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Die Rache des Bombenlegers

Die Rache des Bombenlegers

Titel: Die Rache des Bombenlegers
Autoren: Stefan Wolf
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sich umgedreht, weil er
einen Wagen hörte. Aber es war kein mitternachtsblauer Rolls Royce, sondern ein
durchgerosteter uralter Mustang, der die stille Straße entlang keuchte. Der
Fahrer hielt Schrittempo und schien eine Hausnummer zu suchen. Jedenfalls
interessierte er sich lebhaft für rechts und links des Weges. Als er an den
TKKG-Freunden vorbeirollte, wandte er sein Gesicht her.
    Tarzan sah ihm direkt in die Augen — in
kalte, fischige Augen, die keine Wimpern hatten und fast keine Brauen.

    Der Wagen entfernte sich, aber das
Gesicht war unauslöschlich in Tarzans Gedächtnis eingeprägt. Sonderbar! Wieso
fand er diesen Mann so abstoßend? Weshalb sah er ihm nach, obwohl es nur eins
von ungezählten Gesichtern war, die ihm, Tarzan, tagtäglich in der Stadt
begegneten?
    Der Mann im Mustang hatte ein eckiges
Gesicht mit weißer, glasiger Haut. Abgesehen von den bösen Augen fiel nur das
spitze Kinn auf. Aber der Ausdruck insgesamt war es gewesen, was Tarzans
Instinkt alarmiert hatte.
    Ein Typ, dachte er, den man sich merken
muß. So könnte ich mir einen Bombenleger vorstellen. Sucht der vielleicht ein
neues Ziel für seine Dynamitpakete? Wie wär’s denn mit einem mitternachtsblauen
Rolls Royce, Herr Feuerwerker? Himmel, nein! Jetzt werde ich gehässig! Nicht
mal Adolf würde ich das wünschen.
    „…oder wollen wir hier Wurzeln
schlagen?“ fragte Gaby.
    „Was?“
    „Ob du träumst, habe ich gefragt?“
    „Wenn ja“, lachte Tarzan, „war’s ein
Alptraum. Aber bevor, wie du meinst, aus den Hornhäuten unter euren Füßen
Würzelchen wachsen, werden wir Adolf, dem Wüterich, die Rechnung servieren. Man
folge mir!“
    Er schob sein Rad durchs Tor und
stiefelte die Auffahrt entlang zur Garage. Dort lehnte er sein Rad an. Noch ein
paar Schritte zur Villa. Auch sie war vor vielen Jahren gebaut, enthielt etwa
15 Zimmer — ohne Nebenräume — und befand sich in einem Zustand, den heutige
Neubauten nicht mal am Tag ihres Erstbezugs aufweisen.
    Der Eingang war ein Portal — mit gleich
drei Rundbögen und Kupferbeschlägen auf schwerem Holz.
    Tarzan wartete, bis seine Freunde sich
bei ihm versammelten. Dann klingelte er.
    Tief drinnen im Haus schlug ein Gong
an, sehr gedämpft: ping — pang — pong.
    Nichts geschah. Tarzan ließ eine Minute
vergehen, bevor er abermals und zwar anhaltend klingelte.
    Das Portal wurde geöffnet. Vor dem
matten Licht der Diele stand ein alter Mann: klapperdürr, gebeugt, mit faltigem
Hals und einem müden Opa-Gesicht voller Runzeln. Er hatte schlohweißes Haar. In
jedem Ohr steckte eine Hörhilfe. Zittrige Hände hielten die Aufschläge seiner
Jacke fest, als befürchte er, sie könnte ihm von den Schultern rutschen. Er war
schwarz gekleidet, mit weißer Hemdbrust und Querbinder.

    Wie ein Butler (Haushofmeister
großer englischer Häuser), dachte Tarzan. Vielleicht ist er das auch.
    „Guten Tag“, sagte er. „Wir möchten zu
Herrn Burkert.“
    „Du mußt lauter sprechen“, sagte der
Alte. „Ich bin schwerhörig, und der Batterie von meinem dritten Ohr geht der
Saft aus.“.
    „Guten Tag!“ brüllte Tarzan.
    „Na, ich weiß nicht“, brummelte der
Alte. „Es gibt bessere. Was wollt ihr?“
    „Zu Herrn Burkert!“
    „Oskar begann zu winseln. Er war es
nicht gewöhnt, daß Tarzan so schrie.
    „Da kommt ihr vergebens“, meinte der
Alte. „Adolf ist nicht zu Hause.“
    „Sind Sie sein Vater?“
    Entsetzt streckte der Alte die Hände
aus. „Gott bewahre! Ich bin Diener. Ja, guckt nur. Sowas gibt’s heutzutage
nicht mehr. Aber ich habe schon den alten Herrn Burkert bedient, dann Adolfs
Vater und dann Adolf, und jetzt habe ich hier Wohnrecht bis an mein Ende. Und
ich lasse mich“, plötzlich drehte er die Stimme auf, daß Tarzans Gebrüll
dagegen wie ein Flüstern war, „nicht raussetzen. Ich nicht! Ich habe Wohnrecht!
Und Rente obendrein. So hat es der selige Herr Burkert sen. seinerzeit verfügt.“
    O weh! Tarzan unterdrückte ein Grinsen.
Offenbar war der Opa nicht mehr ganz hell auf der Platte. Ist es doch immerhin
unüblich, wildfremder Jugend gleich so mit seinen Sorgen zu kommen. Wollte
Adolf dieses ererbte Faktotum (jemand, der im Haus alles besorgt) rausekeln? Sähe ihm ähnlich.
    „Wann kommt Herr Burkert zurück?“
lenkte Tarzan wieder auf sein Anliegen.
    „Keine Ahnung. Hoffentlich überhaupt nicht
mehr.“
    „Hier herrscht offenbar Kriegszustand“,
sagte Karl in normaler Lautstärke, wovon der Alte nichts hörte.
    Er fummelte an seinem Hörgerät
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