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Die Riesin Arachna

Die Riesin Arachna

Titel: Die Riesin Arachna
Autoren: Jurij Kusnezow
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wurde es zu Boden gedrückt.
    Doch es raffte sich sofort wieder auf, hetzte hin und her, um den Gegner abzuschütteln. Dabei peitschte es die Luft mit seinem langen Schwanz, an dessen äußerstem Ende sich ein spitzer, gezackter, an eine Harpune erinnernder Dorn befand. Ein giftiger Dorn – hätte er sich in den Körper des Tigers gebohrt, es wäre sein Ende gewesen.
    Achr hielt sich nur mit größter Mühe auf dem Rücken des Angreifers, der ganz und gar mit diesem Panzer versehen war. Sogar der Schwanz und der Hals waren mit dicken Hornplatten bedeckt.
    Dann zog das Ungetüm jäh den Kopf ein und bäumte sich wie ein Stier auf, um den ungebetenen Gast endlich abzuwerfen.
    Der Tiger konnte sich nicht halten, seine Krallen rutschten auf dem glatten Panzer ab. Achr klatschte zu Boden, war aber in Sekundenschnelle wieder auf den Beinen und griff diesmal von hinten an. Mit aller Wucht schlug er seine Zähne in den Schwanz, knapp neben dem giftigen Stachel, und ließ nicht mehr los.
    So wogte der Kampf auf Leben und Tod hin und her, ohne eine Entscheidung zu finden. Das Schuppentier hätte sicherlich gern den Rückzug angetreten, doch Achr hielt es fest gepackt.

    Diese gefährliche Auseinandersetzung wäre wohl noch eine Zeitlang so weitergegangen, hätte ihr nicht Papa Ar ein Ende bereitet. Er war von den ungewöhnlichen Geräuschen wach geworden und hatte Licht gemacht, um zu sehen, was los war.
    Aber das ist ja eine Schua! dachte er erschrocken. Wie ist dieses kreuzgefährliche Biest bloß hierher geraten? Ein Glück, daß die Katze aufgepaßt hat, sonst hätte das Schlimmste passieren können. Denn mit ihrem scharfen Gebiß und dem Giftstachel war die Schua auch für Riesen lebensbedrohlich.
    Das Schuppentier begriff, daß es ihm nun an den Kragen ging, und unternahm einen letzten Versuch, zu entkommen. Es riß sich mit aller Kraft von Achr los, wobei es allerdings den Schwanz einbüßte. Plötzlich frei, stürzte es Hals über Kopf davon und aus der Höhle. Im eigenen Bau würde es seine Wunden lecken und abwarten, bis ihm ein neuer Schwanz samt Giftstachel gewachsen war.
    Endlich gelang es auch dem Tiger, seine Hauer aus den Hornplatten zu lösen. Er sprang zur Seite und beobachtete die letzten Zuckungen des jetzt selbständigen Schwanzes. Der peitschte noch einmal die Luft, wand sich und kam endlich zur Ruhe. Achr ließ, gewissermaßen als Zeichen seines Sieges, ein triumphierendes Gebrüll ertönen, rannte ein Stück zur Seite und streckte sich ermattet aus.
    Ar ging zu ihm. Im Fackelschein glühten die gelben Augen des Tigers wie zwei kleine Kohlestücken.
    »Bist ein Prachtkerl«, sagte Ar freundlich, »ein ganz braves Tier.« Er hockte sich neben Achr und strich ihm übers Fell, das noch immer ein bißchen gesträubt war. Dann entfernte er sich kurz und kam mit einem Fisch zurück, legte ihn vor den Tiger hin.
    »Hier, friß, hast es dir verdient.«
    Der stolze Säbelzahntiger aber, der die Sechsfüßer und den Drachen Oicho stets verachtet hatte, weil sie den Menschen dienten, empfand plötzlich Befriedigung, jemandem von Nutzen gewesen zu sein.
    Ar löschte die Fackel wieder, und Stille kehrte ein.

    Als am anderen Morgen der Rest der Familie beim Frühstück beisammensaß, erzählte Papa Ar von dem nächtlichen Ereignis, und der Tiger wurde erneut mit guten Worten, aber auch mit Leckerbissen überhäuft.
    Bei meinen Krallen und Zähnen, dachte Achr, während er sich genüßlich die Backen vollstopfte, eigentlich ist es ganz schön, geliebt und geachtet zu werden!
    Nachdem alle gegessen hatten, ging das Mädchen Ah spielen. Endlich brauche ich nicht mehr allein los, dachte sie, kann Achr mitnehmen. Nur schade, daß er nicht spricht.
    Sie rannten aus der Höhle, die nicht allzu weit vom Fluß entfernt lag.
    »Das ist der Dunkle Fluß«, erklärte das Mädchen respektvoll. »Niemand weiß, wo er entspringt und wo er endet.«
    Sie liefen an dem leicht abschüssigen Ufer entlang. In seiner Neugier wagte sich der Tiger bis unmittelbar ans Wasser; er wollte prüfen, wie es schmeckte. Doch das Mädchen Ah rief erschrocken:
    »Geh nicht zu dicht heran, die Lange Glua könnte dich aufspüren! Das würde uns beiden schlecht bekommen.«
    Aber die Warnung kam zu spät. In der Mitte des Flusses, wo das Wasser einen deutlich sichtbaren Strudel bildete, wölbte sich plötzlich eine große Blase auf. Im selben Moment erschien ein flacher Kopf an der Oberfläche, der an den einer Schlange erinnerte, aber viel größer, ja
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