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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor
Autoren: Suzanne Frank
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einmal bewohnt worden. Wir haben eine Reihe von riesigen irdenen Wasserkrügen gefunden, die an einer Wand lehnen.«
    »Wie groß ist riesig?« fragte ich zwischen zwei Bissen Baba Ghanouj. Ich liebe Auberginen.
    »Etwa ein Meter fünfzig.«
    »Cool.«
    »Sie erinnern mich an die Krüge, die man in Qumran gefunden hat. Weißt du noch?«
    Ja, ich wußte noch. Sommer am Toten Meer. Es hatte ungefähr 50°C im Schatten gehabt und gestunken wie auf einer Farm für faule Eier. Wir waren durch den ganzen Wadi gewandert, Mommy und Cammy vorneweg, verschiedene Theorien über die Ausgrabungen und den Fund kommentierend und gegeneinander abwägend, während Vater und ich sonnenverbrannt, mit abpellender Haut und absolut ausgedörrt hinterhergeschlurft waren.
    »Weiter«, sagte ich.
    »Also, diese Krüge, die wir da gefunden haben, sind voller Papyri. Wir haben sie nach Luxor mitgenommen, um die Blätter auszurollen ...« Ihre Augen glühten fanatisch. »Es ist einfach unglaublich, denn alle unsere Tests ergeben, daß der Papyrus aus der Zeit um 1450 vor Christus stammt. Etwa der Zeit von Thutmosis dem Dritten«, erläuterte sie mir, der ägyptolo-gisch Minderbemittelten. Sie beugte sich vor und flüsterte: »Das Ungewöhnliche und Verblüffende daran ist, daß es Zeichnungen sind, wie sie die Ägypter unseres Wissens nie zustande gebracht haben!«
    Eine Sekunde lang kitzelten Zitrus und Weihrauch in meiner Nase.
    »Es sind Illustrationen«, fuhr sie enthusiastisch fort. »Allerdings sind sie so perfekt und detailliert, daß sie fast wie Fotos wirken.« Sie ließ sich unvermittelt zurückfallen. »Und dann sind da noch die Löwen.«
    Ich verschluckte eine Olive. »Löwen?«
    Cammy zuckte mit den Achseln. »Das ganze Gelände scheint ein Löwenfriedhof zu sein. Es gibt Hunderte Knochen; Generationen über Generationen von Löwen sind dort gestorben.« Wieder senkte sich ihre Stimme zu einem Flüstern. »Ich hatte das unheimliche Gefühl, daß sie uns immer noch beobachten.« Sie schauderte.
    Ich nahm einen Schluck von meinem Mineralwasser.
    »Laß mich das mal klarstellen. Der Fund ist so phantastisch, weil ihr Illustrationen aus dem alten Ägypten in fotografischer Qualität entdeckt habt?«
    »Ja. Das glaube ich wenigstens.«
    »Sind es bunte Farben? Sind sie beschriftet, sind sie leicht als Alltagsszenen zu identifizieren oder was?«
    Cammy überlegte kurz. »Wir haben erst ein paar davon ausgerollt. Ein Papyrus zeigt eine Alltagsszene, in bunten Farben; ein zweiter ist . na ja, einfach unerklärlich. Ein dritter ist ein Meisterwerk in Tinte und Holzkohle.«
    Ich spürte, wie beruflich bedingte Neugier in mir aufkeimte.
    »Darf ich sie sehen?«
    Cammy biß sich auf die Lippe und sah mich lange an.
    »Also, wir bewahren sie in Hochsicherheitsbehältern auf.«
    »Aber du hast die Schlüssel dafür?«
    »Jjjjjjaa«, antwortete sie widerstrebend.
    »Ich werde sie nicht anrühren. Ich möchte sie bloß sehen, weil ich für dich >ägyptische< Bilder gemalt habe, seit wir klein waren. Ist dir eigentlich klar, daß sogar deine Ausschneidepuppen Ägypterinnen waren?«
    Cammy lachte. »Na gut, vielleicht war ich ein bißchen fanatisch. Das liegt in der Familie.«
    »Wo bin ich denn fanatisch?« fragte ich dämlich.
    »Bei unseren Wurzeln.«
    Da mußte ich ihr allerdings recht geben.
    Meine Wurzeln hatten mir stets Halt gegeben, selbst während meiner Kindheit in anderen, fremden Ländern. Wurzeln, die mich auf mein europäisches Erbe und meine SüdstaatenFamilie stolz sein ließen. Wurzeln, deren wichtigste eine eisenharte, kamelienweiche Großmutter gewesen war: Mimi, meine beste Freundin und mein Anker bis zu ihrem Tod vor sechs Monaten.
    Ich erwachte unausgeruht und den Kopf nach wie vor voller verstörender Träume. Uralter Träume. Träume von Tod, Leidenschaft, Besessenheit. Normalerweise nicht meine Kost. Ich träume viel eher davon, Cadillac-Anzeigen umzuschreiben oder Dinnerparties mit Monet und Michelangelo zu feiern. Oder besser noch, eine Coca-Cola-Kampagne zu leiten. Aber das Gefühl wollte sich nicht abschütteln lassen. Eine eindeutig arabisch anmutende Impression, exotisch, schwelgerisch und sinnlich. Ich schüttelte den Kopf. Offensichtlich waren Pommes frites mit Kichererbsen-Dip vor dem Schlafengehen keine gute Idee.
    Der Tag verstrich im Jet-lag-Dunst, doch zumindest gelang es mir, ein paar Postkarten zu schreiben, ein paarmal zu essen und mich zur Hälfte durch Agatha Christies altägyptischen Krimi zu arbeiten.
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