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Die Prophezeiung

Die Prophezeiung

Titel: Die Prophezeiung
Autoren: Krystyna Kuhn
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Aufmerksamkeit Jay Bauer zu, der mittlerweile rot angelaufen war. »Ich bin nicht der einzige Dozent, der eine beklagenswerte Laxheit beobachtet, wenn es um die Grundkurse geht.« Er hob seine Stimme. »Bishop, wir erwarten hier am Grace dasselbe Engagement im Studium generale, das Sie auch in Ihren Hauptfächern an den Tag legen. Vergessen Sie nicht – Sie mögen in Ihren Schwerpunkten noch so brillant sein –, wenn Sie die Grundkurse nicht ernst nehmen, kann das das Ende Ihres Studiums hier im Tal bedeuten.«
    Jaja. Blabla. Katie schaltete schon wieder ab. Bauer war bei seinem Lieblingsthema. Ihn wurmte doch bloß, dass seine Professur auf sich warten ließ und er sich mit dem Grundkurs der Erstsemester herumschlagen musste.
    Auch Chris schien nicht sonderlich beeindruckt von der Standpauke zu sein. Er zuckte gleichgültig mit den Schultern und stützte die Ellenbogen auf die Knie. Professor Bauer wandte sich an eine Studentin in der zweiten Reihe. »Elif? Wie sieht es mit Ihren Vorbereitungen aus?«
    Das Mädchen mit den dunklen, leicht welligen Haaren schob gelangweilt einen Kaugummi in den Mund. Sie nahm ihre Brille ab und drehte sie in der Hand. »Die Mehrzahl der Mykorrhiza-Bäume kommt in den kalten und gemäßigten Klimazonen …«, leierte sie gerade herunter, als mit einem lauten Krach die Tür aufgestoßen wurde.
    Katie wandte sich um.
    Es war Benjamin.
    Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen und die Farbe seines Gesichts konnte man nur noch als leichenfahl bezeichnen. Er zitterte am ganzen Körper und immer wieder beugte er sich vor, die Hände auf dem Magen, als müsse er sich jeden Moment übergeben. Er hatte sich nicht umgezogen, und wenn sie ihn nicht gekannt hätte, dann hätte sie vermutet, er käme direkt aus der Gosse.
    Jay Bauer schaute ihn kopfschüttelnd an, um sich dann wieder seinem Vortrag zuzuwenden, doch er kam nicht dazu. Statt sich irgendwo einen Platz zu suchen, stellte sich Benjamin breitbeinig in den Mittelgang und wandte sich an die Studenten.
    »Fox, sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Wenn Sie schon zu spät kommen, setzen Sie sich gefälligst.« Der Dozent trat einen Schritt nach vorn, doch Benjamin kümmerte sich nicht um ihn.
    »Hört mal alle her!« Benjamin wartete, bis das Getuschel verstummte. »Und merkt euch meine Worte: Wenn einer von euch in meine Nähe kommt, werde ich ihn nicht verschonen! Versteht ihr? Keinen von euch!« Er hob drohend die Faust. »Ihr – ihr alle –, ihr geht mir am Arsch vorbei!«
    Machte er Spaß? War das nur ein Scherz? Vielleicht hatte er irgendwo eine geheime Kamera versteckt und filmte ihre Reaktionen auf sein Verhalten. Vielleicht inszenierte er auch einfach nur so etwas wie eine Realityshow. Zuzutrauen wäre es ihm, aber wie er nun den Mittelgang verließ und sich durch die Reihen der Studenten zu seinem Freund David durchkämpfte, sah es verflucht dramatisch und echt aus. Ein Fetzen Papier fiel aus seiner Hand. Er bückte sich, um es aufzuheben. Dabei verlor er das Gleichgewicht, rutschte zu Boden und rappelte sich wieder auf.
    Aus den Augenwinkeln nahm Katie wahr, wie Jay Bauer nach seinem Handy griff. Vermutlich rief er die Security.
    Benjamin hatte David fast erreicht. »Was glaubt ihr, wer ihr seid? Was glaubt ihr, was ihr wert seid?« Er sprach noch nicht einmal laut, aber im Saal hätte man eine Stecknadel fallen hören können. »Nichts.«
    David sprang auf und packte Benjamin an der Schulter. »Hör auf, Benjamin«, sagte er laut. »Komm, ich bring dich raus.«
    Doch Ben holte aus und schlug seinem Freund ohne Vorwarnung ins Gesicht. Der Schlag war so kräftig, dass David schwankte und Benjamin losließ. Im nächsten Moment schoss das Blut aus seiner Nase.
    Einige Mädchen kreischten.
    Raserei. Das war ein Wort, das Katie nur aus Büchern kannte, aber es traf zu hundert Prozent auf Benjamin zu. Er schien nicht mehr er selbst zu sein.
    »Sand, Sand, überall Sand im Himmel …« Er fasste sich an den Hals und holte schwer atmend Luft. »Jeder Stern«, rief er, »jeder dieser Fuck-Sterne dort draußen, versteht ihr, ist nicht größer als ein Sandkorn und wir alle gehen unter. Wir ersticken in diesen Wüsten auf diesem beschissenen Planeten. Wahrlich, ich sage euch.« Benjamin hob die Hand und hielt kurz inne. Seltsamerweise war es dieser Anblick, der Katie endgültig Angst einjagte. Wie Benjamin da inmitten der Studenten stand und laut rief: »Wahrlich, ich sage euch.«
    »Er soll aufhören, Chris.« Julias Stimme
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