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Die Reliquie von Buchhorn

Die Reliquie von Buchhorn

Titel: Die Reliquie von Buchhorn
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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auf die Knie nieder. »Herr?«
    »Was hast du dazu zu sagen?«
    »Ich wollte nie fliehen, Herr. Ich schwöre! Ich …«
    »Also nur Leugnen. Das habe ich mir gedacht. Gudrun hat dich davonreiten sehen.«
    »Das streite ich ja auch gar nicht ab«, rief Wulfhard mit einem Anflug von Verzweiflung. »Aber das ist kein Verbrechen, Herr. Und was die Spuren in der Hütte des Imkers angeht, ich gebe ja zu, dass ich da war, aber Dietger war bereits tot. Er …«
    Udalrich schnitt ihm mit einer knappen Geste das Wort ab. Seine grauen Augen waren kühl, aber um seinen Mund lag ein müder Zug. »Schweig! Du hast das Vertrauen, das ich dir geschenkt habe, missbraucht. Aber das spielt hier keine Rolle. Die einzige Frage, die bleibt, ist, ob du der Witwe das Sühnegeld für ihren Mann zahlen kannst.«
    Wulfhard verschluckte sich fast. »Isentrud?«, stammelte er. »Sie wird nicht …«
    »Was?«
    »Nichts.« Wulfhard schlug die Augen nieder. Er fühlte sein Herz bis zum Hals pochen. »Ich kann nicht zahlen«, sagte er tonlos.
    »Das dachte ich mir.« Udalrichs Stimme war kalt. »Dann erwartet dich der Tod. Schafft ihn mir aus den Augen!«
    Eberhard machte einen Schritt vorwärts, doch Wulfhard sprang auf die Füße. »Habe ich kein Recht, gehört zu werden?«, stieß er hervor.
    Udalrichs weiße Augenbrauen hoben sich. Er winkte den jungen Kriegsknecht zurück und musterte Wulfhard neugierig. »Du hast also wirklich etwas zu sagen? Lass hören.«
    Wulfhards Gedanken rasten. »Ich war in der Hütte, das stimmt. Ich wollte Honig kaufen. Aber das tut nichts zur Sache«, rief er hastig, als er den gelangweilten Gesichtsausdruck des Grafen sah. »Ich kann beweisen, dass ich nicht fliehen wollte. Herr, Ihr wisst nicht, wo ich war.«
    »Ach, und wo warst du?«, erkundigte sich Udalrich ironisch.
    »In St. Gallen.«
    Seinen Worten folgte tiefe Stille. »St. Gallen?«, wiederholte Udalrich. »Und was wolltest du da?«
    »Ich wollte zu Eckhard. Ich habe ihn gebeten, nach Buchhorn zu kommen, um den Mord aufzuklären. Ich wollte, dass er meine Unschuld beweist.« Er suchte Udalrichs Blick. »Mir war klar, dass der Verdacht auf mich fallen würde. Und ich hatte recht.«
    Udalrich trommelte mit den Fingerkuppen auf die Lehne seines Stuhls. »Und wo ist Eckhard?«
    Wulfhard biss sich auf die Lippen. »Er hat die Erlaubnis des Abtes nicht bekommen.«
    Schweigen breitete sich aus. »Warum bist du nicht sofort zu mir gekommen?«, fragte der Graf schließlich.
    Wulfhard hob überrascht den Kopf und senkte ihn wieder, ehe Udalrich in seinen Augen lesen konnte. »Ich … ich wollte Euch nicht damit behelligen. Verzeiht, Herr.«
    Der Graf machte eine vage Geste mit der Hand. Er wirkte plötzlich müde und abgespannt. »Deine Geschichte ist gut, und vielleicht würde ich tatsächlich herausfinden, dass du mit Eckhard gesprochen hast. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass alles dafür spricht, dass du den Mord begangen hast. Eckhard ist nicht hier. Das Blut muss gesühnt werden, also …« Wulfhard wurde blass, aber der Graf fuhr ungerührt fort: »Also werden wir der Witwe Genugtuung verschaffen!«
    »Und deshalb soll ein Unschuldiger leiden?«
    Die Männer drehten sich überrascht nach der hellen Frauenstimme um.
    »Wendelgard!«, rief Udalrich und sprang auf. Er eilte seiner Frau entgegen, aber sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte ihn herausfordernd an.
    Ihr Gesicht war blass und eingefallen, und ihr gewölbter Bauch verriet, dass sie kurz vor der Niederkunft stand. Sie stützte sich auf Gudrun, die hinter ihr den Raum betreten hatte. Die alte Köchin schwankte zwischen der Sorge um ihre Herrin und dem Bedürfnis, sich auf Wulfhard zu stürzen.
    »Wendelgard, was machst du hier?«, wiederholte der Graf.
    Seine Frau hob hochmütig das Kinn. »Ich habe gelauscht«, erklärte sie. »Und ich bin entsetzt. Wulfhard hat mir und meinem ungeborenen Sohn das Leben gerettet. Hast du das vergessen? Ich werde nicht zulassen, dass du ihn ohne Beweise hinrichtest!«
    »Wendelgard!«, mahnte Udalrich, aber er unterbrach sich, als er sah, dass in den Augen seiner Frau Tränen glänzten. »Wendelgard«, sagte er hilflos. »Du weißt, dass du dich nicht aufregen darfst.«
    »Aber ich werde mich aufregen, wenn du ihn umbringen lässt.« Die Gräfin schüttelte Gudruns fürsorglichen Griff ab, marschierte an ihrem Mann vorbei und baute sich vor Wulfhard auf. »Warst du es?«
    »Äh … nein!«
    »Das reicht mir!«, erklärte Wendelgard. Sie
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