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Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes
Autoren: Michel Folco
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Dabei trieb er ihn mit Fußtritten in den Allerwertesten zur Eile an. Als ihm das Loch tief genug erschien, sagte er:
    » Höre, wenn du wieder einmal vergessen solltest, wer dein Lehnsherr ist, werde ich dich darin lebendig begraben.«
    Dann wandte er sich an seine Bauern, die sich in der Zwischenzeit um die beiden versammelt und erschreckt das Treiben verfolgt hatten. Azémard entspannte die Situation, als er, nun wieder in gutmütigem Ton, erklärte, daß der Priester die Abgaben nicht richtig berechnet habe.
    » Ihr müßt nur noch die Hälfte von dem, was er ursprünglich verlangte, zahlen.«
    Unter Hochrufen und Beifall kehrte Azémard in seine Burg zurück.
    Es vergingen fünfundzwanzig Jahre, ehe er einwilligte, daß man das Loch zuschüttete, und auch noch viel später nannte man diese Stelle den »Place du Trou« - den Lochplatz.
    Da Azémard nicht ohne Nachkommen bleiben wollte, vermählte sich der Ritter im Monat der Eicheln des Jahres 1066 mit der frommen Milsendre du Vieuxchablis, die ihm zwei Söhne und vier Mädchen gebar.
    Als er alt geworden war und fühlte, daß sein Ende nahte, begab sich Azémard nach Rodez und stellte seinen Sohn Béranger am Hofe des Grafen vor. Er bat darum, daß man ihm seinen Titel als Lehnsherr von Bellerocaille übertrage. Diesem Gesuch wurde sofort gegen einen Obolus von vierzig Unzen puren Goldes entsprochen.
    Als er nun im Sterben lag, vermachte der listige Azémard, der sich bis dahin hartnäckig geweigert hatte, ein Kloster auf seinem Lehen anzusiedeln, fünf seiner besten kleinen Landgüter den Franziskanern. Dafür machte der Abt ihn in extrem is zum Mönch, wodurch er mit einem Schlag von all seinen Sünden reingewaschen und ihm ein freundlicher Empfang beim unnachgiebigen Petrus sicher war. Ebenso kam man überein, daß nur ein Boutefeux dem Kloster vorstehen könne. Als nun der Franziskanerpater auf seinen Esel stieg, um seinem Superior die vortreffliche Nachricht zu überbringen, begleitete ihn Hugues, der jüngste Sohn des Sterbenden, um sich unterweisen zu lassen.
     
    Der Ritter Azémard verstarb an einem regnerischen Morgen im Jahre 1082 und wurde im Burghof bestattet.
    Béranger, der von seiner Mutter fromm erzogen worden war, ließ eine Kapelle über dem Grab seines Vaters errichten und bestellte einen berufsmäßigen Ablaßerbitter, der nach Rom reisen und eine Woche lang ununterbrochen für das Seelenheil des Verstorbenen beten sollte.
    Da Béranger von Natur aus nicht sonderlich kämpferisch veranlagt war, führte er die expansionistische Politik seines Vaters nicht fort, sondern zog es vor, den Wohlstand seiner Untertanen zu mehren.
    Die zahlreichen Feinde, die sich sein Vater Azémard im Laufe der Jahre (und der Überfälle) gemacht hatte, legten seine Zurückhaltung als Schwäche aus und hielten die Stunde der Rache für gekommen. Doch das bekam ihnen schlecht. Nicht nur, daß Béranger ihnen standhalten konnte, er holte auch noch zu einem gewaltigen Gegenangriff aus, in dessen Verlauf seine Brandschatzer zwei Burggrafschaften des Bannerherrn von Roumdgoux und ein Lehen niederbrannten, die alle der Gerichtsbarkeit des Bischofs von Rodez unterstanden. Es kehrte wieder Ruhe ein, aber sie währte nicht lange. An einem kalten Novembertag des Jahres 1095 erging folgender Aufruf von Papst Urban 11.: »0 Volk der Franken, das Gott liebt und das Er auserwählt hat, ein fluchbeladenes Geschlecht ist in das Heilige Land eingefallen ... «
    Mit einer Begeisterung, die an Verzückung grenzte, leisteten die Adeligen des Königreichs scharenweise dem Aufruf zum Heiligen Krieg Folge - mit Ausnahme des Ranghöchsten unter ihnen, dem König, der sich mit dem Papst wegen einer Ehebruchsgeschichte überworfen hatte. Die Vorbereitungen begannen ohne ihn.
    Der fromme Béranger war unter den ersten, die sich zum Kreuzzug aufmachten. Er schloß sich der Armee des Grafen Raimond Saint-Gilles an.
    An der Spitze seiner hundertfünfzig Mann, die bis an die Zähne bewaffnet waren, zog er kurz vor Sonnenuntergang in Toulouse ein. Sein Gefolge wurde von seinen Brandschatzern eskortiert, die mit ihren brennenden Fackeln für große Aufregung sorgten.
     
    Genau wie der Graf, der bei italienischen Bankiers einen Großteil seines Lebens, einschließlich Rodez, mit einer Hypothek belastet hatte, um die Kosten des Kreuzzugs zahlen zu können, mußte auch Béranger sein gesamtes Land beleihen, um seine Männer zu bewaffnen, kleiden und verköstigen zu können.
    Dieser erste Kreuzzug
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