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Die Prinzessin auf der Erbse

Die Prinzessin auf der Erbse

Titel: Die Prinzessin auf der Erbse
Autoren: Nina Jansen
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mit mühsam unterdrücktem Kichern fort, „dieser Anblick eben!“
    Da erst wurde Riana bewusst, dass sie keinen Faden Stoff am Leibe trug. Erschöpft von der Panik, die sie kurzfristig erfasst hatte, sank sie neben Emma ins weiche Moos und begann nun ebenfalls zu kichern. „Sie müssen mich für eine Hexe gehalten haben oder gar den Teufel persönlich.“
    Nach diesem Zwischenfall waren Riana und Emma auf ihrer Weiterreise vorsichtiger. Da sie ihren Proviant verbraucht hatten, suchten sie immer wieder Gehöfte auf, baten um ein Nachtlager in der Scheune und um eine bescheidene Mahlzeit. Riana wagte nicht, mit ihren Goldtalern zu bezahlen, da man sie vielleicht im Schlaf ausrauben würde, wenn man sah, welchen Reichtum sie besaß. Stattdessen boten sie Hilfe in Haus und Hof an und zogen alsbald weiter. Sie gaben falsche Namen an, um nicht erkannt zu werden. Riana nannte sich Marie, und Emma hieß jetzt Clara.
    Einen Monat, nachdem sie das Schloss Dreibergen verlassen hatten, überquerten sie die Grenze zur Seenmark, wo König Roderich regierte. Er hatte einen einzigen Sohn, Prinz Richard, der, wie man hörte, seit Jahren auf der Suche nach einer richtigen Prinzessin war.
    Riana interessierte sich mehr für die Frage, welches Handwerk sie wohl ausüben könne, um in der Seenmark für sich und Emma ein Leben aufzubauen. Sie vergaß oft, dass sie eine Prinzessin war, doch Emma beharrte darauf, sie ihre Herrin zu nennen.
    Die Tage waren nun fast unerträglich heiß und sie ritten überwiegend bei Nacht. In der glühenden Mittagshitze rasteten sie, wobei sie oft Mühe hatten, einen schattigen Ort zu finden oder eine Stelle, an der sie ihre Wasserschläuche auffüllen konnten.
    „Ich kann nicht mehr“, gestand Riana, als sie an einem nicht nur heißen, sondern auch schwülen Tag zwischen Felsen Schutz gesucht hatten. „Wann werde ich endlich das Gefühl haben, weit genug von zu Hause weg zu sein? Könnten wir nicht wenigstens in einer Schenke übernachten? Ich möchte endlich wieder in einem Bett schlafen.“
    „Eine Schenke wäre zu gefährlich“, mahnte Emma. „Zwar sind wir längst kein schöner Anblick mehr mit unseren verfilzten Haaren, den sonnenverbrannten Wangen und der dreckigen Kleidung, doch glaubt mir, Herrin, es gibt genug Männer, die sich nicht darum scheren und sich einfach über uns hermachen würden.“
    Solcherlei kannte Riana nur aus Liedern und Erzählungen, aber sie gab Emma recht, dass sie lieber jegliches Risiko vermeiden sollten.
    Als sie am späten Nachmittag weiterritten, zogen bedrohliche Wolken am Horizont auf, die rasch näher kamen. Die Pferde wurden unruhig.
    „Wir müssen ein Haus finden, in das man uns einlässt, bevor das Gewitter losbricht“, sagte Riana mit angstgeweiteten Augen.
    Die Wolken hatten den Himmel bald völlig verdunkelt. Erste Blitze zuckten in der Ferne, als sie endlich ein Gebäude ausmachen konnten, ein Wasserschloss. Sie hielten darauf zu und trieben die Pferde zur Eile an. Dann öffnete der Himmel seine Schleusen und ein dichter Regenschleier durchnässte sie binnen Kurzem bis auf die Haut und nahm ihnen jegliche Sicht.
    Riana schlotterte vor Angst.
    „Da entlang!“, rief Emma gegen den Donner an.
    Ungehindert galoppierten sie über die Brücke. Die Wachen mussten sich vor dem Gewitter in Sicherheit gebracht haben.
    Emma stieg ab und hämmerte gegen die Tür des Gesindehauses. „Hilfe, lasst uns rein, oder wir werden vom Blitz erschlagen.“
    Riana hing vor Entsetzen wie leblos auf ihrem Pferd.
    Ihnen wurde aufgetan und starke Arme trugen sie ins Schloss. Das letzte, was Riana mit wachem Bewusstsein mitbekam, war, dass jemand sagte, er würde die Pferde versorgen. Was danach geschah, war so wunderbar, dass es Riana vorkam, als geschähe es im Traum. Sie wurden entkleidet und gebadet. Man bürstete ihre Haare, salbte sie mit wohlriechenden Ölen und gab ihnen trockene Kleider. Sie bekamen stärkende Suppe eingeflößt, die erste warme Mahlzeit seit Langem, und trug sie schließlich zu Bett. Eingehüllt in weiche Daunen, schmiegten Riana und Emma sich aneinander und fielen sogleich in einen tiefen, erlösenden Schlaf.
    Prinz Richard saß in seinem Studierzimmer und versuchte im flackernden Kerzenlicht, die verblasste Schrift auf einer Pergamentrolle zu entziffern.
    Das Gewitter hatte die Luft gereinigt und nun wehte eine frische Brise durch die weit geöffneten Fenster. Er stand auf und trat aus der Terrassentür, um die Abendluft einzuatmen, die so angenehm
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