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Die Rache Der Rose

Die Rache Der Rose

Titel: Die Rache Der Rose
Autoren: Michael Moorcock
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Für jeden tätigen Tag mußte ein Drache hundert Jahre lang schlafen, um jenen sonderbaren Stoffwechsel zu regenerieren, der feurigen Speichel - stark genug, um Städte zu vernichten -, zu erschaffen vermochte.
    Wie diese Drachendame erwacht und wie sie hierhergekommen war, blieb ein Geheimnis. Zweifellos hatte Zauberei sie hierherversetzt. Aber hatte es irgendeinen Grund für ihre Ankunft gegeben, oder hatte es sich wie bei Wheldrake um die bloße Nebenwirkung eines anderen Zauberwerkes gehandelt?
    Elric hatte keine Zeit, diese Frage jetzt zu klären, als er in gemächlichen rituellen Schritten zu der natürlichen Erhebung oberhalb jener Stelle schritt, an der sich der Führungsteil ihres Flügels mit der Schulter verband. Dort hatten die Drachenmeister von Melnibone ihre Sättel befestigt, und dort war er in seiner Jugend nackt umhergeritten, und nur sein Geschick und das Wohlwollen des Drachen hatten ihn am Leben erhalten.
    Viele Jahre und eine zermürbende Kette von Ereignissen hatten ihn zu diesem Augenblick gebracht, zu einer Zeit, als sich die gesamte Welt veränderte, als er nicht einmal seinen eigenen Erinnerungen vertraute… Fast rief ihn die Drachin jetzt, fast schnurrte sie und erwartete seinen nächsten Befehl, wie wenn eine Mutter die Spiele ihrer Kinder duldete.
    »Narbenschnauze Schwester, Narbenschnauze Verwandte, dein Drachenblut ist mit unserem vermischt und unseres mit eurem, und wir sind gepaart, wir sind freundlich; wir sind eins, der Drachenreiter und der Drachenträger; ein Ehrgeiz, ein gemeinsames Bedürfnis. Drachenschwester, Drachenmutter, Drachenehre, Drachenstolz …« Die alte Sprache rollte, trillerte und klickte ihm von der Zunge; sie kam ohne einen bewußten Gedanken; sie kam ohne Anstrengung, ohne Zaudern, denn Blut erinnerte sich an Blut, und alles andere geschah wie von selbst. Es war ganz natürlich, auf den Rücken der Drachin zu steigen und die alten freudvollen Befehlsgesänge anzustimmen, die komplizierten Drachenbanne seiner entfernten Vorgänger, die ihre höchsten Künste mit ihren praktischsten Bedürfnissen verbanden. Elric erinnerte sich an das Edelste und Beste in seinem Volk und in ihm selbst, und selbst als er dies auskostete, betrauerte er die selbstversessenen Kreaturen, zu denen sie geworden waren, die ihre Macht nur noch dazu nutzten, um ihre Macht zu erhalten, und das, so nahm er an, war der wahre Verfall…
     
    Und jetzt erhob sich der schlanke Hals der Dame, wiegte sich leise hin und her wie eine hypnotisierte Kobra, ihre Schnauze neigte sich der Sonne zu, ihre lange Zunge schmeckte die Luft, ihr Speichel tropfte langsamer herab und zerfraß den Boden, den er berührte, und ein schwerer Seufzer wie ein Wohllaut der Zufriedenheit entwich ihrem Bauch, und sie bewegte ein Hinterbein, dann das andere, schwankte und neigte sich wie ein sturmgepeitschtes Schiff, während sich Elric um das liebe Leben festklammerte und sein Körper hin und hergeschleudert wurde, bis sich Narbenschnauze schließlich aufgerichtet hatte; ihre Klauen legten sich zusammen, und ihre Hinterbeine richteten sich auf. Immer noch schien sie zu zögern. Dann faltete sie die Vorderbeine in das samtweiche Leder ihres Bauches, und erneut prüfte sie die Luft.
    Ihre Hinterbeine machten einen kleinen Hüpfer. Ohrenbetäubend schlugen die massigen Flügel ein einziges Mal. Ihr Schwanz peitschte, um ihr unregelmäßig verteiltes Gewicht zu verlagern, und sie war aufgestiegen, sie schwebte und stieg immer höher - stieg durch die elenden Wolken in die blaue Vollkommenheit eines Spätnachmittagshimmels, die Wolken lagen unter ihnen wie sanfte weiße Hügel und Täler, wo vielleicht die harmlosen Toten ihren Frieden finden konnten; und Elric war es einerlei, wohin der Drache flog. Er war froh zu fliegen, wie er als Junge geflogen ist - er teilte seine Freude mit seiner Drachengefährtin, teilte ihre Sinne und ihre Gefühle, denn dies war die wahre Vereinigung zwischen Elrics Vorfahren und ihren Bestien, eine Vereinigung, die stets bestanden hatte, und deren Ursprünge nur in unwahrscheinlichen Legenden erklärt wurden, dies war die Symbiose, mit der sie zunächst natürlich und freudig sich gegen Möchtegerneroberer zu verteidigen gelernt und später, selbst zu Eroberern geworden, alle ihre Opfer überwältigt hatten. Sie waren begierig auf mehr Eroberungen geworden, als ihnen die natürliche Welt zu bieten hatte, also suchten sie übernatürliche Eroberungen, und so kam es zum Schaffen ihres Bandes mit
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