Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
Vom Netzwerk:
Hals, dann wurde er schlagartig wieder ernst. »Du kannst es nicht. Dann lebe mit der anderen Last! Tag für Tag. Nacht für Nacht! Jeden gottverdammten Tag deines Lebens!«
    In einem Bogen schwang der Waffenlauf wieder zurück zu Francescas Kopf.
    Mit einem Mal warf Francesca den Kopf nach oben. Ihre Haare flogen hoch. Ihre Wangen und Augenpartien waren geschwollen und blaurot verfärbt. Sie riss die Augenlider weit auf, und Benn sah ihre Pupillen.
    Es war, als würden alle Schleusen geöffnet. Mit dröhnendem Getöse fluteten die Gefühle aus den verschlossenen Kammern in das Vakuum in seinem Kopf.
    Erst durchspülten ihn tausend Schrecken, bereiteten für einen kurzen Moment der Angst den Weg. Dann jagte Wut durch ihn hindurch. Und endlich, endlich kam der befreiende Hass, der alle Überlegungen mit sich fortriss wie die riesige Welle, die kein Deich und keine Sperre aufhalten können.
    Er zog den Abzug durch, ohne es zu merken.
    Die Waffe in seiner Hand ruckte nach oben. Einmal, zweimal, dreimal.

Kapitel 67
    ALTE BUNKERANLAGE
     
    Benn saß mit dem Rücken an der Wand und hielt sie in seinem linken Arm. Fassungslos darüber, wie das alles hatte passieren können, streichelte er immer wieder ihre Hände, die schlaff und kraftlos auf ihrem Bauch lagen.
    Duvall hatte seine Drohung wahr gemacht. Benn konnte sich nicht einmal daran erinnern, den Schuss gehört zu haben.
    Alles umsonst.
    Ihre Augen waren halb geöffnet und suchten seinen Blick.
    »Streng dich nicht an. Es muss bald Hilfe kommen. Sie werden uns hier finden.«
    »Er ist tot, oder?«, flüsterte sie plötzlich.
    »Ja. Er ist tot.«
    »Hoffentlich brauchen sie noch eine Weile.«
    »Was redest du?«
    »Wenn wir schon nicht zusammen leben können, dann will ich wenigstens in deinen Armen sterben. Nicht festgeschnallt auf einer Liege in einem Krankenwagen.«
    »Du stirbst nicht.«
    Sie antwortete nicht, sondern schloss die Augen, um sie nach einer Weile wieder zu öffnen.
    »Du musst kämpfen. Hörst du. Kämpfen.« Er hob den Kopf und sah verzweifelt in den Raum, als würde irgendwo dort eine Lösung warten. Sein glasiger Blick verlor sich in den zitternden Flammen der noch brennenden Kerzen und den Schattenmustern an den Wänden.
    Ein feines Lächeln bildete sich in ihren Mundwinkeln.
    »Ich habe keine Schmerzen. Und ich liege in deinen Armen. Mehr will ich nicht. Mehr brauche ich nicht.«
    »Francesca ... Francesca ...«
    Benn nahm das blutdurchtränkte Tuch von der Wunde. Duvalls Schuss war am Halsansatz in ihren Körper eingedrungen. Die Wunde war ein blutiger, leicht ovaler Krater mit einem schwarzroten Schmutzsaum. Das austretende Blut hatte sich mit den rußigen Resten aus dem Waffenlauf vermischt, die die Kugel beim Eindringen an der Haut abgestreift hatte.
    Rund um das Einschussloch war die Haut durch zerrissene Blutgefäße rötlich verfärbt. Aus der Wunde floss kein Blut mehr.
    »Du wirst leben. Die Wunde blutet nicht mehr.«
    Wieder schloss sie für Sekunden die Augen, öffnete sie dann mit einem kaum merklichen Kopfschütteln und formulierte nur schwer ihre Worte.
    »Ich spüre, wie ich innerlich auslaufe. Ich werde sterben.«
    Hilflos legte er das Tuch wieder auf die Wunde. Die Verzweiflung schnürte ihm die Kehle zu. Er wollte ihr so vieles sagen, sie trösten, sie ermuntern, von den erhofften Kindern sprechen - und brachte kein Wort heraus.
    Die Flammen von zwei Kerzen flackerten heftig auf, dann erloschen sie. Rauchfäden kräuselten in die Höhe.
    »Sag mir, was diesem Kemper passieren wird.«
    Benn schossen Tränen in die Augen.
    »Warum willst du das wissen?«
    Er streichelte wieder ihre Hände und spürte eine Welle der Dankbarkeit, als sie mit einem schwachen Druck ihrerseits reagierte.
    »Ich möchte nicht umsonst sterben.«
    Benn rannen die Tränen einfach über die Wangen.
    »Du stirbst nicht!«
    Sie antwortete mit einem festeren Druck ihrer Hände.
    »Er und seine Erfindung sind gerettet«, sagte er tonlos.
    »Dann werden alle etwas davon haben.«
    Das wäre schön, dachte Benn und zögerte mit der Antwort. Er wusste nicht, was mit Kemper und seiner Erfindung passieren würde.
    »Ja, alle werden etwas davon haben.«
    »Ich weiß, ich denke naiv«, flüsterte Francesca mit schwacher Stimme. »Aber mit diesem Traum fällt es mir leichter.«
    »Ich hasse alle.« Benn zitterte. Er war kurz davor durchzudrehen.
    »Benn. Benn ...«
    Ihre Stimme war nur noch ein leiser Hauch.
    »Damit würde Duvall sein Ziel erreichen. Noch im Tod

Weitere Kostenlose Bücher