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Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Elizabeth Chadwick
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überlegen, aber soweit ich es beurteilen kann, sind Eure Männer besser organisiert und ausgerüstet.«
    De Lucis Oberlippe kräuselte sich, und er maß Roger mit einem langen, nachdenklichen Blick.
    »Kommt mit«, sagte er endlich.
    Mit bis zum Zerreißen gespannten Nerven folgte Roger ihm aus der Gästehalle in die große Klosterkirche von Saint Edmund. Ein schwerer Weihrauchduft hing in der Luft, und die hereinbrechende Nacht wurde von sanftem Lampenschein und dem Licht der Kerzen erleuchtet, die sich an den Seiten des Kirchenschiffs entlangzogen. Hinter dem Altarraum am östlichen Ende der Kirche stand der Schrein des heiligen Edmund, des christlichen ostanglischen Königs, der vor dreihundert Jahren von den Dänen zu Tode gemartert worden war. Ein mit einem Einsatz aus getriebenem Silber und kostbaren Steinen besetzter giebelförmiger Baldachin bedeckte das Grab. Das Licht der Kerzen und Altarlampen spiegelte sich in dem Metall wider wie
Wasser, das über ein Bett aus glitzernden Kieseln fließt. Neben dem Grab des Heiligen stand ein Banner aus schimmernder safrangelber Seide in einem filigranen Sockel. Goldene und rote Quasten hingen an den Schlaufen, mit denen es an seinem Stab befestigt war. In der Mitte des Banners prangte eine rote, von Pfeilen durchbohrte Krone.
    »Das ist die Standarte der alten Herrscher dieses Landes«, erklärte de Luci. »Edmundsbury war einst ihr Hauptsitz, müsst Ihr wissen. Euer Onkel beabsichtigt, dieses Banner in den Kampf zu tragen, aber vielleicht lässt er sich dazu bewegen, diese Ehre einem seiner Verwandten abzutreten.«
    Rogers Nackenhaare richteten sich auf. Er schielte zu de Luci hinüber, konnte aber weder Missbilligung, Verachtung oder die Erwartung sicheren Versagens in den Augen des Justiciars erkennen.
    »Mylord, ich werde es mit Freuden an seiner Stelle tragen, wenn Ihr und er es gestatten.«
    De Luci legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Das soll der Heilige entscheiden. Aber da Ihr hier vor seinem Schrein steht, statt sein Land mit Waffengewalt auszuplündern, würde ich sagen, dass er bereits gesprochen hat.«
    Roger starrte das Banner an. Die Goldfäden der obersten Quaste wehten in einem leichten Luftzug.
    »Ich würde gerne beten, Mylord.«
    De Luci nickte.
    »Wie Ihr wünscht. Kommt zurück, sowie Ihr fertig seid.« Er wandte sich ab. Die Sohlen seiner Schuhe verursachten keinerlei Geräusch auf dem Steinboden. Roger holte tief Atem, sog den Geruch der Kirche ein und suchte spirituelle Ruhe. Sein Vater hatte immer über sein Bedürfnis nach solchen Momenten alleine mit Gott gespottet. Er vertrat die Ansicht, Zeit in einer Kirche zu verbringen sei nur etwas für Mönche, törichte
Frauen und schwachsinnige Männer, aber Roger schätzte die Ruhe, die Zweisamkeit mit seinem Schöpfer und die Möglichkeit, seine innere Kraft zu stärken. Seine Meinung über geistige Gesundheit wich ohnehin sehr von der seines Vaters ab.
    Er schloss die Augen, und als er betete, wich die Dunkelheit hinter seinen Lidern dem Bild des im Wind wehenden Banners und seiner Hand, die den Stab umklammerte. Dahinter konnte er das von Flammen eingeschlossene Framlingham sehen, und noch weiter hinten erhoben sich neue Türme aus der Asche, und er konnte nicht sagen, ob es sich bei dem auf der Brustwehr tanzenden Rot und Gold um das Banner seiner Familie oder die Flammen des zerstörerischen Feuers handelte.

    Gundreda, Countess of Norfolk, beobachtete, wie ihr Mann die letzten Vorkehrungen für seinen Aufbruch mit Leicesters Armee traf, und wusste, dass sie unverzüglich handeln musste, weil dies ihre letzte Gelegenheit sein könnte. Er war über siebzig Jahre alt, wenn auch zäh und kräftig. Sie konnte nicht sicher sein, dass er von diesem Raubzug zurückkehrte. Die Art, wie er mit hochrotem Gesicht herumstapfte, verriet ihr, dass sie seine Geduld auf eine harte Probe stellen würde, aber einen Schlag oder einen Tritt musste sie riskieren, wenn sie das Erbe ihrer Söhne sichern wollte.
    »Ich wusste, dass Roger dich hintergehen würde«, begann sie. »Du konntest dich noch nie auf ihn verlassen, und das hat er jetzt endgültig bewiesen, indem er zum Verräter geworden ist.« Sie musterte ihn unter halb geschlossenen Lidern hervor. Nachdem er erfahren hatte, dass Roger, statt das Kloster Saint Edmund zu überfallen, mit einem Trupp ihm ergebener Ritter und Sergeanten zu König Henry übergelaufen war, hatte Hugh alle silbernen Becher vom Schrank gefegt, einen Wandbehang vom Haken
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