Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Prophezeiung

Die Prophezeiung

Titel: Die Prophezeiung
Autoren: Mona Nebl
Vom Netzwerk:
und veränderten sich. Zaramé hatte das Gefühl das Gleichgewicht zu verlieren. Hilfesuchend streckte sie die Hand aus und Karim ergriff sie. Ein heißer Schmerz durchzuckte sie und sie sah einen Mann – es war Karim – in Rüstung, wie er das Schwert erhob, wie um sie zu töten. Sie sah sich selbst, auf Knien, die Hände zur Abwehr erhoben, hinter ihr schienen Menschen leblos am Boden zu liegen – was war geschehen?
    „Zaramé, was ist denn mit d ir, ist dir nicht wohl?“, hörte sie die angstvolle Stimme des Jungen. Kraftlos ließ sie sich zu Boden sinken. Alles um sie herum wurde wieder scharf und sie gewahrte die erschrockenen Gesichter von Karim und Solana. Prüfend sah Zaramé in Karims Gesicht. War es ein Traum gewesen oder hatte sie die Zukunft gesehen? So etwas war ihr noch nie zuvor geschehen! Sie schüttelte den Kopf: So ein Unsinn, als würde ihr Karim je etwas antun! Sie stand vorsichtig auf, fühlte sich noch etwas wackelig, als schwankte der Boden unter ihr. Alle Geräusche erschienen ihr nun besonders laut und ihr Herz klopfte in rasender Geschwindigkeit, als wolle es sie zur Flucht überreden. Sie hörte ein Rascheln unter der Treppe und ein Knarren im Gebälk hoch über ihrem Kopf. Und leises Geplätscher unter ihren Füßen! Sie sah nach unten: Nichts, natürlich nicht! Der Steinfußboden der großen Halle, was sollte darunter auch sein?
    „Zaramé, geht es wieder?“, fragte Karim erneut.
    Dann ertönten laute Schritte und plötzlich stand Niall vor ihnen. Solanas Augen begannen zu glänzen, denn der junge Schmiedsohn gefiel ihr sehr. Niall begrüßte die Königskinder ehrerbietig, ohne jedoch untertänig zu wirken. Dann wandte er sich mit besorgtem Gesicht Zaramé zu.
    „Zaramé, was ist passiert? Geht es dir nicht gut?“
    Langsam fühlte sie sich wieder in der Lage, Antwort zu geben. „Niall, gut, dass du da bist! Mir war gerade etwas schwindelig, aber nun geht es wieder. Ich wollte gerade nach Hause gehen.“ Niall nahm Zaramé sanft am Arm, verabschiedete sich trotz Solanas offensichtlicher Enttäuschung und schob seine Schwester zum Tor hinaus. Kaum waren sie draußen, drehte er Zaramé entschlossen herum.
    „Was ist passiert, Zaramé ? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen!“ Zaramé begann zu zittern und sie schlang ihre Arme um seine Taille.
    „Es war furchtbar, Niall. Ich hoffe, es war nur ein Tagtraum und ich kann nun nicht auch noch in die Zukunft sehen! So viele Tote und Karim wollte mich umbringen!“
    In Niall stieg ein ungutes Gefühl empor, Zaramé hatte seiner Ansicht nach noch viel mehr Fähigkeiten als die, deren sie sich bewusst war. Dennoch zwang er sich zu lachen. „Karim ist in dich verliebt, er würde sich eher seine eigene Hand abhacken. Na ja, dafür ist er wahrscheinlich zu feige. Dass er dich töten könnte, wage ich zu bezweifeln. Wo warst du denn in deinem Traum?“, fragte er möglichst beiläufig. Ein kurzer prüfender Seitenblick seiner Schwester sagte ihm jedoch, dass sie sein Ablenkmanöver durchschaut hatte. Zaramé sagte scharf: „Karim ist schüchtern und verängstigt wegen seiner Eltern und seiner Schwester. Aber er ist nicht feige, Niall. Deshalb wäre es gut möglich, dass er sich in der Zukunft anders entwickelt, als wir es ihm jetzt zutrauen. Aber das ist noch nicht alles, was heute geschehen ist. Heute Morgen habe ich am Wandteppich ein geheimnisvolles Wesen gesehen, es könnte eine Elfe gewesen sein. Sie war etwa so lang wie meine Elle, schimmerte blau und silbern und hatte ganz seltsame Augen. Leider habe ich sie wieder losgelassen und sie ist irgendwie in einer Höhle im Wandteppich verschwunden. Diese Höhle war zuvor noch nie zu sehen und ist jetzt auch wieder weg! Dann habe ich gerade eben Plätschern unter meinen Füßen gehört. Werde ich verrückt, Niall?“, fragte sie beinahe ärgerlich und schüttelte ihre rote Mähne, so dass sie nur so flog. Niall sah auf sie hinunter und dachte sich wieder, wie hübsch sie doch ist. Die zarte Haut, die vorwitzige kleine Stupsnase und momentan natürlich die gerunzelte Stirn zwischen den goldbraunen Augen. Sie war nicht seine Schwester, das vergaß er zumeist. Woher kam sie und woher hatte sie ihre besonderen Fähigkeiten? Die Macht, andere bewegungslos werden zu lassen, wenn sie wütend war. Die herausragende Intelligenz, aufgrund derer sie eine schnellere Auffassungsgabe hatte als jeder andere in der Stadt. Sie vermochte in kürzester Zeit die Kräuter zu erkennen, zu benennen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher