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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht
Autoren: Andrej Djakow
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griff nach seinem Rucksack und kramte noch ein Zuckerstückchen hervor. Die Augen des Knirpses strahlten vor Freude. Die Geschenke fest in seinen winzigen Fäusten, hüpfte er zu den Verkaufsständen.
    »Mama, Mama, schau, was ich hab!«
    Der Wachposten folgte ihm mit den Augen und sagte leise:
    »Du bist nicht wie Taran. Ich geb dir einen Rat, Junge, hau ab von ihm. Lauf so schnell du kannst. Dieses Scheusal geht über Leichen, ohne mit der Wimper zu zucken. An ihm ist doch nichts Menschliches mehr.«
    Ein heftiger Stoß in den Rücken unterbrach den Strom der Offenbarungen. Der Posten zuckte zusammen.
    »Sprich für dich selbst, Kläffer.« Der Stalker blickte den Wachposten finster an. »Euren Kindern bläht sich der Bauch vor Hunger, und du sitzt dir hier den Hintern breit. Hast dich hier festgesetzt, du Ratte.«

    Gleb eilte Taran hinterher. Sie stiegen auf die Gleise hinab, passierten erneut die Verkaufsstände und verschwanden im Tunnel. Gleb hatte noch lange den dankbaren Blick der Mutter des neugierigen Knirpses vor Augen.
    Die Station blieb hinter ihnen zurück.
     
     
    Ohne Zwischenfälle kamen sie bei der Elektrossila an. Nur einmal begegnete ihnen eine merkwürdige Prozession: finstere Leute mit Hacken und Spaten. Hastig traten sie zur Seite und machten den Weg frei, als Taran und Gleb auf sie zukamen.
    »Wohin wollen die?«
    »Zur Station Kuptschino . Dort wird ein Tunnel gegraben, nach Moskau.«
    »Aber nach Moskau ist es weit.«
    »Ja. Darauf pfeifen diese Spinner. Sie suchen nach Erlösung. Die Hoffnung, Junge, ist eine gefährliche Sache. Schrecklicher als die menschliche Dummheit.«
    Weiter vorn war das Licht eines Feuers zu sehen. Jemand rief den Weggefährten etwas zu. Als der Posten Taran erkannte, durften die Gäste die Station betreten. Hier war es viel heller. Lampen beleuchteten die in Reih und Glied aufgestellten Zelte. Auf der einen Seite des Bahnsteigs stand ein Zug. Die Fenster, in denen Gardinen hingen, strahlten in einem gemütlichen Licht. Die Bewohner der Waggons, Leute von einem gewissen Wohlstand, hatten sich hier ihre eigene kleine Welt eingerichtet. Auf dem Bahnsteig wuselte es wie in einem aufgeregten Ameisenhaufen. Geschäftemacher aller Couleur liefen in der Station
umher, überall wurde lebhaft gehandelt. Aus einer entfernten Ecke, die ein Zaun aus Dachblech abtrennte, drang trunkenes Geschrei und lautes Gelächter herüber.
    »Pentagon.« Gleb las das Schild über dem Eingang und blickte den Stalker stumm fragend an.
    »An der Oberfläche gab es hier früher ein Werk«, erklärte Taran. »Es hieß ›Elektrossila‹. Als die Alarmsirene ertönte, sind die Menschen in die Metro geflüchtet. Und in den Bunker des Werks. Der ist nicht weit von hier. Das Verwaltungsgebäude nannten sie damals intern ›Pentagon‹, weil es die Kommandozentrale war, wie in den Vereinigten Staaten. Diese Bezeichnung hat sich eben auch hier eingebürgert. Das ganze Leben spielt sich rund um diese Bar ab. Und hier können wir auch unsere Angelegenheiten regeln.«
    Er setzte sein Gepäck ab und ging auf die Bar zu. »Warte hier. Und pass auf die Sachen auf.«
    Als Gleb sich umschaute, bemerkte er einen merkwürdigen Typen in einer langen, hellen Robe. Der Unbekannte schwenkte ein dünnes Buch vor der Menge und deklamierte in einem singenden Tonfall: »Es kommt der Tag, und die Tore des Paradieses werden sich öffnen! Es kommt die Stunde, und die Boten der neuen Welt werden erscheinen! Eine göttliche Arche wird an den Ufern anlegen und die Märtyrer in das Gelobte Land führen! Seid versichert, ihr Söhne Gottes! Es kommt die Zeit des großen Exodus! Die Erlösung ist nah! Schließt euch ›Exodus‹ an, Brüder, und euch wird die Wahrheit offenbart werden! ›Exodus‹ ist hier! ›Exodus‹ ist mit jedem von euch!«

    Weiter hörte Gleb nicht mehr zu. Der Unbekannte mit den fiebrig glänzenden Augen verschwand in der Menschenmenge.
    Obwohl der Junge sich bemühte, nicht aufzufallen, zog der sonderbare Schutzanzug doch die Blicke der Passanten auf sich. Allmählich bildete sich eine Traube von Gaffern um ihn herum. Zwei Kraftprotze in Tarnkleidung, denen der Auflauf nicht passte, pflügten sich durch die versammelte Menge.
    »He, Kleiner, räum deinen Krempel aus dem Weg!«, bellte der eine.
    Der Junge zog den Kopf ein, blieb aber am Platz stehen. Er hatte mehr Angst, Tarans Befehl zu missachten. Die Unbekannten schielten gierig nach der Ausrüstung.
    »Bist du taub, oder was?« Der Mann trat mit
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