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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition)
Autoren: Julia Kröhn
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und je.«
    Sie zuckte mit den Schultern, bedauernd, aber nicht wirklich bewegt.
    »Die Dinge liegen noch verquerer, als du denkst«, setzte Au-doin vorsichtig an, auch er deutlich ermüdet von der Nacht.
    »Ich weiß, ich weiß«, wiederholte sie. »So sehr ihr beide diesen Mord verdammt, werdet ihr mir sogleich raten, ihn hinzunehmen, mich dazu zu bekennen, auf dass der Eindruck nicht entstehe, ich wäre schwach, und mein Major Domus...«
    »Sigobrand war unschuldig!«
    Bathildis zuckte zusammen. Die vermeintliche Abgeklärtheit bröckelte kurz. »Aber Ebroin nannte ihn Verräter!«
    »Und das zu Recht – nach dem, was er über ihn erfahren hatte«, erklärte Audoin. »Doch sagte man ihm nicht die Wahrheit, so wenig wie dir. Ebroin ist von einigen fränkischen Familien, die Sigobrand nicht wohlgesonnen waren, ein Fallstrick gelegt worden, weil sie für einen ihrer Söhne sein Amt erhofften. Und Ebroin ging in diese Falle.«
    Bathildis griff sich an die Schläfen, schüttelte langsam den Kopf, die Worte erfassend, aber umsonst den heftigen Zorn erwartend. Er überkam sie nicht – da waren nur Überdruss undMüdigkeit, und wieder kam ihr in den Sinn: Es ist genug. Es ist genug.
    »Aber warum hat Sigobrand nicht geleugnet, ein Verräter zu sein? Warum hat er mich beleidigt, anstatt...«
    Leodegar zuckte die Schultern. »Wenn er tatsächlich unschuldig war, so wird ihn die ungerechte Behandlung schrecklich aufgebracht haben. Verzeiht diese Worte: Aber offenbar hielt er Euch und Ebroin für solche Narren, dass es sich für ihn nicht lohnte, die Sache aufzuklären. Was hätte er vom Kerker aus schon unternehmen können?«
    Lange blieb es still zwischen den dreien. In das Schweigen hinein begann Bathildis schließlich mit knappen, kühlen Worten zu sprechen. Sie rechtfertigte sich kein weiteres Mal für Sigobrands Tod, benannte stattdessen ihren Entschluss. Als sie hernach in die Gesichter der Männer blickte – das eine aufgedunsen, das andere verschlagen, so las sie darin Verständnis und kein Bedauern.
    »Weiß Ebroin schon von Eurem Entschluss?«, war das Einzige, was Audoin von Rouen fragte.
    Sie fand ihn in seinem Gemach, ein kahler, schmuckloser Raum, dem es an Wandbehängen und Teppichen fehlte. Seit Ebroin Major Domus war, hatte er stets Wert auf prunkvolles Erscheinen gelegt: Seine Kleidung, seine Waffen, sein Schmuck waren außergewöhnlich kostbar und edel, bekundeten seine machtvolle Stellung und erweckten den Eindruck, er hegte Gefallen an solcherlei Üppigkeit.
    Sein Raum freilich, den Bathildis in all den Jahren niemals betreten hatte, weil sie das zu vertraulich deuchte, verriet anderes: Hier war nur Nüchternheit, als könnte Elegantes, Edles zwar die übrigen Menschen blenden, nicht aber ihn selbst.
    Bathildis ließ die Türe hinter sich zufallen und blieb betreten stehen. Sie ängstigte sich nicht vor der Begegnung mit ihm, abersie fühlte sich nicht wohl dabei, ihm so ungeschützt nahe zu kommen.
    Er gewährte ihr die erhoffte Distanz, indem sein Blick sie nur flüchtig streifte und er dann auf und ab schritt, mit seinen weichen, tänzelnden Schritten, die stets verraten hatten, dass er nicht zum Krieger taugte.
    »Verräter! Betrüger! Allesamt! Sie haben mich hinters Licht geführt, auf dass ich Sigobrand für sie ermorde!«
    Er klang wütend, aber erhob seine Stimme nicht. Heiser war sie – wie jene von Bathildis, als sie ihm antwortete.
    »Niemand hat dich gezwungen, es zu tun.«
    Er fuhr herum. »Wirf mir das nicht vor! Eigentlich müsstest du mir dankbar sein. Als ich dich im Hof sah, blass und elend und erbärmlich, da habe ich Mitleid mit dir gehabt, verstehst du? Ich wusste, dass du niemals die Sünde eines Mords auf dich laden könntest, und so habe ich es denn für dich getan, damit meine Seele mit Blut befleckt wird, nicht die deine.«
    Sie schwieg betreten, versuchte zu verstehen, ob Trotz und Hohn aus ihm sprachen oder ob es Verzweiflung war. Er missverstand die Stille.
    »Und jetzt willst du mich also mit hoheitsvollem Schweigen bestrafen!«, sprach er bissig. »Wenigstens heißt du mich nicht wieder eine Kreatur der Hölle.«
    Sie ließ den Kopf sinken, begab sich von ihrer sicheren Position an der Türe zur Mitte des kahlen Raums.
    »Es tut mir leid, dass ich dich so beleidigt habe«, bekundete sie leise. »Ich wünschte, ich könnte diese Worte zurücknehmen.«
    Und dann, nach einem letzten entschlossenen Atemzug, sagte sie ihm, was sie auch Rigunth erklärt hatte, den anderen
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