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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht
Autoren: Andrej Djakow
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abgebissen. An dieses seltsame »Festmahl« erinnerten jetzt nur noch enorme Betonbrocken, die mitten auf der Kreuzung des Moskauer Prospekts und der Bassejnaja-Straße herumlagen. Die Weggefährten kletterten über den Schutt hinweg und liefen zur Metro.

    Von hinten ertönte ein dumpfes Knurren.
    Noch im Drehen brachte der Stalker seine Kalaschnikow in Anschlag.
    Hinter einem Betonblock kam langsam ein Wolf hervor. Das Tier hatte eine Schulterhöhe von gut einem Meter. Seine Augen glühten, die Pfoten waren unnatürlich lang, das Fell gefleckt. Gleb versteckte sich hinter dem Rücken des Stalkers, doch ein Rascheln hinter ihm veranlasste ihn, sich umzudrehen. Aus dem Dickicht tauchten einige Artgenossen des Raubtiers auf und begannen die Weggefährten einzukreisen. Vom zweiten Geschoss eines halbzerstörten Hauses sprang der Schatten eines weiteren Tieres herab – des größten. Mit Leichtigkeit überwand der gigantische Wolf, dessen Rumpf so hoch war wie ein ausgewachsener Mensch, den Schutthaufen und landete geschmeidig neben dem ersten Tier. Das Leittier, dachte Gleb.
    »Eine Wölfin und ihre Brut. Tückische Biester.« Der Stalker entsicherte das Gewehr. »Bleib da stehen.«
    Der Stalker gab einen Warnschuss in die Luft ab und richtete die Gewehrmündung demonstrativ auf die Wölfin. Diese entblößte mit einem unheimlichen Fletschen ihre gelben Fangzähne, zögerte aber anzugreifen. Dann gab sie einen kurzen Knurrlaut von sich, woraufhin ihre Brut sich um sie sammelte. Es herrschte eine gespannte Stille.
    Plötzlich spürte Gleb eine Berührung am Rücken. Ehe er sich besann, hatte ihn der Stalker am Kragen gepackt und nach vorn geschleudert. Der Junge fiel vor dem Rudel auf den Asphalt. Gehetzt wandte er sich zu Taran um. Der stand mit gesenktem Gewehr da und beobachtete das Rudel, ohne mit der Wimper zu zucken. Kränkung und Angst
stiegen in Gleb erneut hoch, doch jetzt war keine Zeit für Gefühle. Aus dem Rudel löste sich ein junger Wolf, den seine Mutter mit der Schnauze nach vorn stieß.
    Eine Stunde Jagdunterricht.
    Voller Entsetzen kroch Gleb auf den Stalker zu, aber der stoppte ihn mit einem scharfen Zuruf: »Entweder macht er dich fertig, oder ich. Du hast die Wahl!«
    Verzweifelt drehte sich der Junge zu dem Raubtier um, zog seine Pistole und feuerte los. Der Rückstoß war unerwartet stark, so dass es den Lauf seitlich verzog. Sofort sprang der Wolf los und erreichte im nächsten Augenblick sein Opfer.
    Der harte Aufprall des schweren Tieres presste die Luft aus Glebs Lungen. Er rollte über das Pflaster. Die Pistole flog zur Seite. Über ihm tauchte ein geifernder Kiefer mit langen Fangzähnen auf. Der Helm hinderte das Raubtier jedoch daran, an seine Kehle zu kommen. Gleb rollte auf den Bauch, schrie etwas Unverständliches und streckte die Arme nach dem Stalker aus. Der verfolgte ungerührt den Kampf, ohne sich einzumischen. Die Zähne des Raubtiers umschlossen das Bein des Jungen. Die Kevlarschienen schützten seine Muskeln, aber sein Körper wurde durch das ruckweise Zerren des starken Tieres von einer Seite auf die andere geschleudert.
    Himmel und Erde schwankten vor seinen Augen, der Wolf schüttelte Gleb wie eine Puppe. Irgendwann wurde der Schmerz in seinem Bein unerträglich und der Junge heulte auf. Das Tier hielt für einen Augenblick inne und bekam sofort eins mit dem Schuhabsatz in die Augen. Die Kiefer öffneten sich und Gleb spürte, wie der Schmerz ein
paar Sekunden lang nachließ. Der Wolf fuhr zurück und duckte sich, bereit zu einer neuen Attacke.
    »Mach ihn fertig!«, brüllte Taran plötzlich.
    Gleb war sich in diesem Moment nicht einmal sicher, dass der Ruf des Stalkers ihm galt. Und genau das war der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Wut kochte in ihm hoch. Wut auf den Stalker, der ihn wie einen Knochen den Mutanten zum Fraß vorgeworfen hatte.
    In Glebs Hand blitzte sein Messer auf. Er sprang gerade noch rechtzeitig auf, um den nächsten Sprung des rasenden Tieres abzublocken. Von dem gewaltigen Aufprall knirschten seine Zähne, sein linker Arm steckte plötzlich in einem Schraubstock, aber Gleb blieb aufrecht stehen und stieß mit einem wilden Schrei die breite Klinge in den Bauch des Tieres. Der Mutant zuckte, seine Kiefer schienen sich bereits zu lockern. Noch einmal stieß Gleb zu, und dann noch einmal. Langsam sank das Biest auf die Erde – ein jaulender Klumpen Fleisch. Der Junge warf sich darauf und stach wahllos auf das Tier ein. Der Wolf
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