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Die Prophezeiung

Die Prophezeiung

Titel: Die Prophezeiung
Autoren: Krystyna Kuhn
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spät gekommen sind. Das muss ja eine echte Show gewesen sein.«
    Chris rollte die Augen. »Ich kann auf so einen Scheiß verzichten«, knurrte er. »David hat ihm schon hundertmal gesagt, dass er endlich die Drogen aufgeben soll. Aber Benjamin macht sich nur über ihn lustig und behauptet, selbst Moses wäre vermutlich nur bekifft gewesen, als er den brennenden Dornbusch sah. Vielleicht hat er recht, egal, ich mische mich da nicht ein …« Chris stockte kurz und kniff die Augen zusammen. »Wenn jemand erst einmal damit angefangen hat, dann kann man als Außenstehender kaum etwas machen.«
    Katie schüttelte den Kopf. Chris und Julia verstanden nicht, was sie sagen wollte, aber andererseits – es machte ja auch keinen Unterschied. Sie lebte ihr Leben – und Ben seins. Im Grunde genommen ging es sie nichts an, wenn er sich zugrunde richtete.
    Sie wandte sich zum Gehen. »Egal«, sagte sie. »Wir kommen zu spät zum Bio-Grundkurs. Und, Scheiße, ich bin nicht vorbereitet.«
    »Was wollte Ben eigentlich ausgerechnet von dir, Katie?«, hörte sie Julia fragen. »Er ist ja sonst nicht gerade dein bester Freund.«
    Katie zuckte zusammen, aber ihre Stimme war völlig ruhig, als sie sagte: »Ich habe keine blasse Ahnung. Er hat nur irgendwelchen Unsinn geredet von wegen Stairway to heaven. Aber wenn ihr meine Meinung hören wollt: Der stand nicht auf den ersten Treppenstufen Richtung Himmel, sondern war auf dem besten Weg zur Hölle.«

Grace Dossier
    Aufzeichnungen aus Elizas Notizbuch
    (05. August 1974)
    Uhrzeit: zehn Uhr abends.
    Wetterverhältnisse: sechs Grad.
    Nanuk Cree hat wie versprochen die Vorräte hier hochgebracht und beim Anblick der Konserven, Cornflakes-Packungen und Pakete mit Kaffee, Zucker und Milchpulver, Ersatzbatterien, Kerzen, Streichhölzer wird mir klar, dass wir tatsächlich hier oben bleiben werden.
    In einer halben Stunde wollen wir uns treffen und den Tag besprechen. Die Zeit bis dahin werde ich nutzen, um meinen Bericht über den Tunnelaufstieg noch einmal zu überarbeiten.

    Bericht über die Ereignisse im Tunnel:
    Feuchtigkeit an den Holzwänden, die Balken über uns strömen einen fauligen Geruch aus. Gleichzeitig Staub in der Luft. Ich darf nicht an die niedrige Decke über mir denken.
    Panik.
    »Alles okay?«, fragt Mark hinter mir. Er schiebt sich in dem engen Gang an mir vorbei, und als wir dicht voreinander stehen, zieht er mich an sich. Für einige Sekunden liegt mein Kopf an seiner Brust. Ich spüre seinen Herzschlag, als sei es mein eigener.
    »Es tut mir leid, dass ich dich überredet habe mitzukommen.«
    Ich schüttele den Kopf. »Meine Mutter hätte verlangt, dass ich nach Korea komme. Das wäre viel schlimmer als dieser Tunnel.«
    Die Stimmen der anderen, die die Dunkelheit schon lange verschluckt hat:
    Kathleens helles Lachen.
    Ausrufe des Erstaunens.
    Milton, angespannt: »Lasst uns weitergehen.«
    Franks Antwort: »Wow. Vielleicht haben wir hier ein bedeutendes Weltkulturerbe entdeckt. Und noch niemand vor uns war hier unten.«
    Milton, gereizt: »Ach ja? Und woher kommen die Holzbalken?«
    »Geht es?«, fragt Mark. Er weiß, dass ich Angst vor engen Räumen habe.
    Ich bejahe. Vielleicht zu leichtfertig?
    Wir schließen zu den anderen auf.
    Sie starren auf die Höhlenwand. Erst als Mark seine Taschenlampe auf das Gestein richtet, verstehe ich die Aufregung. Die Wand ist über und über mit Zeichnungen bedeckt. Schmale Figuren, Gesichter, die wie Karikaturen wirken. Grässliche Fratzen, Masken, Schlangen, Pferde, ein Jaguar und dazwischen immer wieder komplizierte geometrische Figuren.
    Paul: »Mann, die sind ja überall. Hier, der ganze Seitengang ist voll davon. In jeder Nische und jedem Spalt haben sie Bilder hinterlassen.«
    Grace: »Seht ihr die maskierten Tänzer? Ist das nicht wundervoll? Und diese ovalen Hüte, die sie aufhaben, sind doch witzig, oder? Meint ihr, die waren in der Steinzeit Mode?«
    Milton mahnt noch einmal zum Aufbruch, inzwischen ungeduldig.
    Grace schüttelt den Kopf. Beugt sich näher vor, studiert jede Linie. »Das sind Indianersymbole. Ich möchte nur wissen, woher sie die Farben hatten. Milton, gib mir doch mal die Taschenlampe.«
    Sie richtet den Strahl der Lampe auf den Boden, wo ein Haufen Steine liegen – und Knochen.
    Reste von Tieren oder Menschen? Sie bilden ein kompliziertes Muster.
    Grace bückt sich, hebt einen Stein auf und zieht eine dunkelrote Linie an der Wand. »He, die muss ich unbedingt mitnehmen.«
    Ein leiser Aufschrei.
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