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Die rote Schleife

Die rote Schleife

Titel: Die rote Schleife
Autoren: edition zweihorn GmbH & Co. KG
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Schlamassels bewusst. Wie schnell konnte sich ein Leben ändern! Vor zehn Minuten war eigentlich noch alles in bester Ordnung gewesen. Dorothee! Sie saß jetzt zu Hause und ahnte nichts Böses.
    Dr. Schirmer schob seine Unterlippe leicht vor. Sein Kopf wippte kaum sichtbar. „Du musst ihr natürlich sofort erzählen, was los ist. Sollen wir deine Eltern reinholen?“
    Maximilian wollteaufschreien, nahm sich aber zusammen und sagte mühsam beherrscht: „Nein, die dürfen das nicht mitbekommen. Das geht nicht!“
    „Es sind deine Eltern. Wenigstens ihnen musst du vertrauen. Außerdem, wie willst du ihnen erklären, dass noch weitere Untersuchungen anstehen? Eventuell musst du jeden Tag Tabletten einnehmen.“
    „Können wir ihnen nichts anderes erzählen? So etwas wie ...“ Maximilian blickte verzweifelt um sich. Ein Skelett grinste ihn aus einer Ecke des Zimmers hämisch an. „Blutkrebs!“
    Dr. Schirmer schüttelte den Kopf. „Lügen haben kurze Beine, das weißt du doch. Früher oder später kommt es sowieso heraus.“
    „Aber Jana bleibt draußen!“ Wenn Jana es mitbekam, würde es umgehend die ganze Schule wissen. Dann könnte er gleich einpacken.
    „Wie du willst!“
    Maximilians Eltern rutschten auf den Stühlen hin und her. Die Zeit vor der Tür war schlimm genug gewesen. Warum sagte Dr. Schirmer nicht sofort, was los war?
    „Was ist denn nun?“, fragte Maximilians Vater, der es nicht aushalten konnte.
    „Nun“, setzte Dr. Schirmer an, „die Blutuntersuchung von heute Nachmittag hat ergeben, dass Max HIV-positiv ist!“
    Maximilian hatte die Augen fest zugekniffen. Er wollte das Entsetzen in den Augen seiner Eltern nicht sehen. Er hörte,wie seine Mutter schluckte. „HIV?“, rief sie. Die nachfolgende Stille wurde durch ein lautes Klirren zerrissen. Als Maximilian seine Augen öffnete, sah er sein Wasserglas zersprungen auf dem Boden liegen. Die Tür ging auf und Jana trat ein. „Was ist HIV?“, fragte sie. Maximilian gefror das Blut in den Adern. Seine blöde Schwester hatte an der Tür gelauscht.

3.
    Maximilian saß mit seiner Familie am Esstisch in der Küche. Jana ihm gegenüber, seine Mutter rechts und sein Vater links von ihm. Er fühlte sich eingeengt, wartete auf ein Verhör, wie ein Angeklagter auf der Bank. Aber keiner traute sich etwas zu sagen. Vor jedem stand eine Tasse Kräutertee. „Für die Nerven“, hatte seine Mutter gesagt, bevor sie das Wasser aufkochen ließ.
    Es vergingen etliche Minuten, ehe Jana die Stille beendete. „Ich möchte ein eigenes Klo!“
    „Jana!“ Ihre Mutter wies sie scharf zurück. „Dafür gibt es überhaupt keinen Grund. Hast du vergessen, was Dr. Schirmer gesagt hat?“
    Jana biss ihre Zähne zusammen. Maximilian starrte mit leerem Blick auf die Tischplatte. Es waren noch keine zwei Stunden vergangen, da ging es schon los. Wenn seine Schwester ihn mied, was würden seine Freunde dann sagen? Wie konnte er Leon einweihen? Würde der nicht sofort abhauen? Die Freundschaft wäre tot, aus und vorbei. Maximilians Mutter legte einen Arm um ihn.
    „Keiner lässt dich hängen, Junge. Wir halten zusammen, als Familie. Daran darfst du nicht zweifeln. Dein Weg ist auch unser Weg.“
    Maximilian antwortete nicht. Wie durch ein Wunder hatte er noch keine Schuldzuweisungen bekommen. Sie hatten ihn nicht mal gefragt, wie und wo er sich
    angesteckt haben konnte.Als hätte sein Vater Maximilians Gedanken gelesen, stellte er ihm nun genau diese Frage.
    „Woher hast du das?“
    Maximilian schaute in die Augen seines Vaters. Was mochte er denken? Befürchtete er, dass sein Sohn vielleicht schwul war? Oder ein Fixer und sich heimlich mit Drogen vollgepumpt hatte. Aber der Blick war frei von jeglicher Anklage. Eher neugierig.
    „Ich weiß es nicht.“
    Maximilians Mutter schüttelte den Kopf und seufzte.
    „Dann muss es von Dorothee kommen. Das kann ich mir kaum vorstellen.“
    „Nein!“, entfuhr es Maximilian. „Das ist nicht fair. Wenn hier einer Mist gebaut hat, dann ich. Dorothee weiß noch nicht mal etwas davon. Wahrscheinlich war es Lydia.“
    „Lydia?“
    „Ihr kennt sie nicht. Ich kenne sie ja selbst nicht, Mann.“ Drei Augenpaare fixierten ihn und warteten auf mehr Informationen. „Also, ich meine ... Sie war auf einer Party von Stefan. Er hatte sie eingeladen, nicht einmal er kannte sie. Eine Freundin einer Freundin. Wir hatten getrunken und gekifft. Ich kann nicht mal sagen, ob etwas passiert ist, aber irgendwann lagen wir
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