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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens
Autoren: James Aitcheson
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Beinen auf dem Boden – das Schwert direkt neben mir – und trank Ale aus einer der Lederflaschen, die wir erbeutet hatten. Das Gebräu schmeckte bitterer als das Bier, das ich sonst trank, und war nicht ganz nach meinem Geschmack, doch die Waliser schienen es zu mögen.
    »Mylord?«, sagte Serlo nach einer Weile. Er saß zwar neben mir, blickte jedoch in die entgegengesetzte Richtung, während er mit dem Wetzstein seine Klinge schärfte.
    »Ja?«, sagte ich.
    »Die Männer, die wir vorhin getötet haben – die König Rhiwallon angeblich geschickt hat …«
    »Was ist mit denen?«
    »Glaubt Ihr, dass es dieselben waren wie letzte Woche?«
    Genauso gut hätte er fragen können, ob uns die Männer vor zwei Wochen bei Vollmond schon einmal überfallen hatten oder vergangenen Monat oder vor zwei Monaten.
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich. Denkbar war es zwar, allerdings konnte ich mir es nicht recht vorstellen. Wales war ein gesetzloses Land, wo jeder tat, was er wollte, wo Eide und Bündnisse nicht viel galten; ein Land, in dem ein Fürst aus dem Nichts aufsteigen und kurz darauf schon wieder in der Versenkung verschwinden konnte, wo sich ein Mann, der nur ein einziges Tal beherrschte, mitunter als König bezeichnete. Wenn uns dieselben Männer mehrfach überfallen hatten, bedeutete dies, dass sie planvoll vorgegangen waren, und genau das konnte ich mir nicht recht vorstellen. Denn die meisten Waliser interessierten sich ohnehin nur für Schafe und für Frauen, und vielleicht noch für Silber, wenn sie zufällig darauf stießen.
    Doch warum hatte der Junge dann behauptet, dass Rhiwallon selbst die Männer geschickt hatte? Ein Dutzend Männer stellten doch keine echte Bedrohung dar, und sobald eine solche Gruppe auf Widerstand stieß, konnte sie eigentlich nur Reißaus nehmen. Es sei denn, dass Rhiwallon die Männer nur geschickt hatte, um auf unserer Seite der Grenze Angst und Schrecken zu verbreiten. Sollte das der Plan gewesen sein, war er jedenfalls gründlich gescheitert. Denn wir hatten Rhiwallons Leute getötet und ihm damit eine deutliche Warnung erteilt.
    »Die werden in letzter Zeit immer dreister«, sagte Serlo. Ich konnte mir sein missmutiges Gesicht lebhaft vorstellen, obwohl er in die andere Richtung blickte. »Da braut sich gerade was Gefährliches zusammen, Mylord. Oder was glaubt Ihr?«
    Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte. Abgesehen von den Überfällen war das vergangene Jahr eigentlich ziemlich ruhig verlaufen. Ich hatte zwar einige Male etwas von lokal begrenzten Unruhen gehört, die irgendwo im Land aufgeflackert waren. In den meisten Fällen war es jedoch gelungen, sie sehr schnell zu unterdrücken. Dagegen war mir von den Rebellen, die sich weiter oben im Norden in den Hügeln und Wäldern von Northumbria herumtrieben, in letzter Zeit fast gar nichts zu Ohren gekommen. Ebenso wenig von Eadgar Ætheling, dem Mann, der im vergangenen Jahr bei Dunholm meinen Lehnsherrn in einen Hinterhalt gelockt und umgebracht hatte, und den zu töten ich geschworen hatte. Der Kerl trieb sich ebenfalls irgendwo dort draußen herum, auch wenn niemand genau wusste, wo. Manche behaupteten sogar, dass er demnächst erneut den Versuch unternehmen würde, die Krone zu erringen, die ihm nach eigener Auffassung gebührte. Doch bisher gab es dafür keine Anzeichen: weder seine Truppen noch seine Kriegsschiffe waren irgendwo gesichtet worden.
    Bis zum nächsten Winter waren es noch einige Monate, Zeit genug also, um einen Feldzug zu organisieren. Tatsächlich zweifelte ich nicht daran, dass der Ætheling gerade wieder etwas ausheckte. Deshalb musste ich Serlo im Grunde genommen recht geben. Allein der Gedanke reichte aus, um meinen Schwertarm in Unruhe zu versetzen. Es war schon eine Weile her, seit ich ihn zuletzt in der Schlacht und nicht lediglich in einem der Scharmützel hatte erproben können, in die wir hier im Grenzland ständig verwickelt wurden. Deshalb sehnte ich mich danach, endlich wieder einmal Eisen auf Eisen klirren zu hören, das Blut in den Adern pulsieren zu spüren, im Sturm anzugreifen, das Trommeln der Hufe zu hören, das Gewicht der Lanze in meiner Hand zu spüren, das Geschrei des Feindes zu hören, wenn wir in seine Reihen eindrangen. Die Wollust der Schlacht zu genießen.
    »Mylord?«, hakte Serlo jetzt nach.
    Aber ich wusste nicht, was ich ihm antworten sollte. Stattdessen reichte ich ihm die Flasche, aus der ich getrunken hatte. »Hier, probier mal. Ich muss mal pinkeln.«
    Ich ging
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