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Die Rache Der Rose

Die Rache Der Rose

Titel: Die Rache Der Rose
Autoren: Michael Moorcock
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und die schwarze Strahlung wallte auf und nieder und umspielte die Ränder. Und jetzt zögerte der Drache und beäugte ihn beinahe wachsam, als seine Kiefer einige Augenblicke lang auf dem Kopf des Pferdes kauten und die Kehle eine einzige Schluckbewegung vollführte. Elric hatte keine andere Wahl. Er stürmte auf seinen massigen Widersacher los. Die großen Augen versuchten ihm zu folgen, als er in den Mais hinein- und wieder hinaustauchte, und die Kiefer troffen von blutigem Speichel, der alles versengte und tötete, was er berührte. Doch Elric war unter Drachen aufgezogen worden und kannte ihre Verwundbarkeit so gut wie ihre Macht. Er wußte, daß es Stellen gab, an denen er zuschlagen und sie wenigstens verwunden konnte, falls er dicht genug an die Bestie herankam. Das war seine einzige Hoffnung.
    Als sich der Kopf des Ungeheuers suchend nach ihm umdrehte, die Fänge krachend aufeinanderschlugen und heftige Atemzüge aus Kehle und Nüstern brachen, hechtete Elric ihm unter den Hals und schlug nach jener kleinen Stelle auf etwa halber Höhe, wo die Schuppen stets weich waren, zumindest bei melniboneischen Drachen; dennoch schien der Drache seinen Schlag zu spüren und scheute zurück, die Klauen fetzten durch Boden und Korn wie eine ungeheure Sense, und Elric wurde von einem großen Erdklumpen zu Boden gestreckt und halb begraben, so daß er sich jetzt freizumühen hatte.
    Es geschah in diesem Augenblick, daß eine bestimmte Bewegung des Kopfes der Bestie, ein Lichterspiel auf den ledrigen Lidern, ihm innezuhalten gebot, und sein Herz sprang in plötzlicher Hoffnung.
    Eine Erinnerung wollte sich auf seine Lippen drängen, schien sich jedoch nicht konkret manifestieren zu wollen. Er bemerkte, daß er Worte der Hohen Sprache von Melnibone bildete, das Wort für ›Verbundfreund‹. Er begann die alten Worte des Drachenrufs zu sprechen, die Kadenzen und Melodien, auf die die Bestien ansprachen, falls sie es so wollten.
    In seinem Kopf war eine Melodie, eine Art der Sprache, und dann ertönte wieder ein Wort, doch dies war ein Klang wie Wind durch Weiden, Wasser durch Steine; ein Name.
    Daraufhin ließ der Drache den Kiefer zusammenklappen und suchte nach der Quelle der Stimme. Die eisenscharfen Lappen auf ihrem Nacken und ihrem Schwanz - denn es war ein Weibchen - senkten sich wieder, und die Lefzen ihres Maules brodelten nicht mehr vor Gift.
    Immer noch äußerst vorsichtig erhob sich Elric langsam, schüttelte sich die feuchte Erde vom Körper, während Sturmbringer immer noch eifrig wie stets in seiner Hand lag, und trat einen Schritt zurück.
    »Lady Narbenschnauze! Ich bin dein Verwandter, ich bin Kleine Katze. Ich bin dein Hüter und dein Führer, Narbenschnauze Lady, ich!«
    Die grüngoldene Schnauze, an deren Unterseite sich eine längst verheilte Narbe befand, stieß ein fragendes Zischen aus.
    Elric steckte seine murrende Höllenklinge zurück und vollführte die komplizierten und feinen Gesten der Verwandtschaft, die ihm von seinem Vater für jenen Tag beigebracht worden waren, da er der oberste Drachenlord von Imrryr sein würde, Drachenherrscher der Welt.
    Die Brauen des Drachenweibchens zogen sich zu einem Stirnrunzeln zusammen, die massigen Lider senkten sich und verbargen halb die riesigen kalten Augen - die Augen einer Bestie, die älter als jedes sterbliche Wesen war, älter vielleicht als die Götter…
    Die Nüstern, in die Elric ohne Schwierigkeiten hätte hineinklettern können, bebten und schnüffelten, und eine Zunge zuckte - ein großes, nasses, ledriges Ding, lang und schmal und am Ende gegabelt. Einmal berührte sie fast Elrics Gesicht, dann huschte sie über seinen Körper, bevor der Kopf sich zurückzog und die Augen in wilder Frage auf ihn herunterstarrten. Zumindest für den Augenblick war das Ungeheuer ruhig.
    Elric befand sich mittlerweile nahezu in Trance, als die alten Beschwörungen sein Gehirn überfluteten. Sich hin und her wiegend stand er vor der Drachin. Bald wiegte sich auch ihr Kopf und folgte den Bewegungen des Albinos.
    Und dann gab der Bauch der Drachin auf einmal ein leises Geräusch von sich, und sie senkte den Kopf, um den Hals auf dem Boden zwischen dem zerstampften und ruinierten Korn auszustrecken. Die Augen folgten ihm, als er näher schritt und das Lied der Annäherung murmelte, das ihn sein Vater gelehrt hatte, als er elf Jahre alt gewesen und zum ersten Mal in die Drachenhöhlen von Melnibone mitgenommen worden war. Die Drachen schliefen dort bis zu diesem Tag.
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