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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes
Autoren: Berndorf Jacques
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zwei Schritte zur Küche hin, stoppte erneut und drehte sich um.
»Weißt du Arschloch eigentlich, dass ich wegen dir arbeitslos werde?«
»Du kannst die Sicherheitsleute in den Baumärkten führen«, entgegnete Dreher erstaunlich klar und eindeutig. Mann dachte, das sei reine Ironie, aber er entdeckte keine Spur von Hohn in Drehers Gesichtszügen. Als er endlich die Küche verließ, sah er das Mädchen. Sie musste die Treppe heruntergekommen sein, sie stand barfuß auf den dunklen Fliesen des Treppenhauses und schaute ihn mit unendlich großen Augen an. Sie mochte zehn Jahre alt sein und trug ein weites weißes T-Shirt. Ihre feinen hellblonden Haare hingen ihr ins Gesicht.
»Hallo«, sagte Mann. 
    »Wer bist du denn?«
»Sandra«, antwortete sie verschlafen.
»Wo ist mein Papa?«
»Wie heißt denn dein Papa?«
»Rudi«, sagte sie. Rudi ist der Blonde, den Peter angeschossen hat, dachte Mann.
»Na komm mal mit. Rudi hat sich ein bisschen verletzt, aber das wird wieder.« Er streckte die Hand nach ihr aus, aber sie zuckte zurück. Nun erst registrierte Mann, dass er voller Blut war. Er musste Schrecken erregend aussehen.
»O ja«, murmelte er,
»daran habe ich nicht gedacht. Soll ich dich zu deinem Papa bringen?«
»Ja«, nickte sie misstrauisch. Mann setzte sich wieder in Bewegung. Ein Kind, ausgerechnet hier. Na klar, sie hatten sich vollkommen sicher gefühlt. Warum also kein Kind? Er spürte das Mädchen hinter sich. Als sie ins Freie traten, war plötzlich der junge Hund wieder da und sprang vor Freude jaulend erst an ihm, dann an dem kleinen Mädchen hoch.
»Dein Papa ist da hinter der alten Schmiede«, erklärte Mann tonlos.
»Er hat sich ein bisschen wehgetan, aber das ist nicht so schlimm.« Ihm fiel ein, dass Rudi silbernes Isolierband über dem Mund kleben hatte, und er beeilte sich, als Erster bei dem Mann zu sein. Er riss ihm das Isolierband ab und Rudi jaulte hoch wie der junge Hund.
»Siehst du, hier ist dein Papi«, sagte Mann laut. In der Ferne waren endlich die Sirenen heranjagender Wagen zu hören. Mann ließ sich ins Gras fallen und sah dem Mädchen zu, wie es mit dem Hund zusammen zu seinem Vater lief und sich dann neben ihm auf den Boden setzte.
»Hallo«, sagte Rudi schwach.
»Sandra, alles klar?«
»Ja«, sagte das Mädchen.
»Was ist hier los?«
»Nichts Besonderes«, antwortete der Vater groteskerweise.
»Sag mal, Rudi, wer hatte die Idee mit Dreher?«, wollte Mann wissen.
»Scheißidee«, verbesserte Rudi.
»Das war eine Scheißidee. Das war mir gleich klar. Natürlich stammt die Idee von Hirtenmaier. Der kriegt den Hals nie voll genug, der will immer mehr. Wir haben ihm von Dreher und Drehers Garten erzählt. Und dass Drehers Ehefrau sich weigerte, die sechshundertzwanzig Euro für die Spalierobstwand zu bezahlen. Daraufhin sagte Hirtenmaier: Ich weiß, wie wir an das Geld kommen. Wir holen uns Dreher!« Das Heulen der Sirenen kam näher, im Zwielicht sah man zuerst die grellen blauen Lichter. Mann starrte auf die Szene, als habe er damit nicht das Geringste zu tun. Plötzlich gab es einen Riesenkrach, im Inneren des Hauses explodierte etwas. Völlig synchron sprangen rechts und links vier Endzeitkrieger in martialisch aussehenden Helmen um die Hausecke und zielten sicherheitshalber mit ihren Schusswaffen auf alles, was sich möglicherweise bewegte.
»Schon gut«, sagte Mann gemütlich in die brutale Lautlosigkeit.
»Hier sind nur noch Sanitäter vonnöten.« Blum trabte um die Ecke, betrachtete einige Sekunden das Schlachtfeld und schrie dann:
»Ärzte und Sanitäter hierher!« Dann grinste er matt und winkte Mann zu sich her. 
    »Bist du auch verletzt?«
»Nein. Das ist Blut von den anderen. Wie ist es euch ergangen?«
»Na ja. Das war kein voller Erfolg. Wir haben einen Haufen Bargeld und alle möglichen Drogen gefunden. Sechs Männer konnten wir festnehmen. Also fehlen mindestens noch drei. Und Hirtenmaier. Eines der Häuser war leer. Wie ist es hier gelaufen?« Als Mann seinen Bericht beendet hatte, stöhnte Blum:
»Mein lieber Herr Kokoschinsky, ihr habt ja zugelangt. Was wäre denn gewesen, wenn Dreher …«
»Darüber möchte ich nicht mal nachdenken«, wehrte Mann heftig ab.
»Hast du was zu rauchen bei dir?« Blum reichte ihm eine Zigarette. In der Luft wurde ein Knattern hörbar, das schnell lauter wurde.
»Der Hubschrauber für die Verletzten«, stellte Blum fest.
»Dann wollen wir hier mal aufräumen und dann frühstücken.«
»Ich will nicht frühstücken«, sagte
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