunden, dass Banoa zu den festen Bestandteilen dieser Abende gehörte, und es war ihr zuzutrauen, dass sie ihn aus lauter Gehässigkeit verpfiff. Das Schwarze Wasser war streng verboten, dennoch war es ein offenes Geheimnis, dass die jungen Leute ausgiebig davon tranken. Womöglich war dies auch längst dem König zu Ohren gekommen, aber erst wenn jemand es laut aussprach, würde Ilan Dor Hojan handeln müssen.
    Nein, es war nicht sehr schade, wenn Gurija den übrig gebliebenen goldenen Hund mit ihrer Zwillingsschwester Hartet teilen musste.
    Tahan dämmerte weg, während der Zeremonienmeister die vorgeschriebenen Sätze aufsagte, in regelmäßigen Abständen unterbrochen vom Klang der Zeremonienglocke. Sechzehn junge Männer führten einen Tanz auf, der ihm nur ein Gähnen entlockte. Der Austausch der Familiengeschenke erfolgte vor den Augen aller Anwesenden nach einem genau festgelegten Ritual.
    Hartet lächelte ihn an, als er ihr die Figur in die Hände legte.
    Â» Und ich? « , zischte Prinzessin Gurija.
    Â» Der Wiramhund ist die stärkste Figur « , erklärte Widian mit Nachdruck. » Einer ist genug für euch beide. Er stellt eure Einheit dar– Hund und Löwe. «
    Hartet blinzelte eine Träne weg, und Tahan spürte den strengen Blick seiner Mutter auf sich.
    Ehrfürchtiges Gemurmel ertönte im Saal, als Prinz Meriwan seine Geschenke verteilte und im Gegenzug den geschnitzten und vergoldeten Berglöwen erhielt, das Zeichen des Schwerttänzers von Jakont. Er lächelte, immer freundlich, immer bescheiden, und Tahan wünschte sich, sein Onkel würde stolpern oder sich bei den rituellen Glückwünschen verhaspeln, aber natürlich tat er das nicht. Neben ihm knurrte Widian etwas Unverständliches.
    Die Fürsten traten vor, überreichten ihre Gaben.
    Als die Glocke für die fremdländischen Würdenträger ertönte, beschlich Tahan ein seltsames Unwohlsein. Er hatte etwas vergessen, etwas Wichtiges. Leider konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern, was diese bösen Ahnungen zu bedeuten hatten.
    Der Gesandte aus Par trug einen lächerlich langen Bart. Warum schickten sie nie junge Männer oder hübsche Frauen? Immer waren es alte, verknöcherte Gesellen, die mit dem König endlos lange Gespräche führten. Wenn Tahan dabei sein musste, döste er meistens vor sich hin.
    Der Botschafter trat vor, in der Hand eine schmale, intarsienverzierte Schachtel. » Die Gabe Ihrer Majestät, der Kaiserin von Par… « Die Art, wie er die Silben betonte, tat in den Ohren weh.
    Der Alte legte die Hand an den Deckel, klappte die Schachtel auf– und schrie erschrocken auf, als die erste Heuschrecke hinaussprang. Dann die zweite. Er ließ das Kästchen fallen, woraufhin hundert winzige bunte Heuschrecken über den Marmorboden hüpften.
    Die Prinzessinnen kreischten und stoben davon. Nur der alte Mann blieb wie angewurzelt stehen.
    Im nächsten Moment krachte das Kerzenrad von der Decke, genau dorthin, wo der Gesandte, stocksteif vor Schreck, immer noch stand. Der breite Eisenrand schlug auf dem Boden auf,
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