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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition)
Autoren: Carmen Mayer
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gefüllt mit Büchern und Folianten.
    In der Mitte des einzigen freien Platzes, direkt vor ihnen stand ein schwerer, alter Tisch, um den zwölf mit grünem Samt bespannte Stühle aufgestellt waren.
    Auf einem dieser Stühle saß ein Mann, der die Eintretenden freundlich ansah.
    „Mein Bruder Valentino“, stellte Signore Benetti ihn vor. „Er ist der Leiter dieses Seminarhauses.“
    Valentino stand auf, begrüßte sie nacheinander und bat sie dann, Platz zu nehmen.
    „Ich freue mich, dass Sie gekommen sind. Mein Bruder hat Ihren Besuch bereits angekündigt.“ Er hatte dasselbe österreichisch gefärbte Deutsch, welches auch sein Bruder sprach.
    „Zeig ihnen die Dokumente“, wies Signore Benetti seinen Bruder an. „Es ist an der Zeit.“
    Valentino nickte.
    „Ich dachte es mir. Aber zuvor möchte ich Ihnen etwas sagen. Das Geheimnis, um das es hier geht, ist so unermesslich groß, dass es Menschen gibt, die alles tun, um in seinen Besitz zu gelangen“, begann er. „Wer immer es auch zu ergründen vermag, trägt eine große Verantwortung.“
    Valentino Benetti klopfte vorsichtig mit der flachen Hand auf ein altes, in bereits etwas brüchiges Leder gebundenes Buch, das mit einem steinalten Schloss vor unerlaubtem Zugriff geschützt war. Es lag auf dem Tisch wie ein Gästebuch, das darauf wartete, beschrieben zu werden. Benetti steckte einen abgenützten Schlüssel in das alte Schloss und drehte ihn vorsichtig um. Während er den oberen Lederdeckel zur Seite legte, begann er die Geschichte der Rose von Angelâme zu erzählen und dann einzelne Schriftstücke zu übersetzen, die sich in dem Band befanden.
    Fast die Hälfte der eingelegten Seiten bestanden aus sehr altem, vergilbtem Papier oder aus Pergament. Einige der Schriften waren in altfranzösischer Sprache, die meisten in Latein abgefasst. Jemand hatte in neuerer Zeit Notizzettel dazwischen gelegt mit Stichworten, die Signore Benetti hin und wieder überflog. Sie dienten ihm als Hilfe bei seinen Übersetzungen.
    Christina und Simon hörten entsetzt, was die Gerichtsprotokolle über die Verhandlungen mit Rose von Angelâme aussagten, erfuhren den grausamen Richterspruch, der sie zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilte.
    Aus alten, abgegriffenen Notizen in Vulgärlatein, dem späteren Italienisch, die den Unterlagen beigelegt worden waren, erfuhren sie außerdem, dass Roses Mann Albert mit seinem Kind nach Jerusalem fliehen konnte. Später, als König Philipp und sein Nachfolger bereits tot waren, kehrten sie wieder nach Frankreich zurück. Inzwischen schrieb man das Jahr 1328, und Philipp VI. aus dem Hause Valois hatte den französischen Thron bestiegen.
    „Als sie aus Jerusalem zurückkamen, war ihre Burg zerstört und das Lehen zuerst von der Kirche, dann von der Krone in Besitz genommen worden. Der neue französische König hatte sich außerdem an die Lex Salica erinnert, die Frauen und deren Abkommen von der Thronfolge ausschließt. Dieses Gesetz wandte er unverzüglich an, weil es ihm aus verschiedenen Gründen sehr gut in den Kram passte. Albert hatte guten Grund, sich zunächst einmal zurückzuhalten und nicht auf einer Herausgabe des Gutes seiner Frau zu bestehen.“
    Christina schüttelte verständnislos den Kopf. „Warum?“
    „Alberts Kind war ein Mädchen und hätte das Erbe niemals antreten können.“
    „Ich verstehe“, sagte Christina gedehnt. „Es kam also nicht wieder in den Besitz dieser Familie?“
    „Das Anwesen und der Name der Angelâmes gingen später wieder an die Familie zurück“, antwortete Signore Benetti. „Es war wohl so eine Art Entschädigung.“
    „Entschädigung wofür?“, wollte Christina ungeduldig wissen. „Signore?“
    Signore Benetti zuckte die Achseln und schob das in Leder gebundene Buch zu ihr hinüber, in dem sich die Gerichtsprotokolle über die Verhandlungen von Kirche und Staat gegen Rose von Angelâme befanden. Er hatte eine Seite aufgeschlagen, die vergilbt und ein wenig ausgefranst war und deren Schrift Christina nicht entziffern konnte.
    „Das ist die Abschrift jener Mitteilung, die Rose einst dem Vater, nämlich dem Papst, hat zukommen lassen, wie wir aus den Protokollen inzwischen wissen“, sagte er.
    Christina überflog den Text, der in Altfranzösisch abgefasst worden war. Sie verstand kaum ein Wort davon und schüttelte verständnislos den Kopf. Signore Benetti legte seine Hände auf das Pergament und sah sie ruhig an.
    „Niemand kann das Geheimnis lüften, wenn die Zeit dafür nicht
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