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Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Titel: Die Rückkehr des Sherlock Holmes
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Teppich verschoben wurde?«
    »Nun, Sir, er war tatsächlich ein bißchen in Unordnung, als ich zurückkam. Sehen Sie, sie ist darauf gefallen, und er liegt auf einem polierten Boden und ist nirgends festgemacht. Ich habe ihn dann wieder glattgezogen.«
    »Das soll Ihnen eine Lehre sein, daß Sie mich nicht hintergehen können, Constable MacPherson«, sagte Lestrade würdevoll. »Sie haben zweifellos geglaubt, Ihr Pflichtvergehen könne niemals ans Licht kommen, und doch hat mich ein bloßer Blick auf diesen Läufer zu der Überzeugung gebracht, daß jemand in dieses Zimmer hereingelassen wurde. Sie haben Glück, mein lieber Mann, daß nichts fehlt, sonst würden Sie ganz schon in der Tinte sitzen. Tut mir leid, daß ich Sie wegen einer solchen Bagatelle herbestellt habe, Mr. Holmes, aber ich habe gedacht, die Sache mit dem zweiten Fleck, der nicht unter dem ersten liegt, könnte Sie interessieren.«
    »Dies war in der Tat sehr interessant. Ist diese Frau nur einmal hier gewesen, Constable?«
    »Ja, Sir, nur einmal.«
    »Wer war sie?«
    »Den Namen weiß ich nicht, Sir. Sie kam wegen einer Stelle als Maschinenschreiberin und hat sich in der Hausnummer geirrt – eine sehr freundliche, elegante Frau, Sir.«
    »Groß? Hübsch?«
    »Ja, Sir; sie war eine gutgewachsene junge Frau. Einige würden sie wohl als sehr hübsch bezeichnen. ›Ach, Officer, lassen Sie mich doch einen Blick hineinwerfen!‹ hat sie gesagt. Sie hatte so eine nette, einschmeichelnde Art, wie man so sagt, und ich fand nichts Schlimmes dabei, sie bloß mal kurz reinsehen zu lassen.«
    »Wie war sie gekleidet?«
    »Unauffällig, Sir – trug einen langen Mantel, der bis zum Boden ging.«
    »Um welche Zeit war das?«
    »Es fing gerade an zu dämmern. Als ich mit dem Brandy zurückkam, wurden die Laternen angezündet.«
    »Sehr schön«, sagte Holmes. »Kommen Sie, Watson, ich denke, woanders haben wir Wichtigeres zu tun.«
    Als wir gingen, blieb Lestrade in dem Vorderzimmer, während der zerknirschte Constable uns an die Tür brachte und hinausließ. Auf der Treppe drehte Holmes sich um und hielt ihm etwas entgegen. Der Polizist starrte es gebannt an.
    »Großer Gott, Sir!« rief er völlig verblüfft. Holmes legte einen Finger an die Lippen, steckte seine Hand wieder in die Brusttasche und brach in Gelächter aus, als wir in die Straße bogen. »Ausgezeichnet!« sagte er. »Kommen Sie, Freund Watson, der Vorhang hebt sich für den letzten Akt. Es wird Sie beruhigen zu hören, daß es keinen Krieg geben wird, daß der Sehr Ehrenwerte Trelawney Hope keinen Rückschlag in seiner glänzenden Karriere erleiden wird, daß der unbesonnene Souverän für seine Unbesonnenheit nicht bestraft werden wird, daß der Premierminister keine europäische Verwicklung zu bewältigen haben wird, und daß mit ein wenig Takt und Geschicklichkeit von unserer Seite diese Affaire, die durchaus häßlich hätte enden können, niemand auch nur im geringsten zu Schaden bringen wird.«
    Mein Geist füllte sich mit Bewunderung für diesen außerordentlichen Mann.
    »Sie haben es gelöst!« rief ich aus.
    »Das wohl kaum, Watson. Es gibt da noch immer ein paar dunkle Punkte. Aber wir wissen jetzt so viel, daß wir selbst schuld sein werden, wenn wir den Rest nicht herausbringen können. Wir gehen jetzt direkt nach Whitehall Terrace und bringen die Sache zur Entscheidung.«
    Als wir in der Residenz des Europa-Ministers anlangten, erkundigte Sherlock Holmes sich nach Lady Hilda Trelawney Hope. Wir wurden in das Damenzimmer geführt.
    »Mr. Holmes!« sagte die Lady, und ihr Gesicht war rosa vor Entrüstung, »das ist nun aber wirklich ganz und gar nicht fair und edelmütig von Ihnen. Ich habe Ihnen erklärt, daß ich meinen Besuch bei Ihnen geheimzuhalten wünschte, damit mein Mann nicht auf den Gedanken käme, ich würde mich in seine Angelegenheiten einmischen. Und doch kompromittieren Sie mich, indem Sie hier auftauchen und damit dartun, daß zwischen uns geschäftliche Beziehungen bestehen.«
    »Es war mir unglücklicherweise nicht anders möglich, Madam. Ich bin mit der Auffindung dieses immens wichtigen Papiers beauftragt. Ich muß Sie daher bitten, Madam, seien Sie so freundlich und händigen Sie es mir aus.«
    Die Lady sprang auf, und alle Farbe war im Augenblick aus ihrem schönen Gesicht gewichen. Sie sah uns mit glasigen Augen an – taumelte – ich glaubte, sie würde in Ohnmacht fallen. Dann erholte sie sich mit großer Mühe von dem Schrecken, und eine Miene der
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